Berlin. Regierungskrise nach dem Sturm aufs Kapitol in den USA: Bei Markus Lanz hält Experte Elmar Theveßen eine dritte Partei für die Lösung.

Vor einer Woche stürmten Trump-Anhänger das Kapitol in Washington, mehrere Menschen, darunter ein Polizist starben. In einer Woche wird Joe Biden als 46. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika vereidigt - und die USA stecken in einer tiefen Krise: eines der Themen bei "Markus Lanz" am Dienstagabend.

Vier Studiogäste hatte der Moderator zu sich eingeladen. Strategieberater Julius van den Laar, Journalist Klaus Brinkbäumer, Virologin Helga Rübsamen-Schaeff sowie Landärztin Ulrike Koock. Eine sehr harmonische Runde: Die Bissigkeit, die man sonst von vielen Lanz-Sendungen gewohnt ist, bleibt aus. Stattdessen: Einigkeit.

Markus Lanz diskutiert über Krise in den USA

Mit einem Bericht aus den USA eröffnete Elmar Theveßen, Leiter des ZDF-Studios Washington, die Runde. Wieder die schrecklichen Bilder vom Sturm auf das Kapitol, vom eingeklemmten Polizisten. In seinem Gesicht liest man die Angst, seine Nase fängt an zu bluten. „Donald Trump wird in die Geschichte eingehen als schlimmster Präsident Amerikas“, sagte Theveßen. Alle aktuellen Nachrichten zu den USA im Newsblog: Trump verteidigt seine Kapitol-Rede als "absolut angemessen"

Der Druck müsse erhöht werden, den Präsidenten abzusetzen. Auch wenn es unmöglich sei, das vor der Amtseinführung Joe Bidens das zu schaffen, könne ein erfolgreiches Amtsenthebungsverfahren eine erneute Aufstellung zur Wiederwahl verhindern. „Er wäre der erste Präsident, der zwei Mal ein Impeachement-Verfahren durchlaufen hat“, betonte Julius van de Laar, der von 2008 bis 2012 zum Wahlkampfteam Barack Obamas gehörte.

Elmar Theveßen warf der republikanischen Partei vor, der Kooperation mit den Demonstranten, die er später als Extremisten bezeichnete, schuldig zu sein. „Zwischen der Rede Trumps und dem, was passiert ist, kann man eine Verbindung herstellen“, machte der Korrespondent den Noch-Präsidenten für die Übergriffe verantwortlich.

Theveßen bei Lanz: US-System braucht eine dritte Partei

„Die republikanische Partei ist eigentlich nicht zu retten“, schätzte Theveßen ein. Ein großer Teil der Republikaner sei dem „Trumpismus“, einer Art Personenkult, verfallen. Die Lösung? Eine neue, dritte Partei.

„Die Twitter-Sperrung ist richtig. Aber das Ganze ist so verkorkst und entgleist, dass man heute kaum noch richtig handeln kann“, erklärte Klaus Brinkbäumer zur Reaktion des Sozialen Netzwerkes auf Trumps Verhalten. Der frühere „Spiegel“-Chefredakteur und Amerika-Kenner wies dabei auf ein anderes Problem hin: Die Sektion 230 des Communications Decency Acts (CDA). „Das ist ein schwerer Konstruktionsfehler.“ Dadurch seien diese Medien nicht für Beiträge Dritter verantwortlich. „Die Idee war, jeder ist sein eigener Sender. Die Gründer wie Mark Zuckerberg glaubten an das Gute ihrer Unternehmen.“ Dass ihre Plattformen womöglich populistisch genutzt werden würden, hätten sie nicht vorausgesehen. Lesen Sie hier: Twitter und Facebook ergreifen "Notmaßnahmen" gegen Trump

Twitter-Chef mit zu viel Verantwortung

Julius van de Laar stellte die Frage in den Raum, ob Twitter-Chef Jack Dorsey überhaupt die Verantwortung tragen dürfe, Accounts wie Trumps sperren zu dürfen. Seine Antwort: nein! Zudem: „Trump twittert und alle berichten.“ Nicht nur Twitter müsse Restriktionen einarbeiten, auch die klassischen Medien. Die Leitplanken dazu sei Aufgabe des Staats, so van Heer. Brinkbäumer pflichtete ihm bei.

Dass Trump durch den Rauswurf und die Abgabe des Amts langsam verschwinden werde, sei eine gewagte These, so Brinkbäumer. „Es ist das perfekte crescendo für den Absprung von Trump“, beschrieb er die vergangenen Wochen. Sorgenvoll fragt man sich: Wenn das noch crescendo ist, was passiert denn dann, wenn der noch amtierende Präsident fortissimo erreicht hat?

An diesem Abend war alles zu gut strukturiert. Erst sprach der Korrespondent, dann die zwei männlichen Experten und zu guter Letzt die zwei Damen, die das Thema Verschwörungstheoretiker und Covid-19 besprachen. Auch da keine Überraschung: Man verstehe die Corona-Leugner nicht, die Impfung sei toll und FFP2-Masken viel effektiver als der einfache Mundschutz. Der Austausch, den man sonst gewohnt ist, fehlte völlig und sorgte für andauernde Langatmigkeit – trotz spannender Themen.

„Markus Lanz“ – So liefen die vergangenen Sendungen