Athen. Der Wirbelsturm „Ianos“ zog am Wochenende mit mit hohen Windgeschwindigkeiten über Griechenland. Drei Menschen starben.

  • Ein Wirbelsturm, auch Medicane genannt, hat in Griechenland schwere Schäden hinterlassen
  • Drei Menschen kamen wegen des Sturms ums Leben, mehrere werden vermisst
  • Laut griechischer Zivilschutzbehörde erreichte der Sturm Windgeschwindigkeiten von bis zu 117 km/h
  • Anders als ein Hurrikan oder Taifun ist ein Medicane meist ein Wetterphänomen, das nur über wenige Tage anhält

Tote und Vermisste, Überschwemmungen, eingestürzte Brücken, fortgespülte Straßen, abgedeckte Dächer: In großen Teilen West- und Mittelgriechenlands hat das Sturmtief Ianos am Wochenende eine breite Spur der Verwüstung hinterlassen. Fachleute sehen darin einen Zusammenhang mit dem Klimawandel – und rechnen in Zukunft mit häufigeren Monsterstürmen.

Medicane dauert an – Keine Entwarnung in greifbarer Nähe

Mindestens drei Menschen sind bei den Unwettern ums Leben gekommen, weitere zwei wurden am Sonntag noch vermisst, darunter eine 43-jährige Frau, deren Auto beim mittelgriechischen Karditsa von den Wassermassen mitgerissen wurde. Rettungskräfte fanden das Fahrzeug später, von der Fahrerin fehlt aber jede Spur. Noch ist keine Entwarnung in greifbarer Nähe, heißt es von den Behörden.

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Zunächst traf der aus Westen heranziehende Wirbelsturm mit orkanartigen Winden und heftigen Wolkenbrüchen die ionischen Inseln Kefalonia, Zakynthos und Ithaka. Straßen und Plätze in Ufernähe wurden überflutet, Keller liefen voll Wasser. Der Sturm deckte Dächer ab, warf Boote an Land oder zertrümmerte sie in den Häfen. Vielerorts auf den Inseln fiel der Strom aus. Mehrere Straßen brachen zum Teil komplett weg. Über die westgriechische Insel Kefalonia berichteten griechische Medien am Montag von einer „Katastrophe biblischen Ausmaßes“.

Medicane Ianos hat in Griechenland ganze Brücken zerstört.
Medicane Ianos hat in Griechenland ganze Brücken zerstört. © AFP | SAKIS MITROLIDIS

Medicane trifft Thessalien besonders hart

Dann zogen die Unwetter weiter nach Osten. Besonders hart traf es die Region Thessalien, Griechenlands Kornkammer. Auch für die Meteorologen war es überraschend, denn hier stießen die östlichen Ausläufer des Wirbelsturms Ianos mit einem zweiten Sturmtief zusammen, das sich über der nördlichen Ägäis gebildet hatte. In der Stadt Karditsa wurden rund 5000 Häuser überflutet und 15 Brücken beschädigt. „Es gibt hier keinen Strom, kein Telefonnetz, keine Wasserversorgung, es gibt gar nichts“, berichtete der bekannte Geologieprofessor Efthymis Lekkas aus der Stadt.

Ein Mann trägt in Karditsa in Zentralgriechenland eine Tasche über eine überflutete Straße, nachdem die Region am Samstag vom Medicane „Ianos“ getroffen worden war.
Ein Mann trägt in Karditsa in Zentralgriechenland eine Tasche über eine überflutete Straße, nachdem die Region am Samstag vom Medicane „Ianos“ getroffen worden war. © AFP | KOSTAS MANTZIARIS

Griechenland: Medicane lässt Brücken einstürzen – Bahnverkehr wird eingestellt

Mehr als 600 Menschen mussten von den Rettungskräften aus ihren Wohnungen befreit werden. Getreide- und Baumwollfelder standen meterhoch unter Wasser. Die Wassermassen rissen Brücken ein, unterspülten Straßen und Bahnstrecken. Der Eisenbahnverkehr zwischen Athen und Thessaloniki musste eingestellt werden, weil die Fluten die Gleise auf Griechenlands wichtigster Nord-Süd-Verbindung weggerissen hatten.

Am Sonntag dann erreichten die Ausläufer des Sturms den Westen der bei Touristen besonders in dieser Jahreszeit beliebten Insel Kreta. In Rethymno und Heraklion wurden Bäume entwurzelt, die Feuerwehr musste vollgelaufene Keller auspumpen. In Teilen der Insel fiel der Strom aus. Von Kreta zog das Sturmtief weiter nach Südosten. Die Mittelmeerinsel war am Freitag zudem von einem Seebeben der Stärke 5,4 erschüttert worden.

Medicane: Was der Begriff bedeutet

Fachleuchte sprechen bei Ianos, der mit Windgeschwindigkeiten von über 120 km/h und der Orkanstärke elf bis zwölf an den Küsten entlang tobte, von einem Medicane. Der Begriff ist eine Zusammensetzung aus den Wörtern Mediterran und Hurricane.

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Anders als ein Hurrikan oder Taifun ist ein Medicane meist ein Wetterphänomen, das nur über wenige Tage anhält. Eine Medicane-Saison gibt es nicht. Das liegt unter anderem an der Größe des Mittelmeers, das im Vergleich zum Atlantik viel zu klein ist.

Laut Deutschem Wetterdienst (DWD) kam der Begriff Medicane erst in den 80er Jahren auf, als in den Herbstmonaten über dem Mittelmeer orkanartige Wolkenstrukturen auf Satellitenbildern entdeckt wurden.

Ianos mit der Qualität eines Jahrhundertsturms

Medicanes entstehen nach Angaben des DWD meist dann, wenn es im Herbst einen Kaltluftausbruch aus gemäßigten Breiten in Richtung Äquator gibt und ein Tief in höheren Luftschichten über dem Mittelmeer seine Wirkung entfaltet. Es sorgt dafür, dass über der im Herbst noch warmen Meeresoberfläche die vom Meer verdunstete Luftmasse kondensiert und sich ein Wolkenwirbel bildet.

Ianos hat in Griechenland ganze Straßenabschnitte aufgerissen.
Ianos hat in Griechenland ganze Straßenabschnitte aufgerissen. © AFP | SAKIS MITROLIDIS

„Wir hatten auch früher schwere Unwetter“, erinnerte sich eine 86-Jährige, „aber nie waren sie so gewaltig.“ Auch Meteorologen sprechen von einem Jahrhundertsturm. Bereits Ende September 2018 hatte ein Medicane Griechenland heimgesucht. Der damalige Sturm namens Xenophon war allerdings deutlich schwächer als Ianos. Bei einem Medicane im November 2017 starben in Griechenland mindestens 15 Menschen.

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