Berlin. Im Podcast “Coronavirus-Update“ äußert sich Virologe Christian Drosten zum Impfplan in Deutschland - und ist “positiv überrascht“.

  • Christian Drosten hat sich in seinem aktuellen NDR-Podcast positiv über den Corona-Impfplan geäußert
  • Allerdings rief er zu Geduld auf - auch bei der Frage der Länge des derzeitigen Lockdowns
  • Drosten äußerte sich auch zu der Wirksamkeit der Impfstoffe gegen die Corona-Mutationen - und zeigte sich zuversichtlich

Die Zahl der Corona-Neuinfektionen in Deutschland geht langsam zurück - doch ein Grund zur Entwarnung ist das noch nicht. In der 74. Folge des NDR-Podcasts "Coronavirus-Update" äußert sich Virologe Christian Drosten im Gespräch mit Korinna Hennig zwar optimistisch zu den bestellten Impfdosen, rechnet aber gleichzeitig mit einer schwierigen Zeit bis Ostern.

Der Virologe zeigt sich einen Tag nach dem Impfgipfel von Bund und Ländern "total positiv überrascht" über die Zahlen zu den in Deutschland erwarteten Impfstoff-Lieferungen. Mit der geplanten Anzahl könne man bis Mitte 2021 bereits mehr als 50 Millionen Menschen impfen - die Situation sei besser, als er noch vor wenigen Tagen gedacht habe, betont Drosten.

Wie Impfungen das Infektionsgeschehen verändern, könne man derzeit in Israel beobachten, erklärt der Virologe im Podcast weiter: Dort sei zu sehen, dass bereits die Hälfte einer geimpften Altersgruppe zu einer geringeren Krankenhaus-Aufnahme-Rate in der gesamten Altersgruppe führe. Dennoch blieben nicht-pharmazeutische Interventionen wie Kontaktreduktionen und Hygienemaßnahmen zunächst weiter wichtig. Lesen Sie hier: Corona - Darum ist Israel Weltmeister beim Impfen

Drosten: "So schnell sind wir da leider nicht draußen"

Die unmittelbar bestehende Zukunft werde aber noch schwierig. "So schnell sind wir da leider nicht draußen", stellt Drosten fest. Die für das Impfen erforderliche Logistik sei eine riesige Aufgabe, zudem zähle die als erstes geimpfte Altersgruppe nicht zu denjenigen, die das Virus am häufigsten weitergeben. "Es könnte sein, dass wir im Prinzip bis Ostern noch keinerlei Effekt von der Impfung sehen." Das müsse man "in dieser Härte" sagen, um entsprechend planen zu können - auch bei der Länge des Lockdowns.

Lesen Sie hier: Corona-Podcast: Mutationen aufhalten geht nur europaweit

Desweiteren geht Drosten im Podcast erneut auf die britischen Corona-Mutante B.1.1.1.7 ein: Er verweist darauf, dass bei der veränderten Variante wahrscheinlich kein sogenannter Immunescape stattfände - also kein Ausweichen vor den Antikörpern. Deshalb rechne er damit, dass die Impfungen auch gegen die britische Mutation wirke. Lesen Sie hier: Welche Corona-Mutationen gibt es bereits in Deutschland?

Allerdings erklärt der Virologe, dass in Großbritannien jüngst einige Fälle zusätzlich die E484K-Mutation aufwiesen, bei der es sich sehr wohl um ein Immunescape handle. "Das heißt, die Evolution geht weiter", so der Virologe in Hinblick auf die Entwicklung des Sars-Cov-2-Virus. Man müsse die Situation "mit kühlem Kopf" bewerten und die Maßnahmen ernstnehmen - vor allem die strikteren Einreisebestimmungen. Lesen Sie hier: Corona-Mutationen - Bundesregierung erlässt Einreiseverbote

Drosten: "Nicht fair" eine Gruppe für Pandemie verantwortlich zu machen

Auch das Thema Kinder kommt erneut im Podcast zur Sprache. So kritisiert Drosten, dass Kinder oder Schulen immer wieder als "Treiber der Pandemie" bezeichnet würden. Dabei handle es sich in der Pandemie um eine andere Situation als bei der saisonalen Influenza. Bei einer Grippe sei die Hintergrundimmunität ungleich verteilt, weshalb "immunologisch naive" Kinder dort tatsächlich als "Treiber des Geschehens" bezeichnet werden könnten.

Bei der Corona-Pandemie sei es aber nicht fair, nur eine Gruppe für das Infektionsgeschehen verantwortlich zu machen. Die Verteilung finde über alle Altergruppen statt. Kinder seien nicht allein verantwortlich - "genauso wenig sind es die Restaurantbesucher, die Besucher von Opernhäusern oder die Mitarbeiter in irgendwelchen Großbüros," findet Drosten. "Wir leisten alle den gleichen Beitrag zu diesem Problem."

Drosten: Impfstoff für Kinder "zum Herbst hin" denkbar

Zudem wird im NDR-Podcast darüber gesprochen, ob Kinder auch gegen das Coronavirus geimpft werden sollten - schließlich leben in Deutschland rund 13,5 Millionen Menschen, die jünger als 18 Jahre sind. Drosten könne sich die Zulassung eines Impfstoffs für Kinder "zum Herbst hin" vorstellen.

Ohne eine Empfehlung aussprechen zu wollen weist er darauf hin, dass man erwarten müsse, dass sich Kinder ohne Impfung in großer Zahl mit dem Coronavirus infizieren könnten - genau wie andere Altersgruppen auch, für die noch kein Impfstoff vorhanden ist. Zudem gebe es auch junge Risikopatienten, für die eine Immunisierung wichtig sei.

Auch interessant: Drosten-Podcast - Chancen gegen Corona-Mutationen stehen gut

Am Ende des Podcasts geht der Virologe noch auf unterschiedliche Wirksamkeitsdaten der Impfstoffe und damit aufkommende Forderungen nach Auswahlmöglichkeiten ein. Der Virologe betont, dass sich diese Prozentzahlen allerdings eher auf die Verläufe mit schwachen Symptomen bezögen. Es gehe doch eher um die Frage, ob ein Vakzin vor einer schweren Erkrankung schützt. Und "vor einem schweren Verlauf [...] schützen die alle sehr, sehr gut", so Drosten.

(raer)