Berlin. Eine Mutter und ihre Tochter überleben nur knapp, als ein Raser auf dem Berliner Kurfürstendamm mit durchgedrücktem Gaspedal ihren Kleinwagen rammt. Im Prozess um ein illegales Autorennen gesteht der Mann.

Der Raser blickte im Saal 500 des Berliner Landgerichts zu Boden: Rund sechs Monate nach einem schweren Unfall auf dem Berliner Kurfürstendamm saß dem 29-Jährigen zu Beginn des Prozesses am Donnerstag mit einer 17-Jährigen eines der Opfer gegenüber.

Die Jugendliche wurde schwer verletzt. Ihre Mutter als Fahrerin überlebte knapp. Bis heute liegt die Ökonomin gelähmt in einer Klinik. "Es ist sehr schlimm", schilderte die Tochter nun und kämpfte mit den Tränen. Zuvor hatte der Angeklagte gestanden.

Der 29-Jährige habe das Gaspedal "voll durchgetreten", um seine Beifahrerin zu beeindrucken, hieß es in einer Erklärung, die der Verteidiger verlas. Er habe in eklatanter Weise gegen Regeln verstoßen und durch "maximale Beschleunigung" einen Unfall und Verletzte in Kauf genommen, dies aber nicht gewollt. Dem Schlosser werden verbotenes Kraftfahrzeugrennen, gefährliche und schwere Körperverletzung, Unfallflucht und Sachbeschädigung vorgeworfen.

Die damals 45-jährige Mutter hatte ihre Tochter von einem Theater abgeholt, als es am Abend des 31. August 2020 zum Crash kam. Der 29-Jährige sei in einem 530 PS starken Mietwagen den Ku’damm mit bis zu 132 Stundenkilometern entlang gebrettert. Er habe auch dann nicht abgebremst, als das Auto der Frauen die Straße überqueren wollte.

Trümmerteile flogen durch die Luft. Mehrere geparkte Fahrzeuge wurden beschädigt. Die 45-jährige Fahrerin erlitt lebensgefährliche Verletzungen. Sie leide seitdem unter dem sogenannten Locked-in-Syndrom und sei dauerhaft gelähmt, heißt es in der Anklage. Der 29-Jährige habe den Unfallort verlassen, erst einen Monat später konnte er festgenommen werden. Er sitzt seitdem in Untersuchungshaft.

Die Tochter sagte als erste Zeugin: "Da waren schnelle Lichter, dann kam es zum Unfall." Die 17-Jährige hatte eine Beckenfraktur und einen Schlüsselbeinbruch erlitten. Bis heute sei sie in psychologischer Behandlung. Es gehe ihr "schrecklich", sagte die Schülerin auf Nachfrage des Vorsitzenden Richters. Sie lebe nun allein in der Wohnung. "Ich besuche meine Mama so oft wie möglich."

Der deutsche Angeklagte ließ über seinen Anwalt weiter erklären, er sei damals mit einer Urlaubsbekanntschaft und einem Freund unterwegs gewesen. Das Auto habe er extra für den einwöchigen Besuch der Frau gemietet. "Mir ist bewusst, dass ich den beiden Geschädigten durch mein Verhalten großes Leid zugefügt habe." Er wolle an die beiden Opfer insgesamt 20 000 Euro zahlen.

Der Unfall erinnert in erschreckender Weise an ein tödliches Autorennen auf dem Kurfürstendamm im Februar 2016. Damals kam es bei einem Duell zweier Sportwagen zu einem Zusammenstoß mit einem unbeteiligten Jeep. Der 69 Jahre alte Fahrer starb noch in seinem Auto. Einer der beiden Raser ist inzwischen rechtskräftig wegen Mordes verurteilt und sitzt eine lebenslange Freiheitsstrafe ab. Das tödliche Rennen beschäftigt die Gerichte seit Jahren.

Seit Oktober 2017 gelten illegale Autorennen als Straftat. Seitdem kann schon die Teilnahme mit bis zu zwei Jahren Haft geahndet werden. Auch ein "Rennen gegen sich selbst" ist strafbar. Der neue Paragraf 315d sieht zudem bis zu zehn Jahre Haft vor, wenn der Tod oder eine schwere Gesundheitsschädigung eines anderen Menschen durch ein "verbotenes Kraftfahrzeugrennen" verursacht wird.

Der Aussage des 29-Jährigen ging eine sogenannte Verständigung von Verteidigung, Gericht und Staatsanwaltschaft voraus. Dem nicht vorbestraften Angeklagten wurde bei einem Geständnis eine Strafe von maximal vier Jahren Haft in Aussicht gestellt. Der Prozess geht am 24. März weiter.

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