Madrid. Auf den Kanaren gibt es immer mehr Corona-Fälle zu verzeichnen. Für die beliebten Inseln wurde jetzt eine Reisewarnung ausgesprochen.

  • Jetzt ist es passiert: Nach steigenden Corona-Zahlen gelten nun auch die Kanaren als Risikogebiet
  • Damit sind warnt das Auswärtige Amt nun vor Reisen in ganz Spanien
  • In keinem anderen europäischen Land ist die Erkrankungsrate so hoch wie im Hunderte Kilometer entfernten Festland: Täglich werden Tausende Neuinfektionen gemeldet

Wegen der gestiegenen Zahl von Corona-Neuinfektionen hat die Bundesregierung auch die Kanarischen Inseln und damit ganz Spanien als Risikogebiet eingestuft. Das bundeseigene Robert Koch-Institut (RKI) veröffentlichte am Mittwoch eine aktualisierte Liste der Corona-Risikogebiete.

Das Auswärtige Amt hat wegen der Corona-Pandemie anschließend auch eine Reisewarnung für die bei deutschen Urlaubern beliebten Inseln verhängt. Damit warnt die Bundesregierung nun vor „nicht notwendigen, touristischen“ Reisen in alle Landesteile Spaniens.

Corona-Reisewarnung gilt jetzt für ganz Spanien

„Spanien war und ist von COVID-19 stark betroffen“, begründete das Auswärtige Amt am Mittwochabend die Entscheidung. Auf den Kanaren seien besonders die Inseln Gran Canaria und Teneriffa betroffen.

Bisher war die Inselgruppe die einzige Region Spaniens, für die die deutsche Bundesregierung noch keine Reisewarnung ausgesprochen hatte.

Zentrales Kriterium für die deutsche Einstufung als Risikogebiet ist, in welchen Staaten oder Regionen es in den vergangenen sieben Tagen mehr als 50 Neuinfizierte pro 100.000 Einwohner und Einwohnerinnen gegeben hat. Lesen Sie hier: So geht es nach der Reisewarnung für die Kanaren jetzt auf den Inseln weiter.

Kanaren überschritten Schwelle für Reisewarnung

Am Mittwoch lag dieser Wert für die Kanaren insgesamt bei 98,3. Überschreitet dieser Wert die Schwelle von 100, will die Regionalregierung Kontaktbeschränkungen erlassen.

  • Aktuell gibt es auf der Inselgruppe bei etwa 2,15 Millionen Einwohnenden 4885 aktive Infektionen
  • Der bisherige Rekord an Neuinfektionen war am Sonntag (30. August) mit 367 Fällen binnen 24 Stunden festgestellt worden.

Eine Reisewarnung der Bundesregierung für die Kanaren würde der schwer angeschlagenen Tourismusbranche, die zu etwa 35 Prozent des Regionaleinkommens beiträgt, den „Todesstoß versetzen“, wie Medien am Freitag warnten. „Es läuft nicht gut“, sagte Fernando Simón, Spaniens Chef-Epidemiologe und Sprecher der Gesundheitsbehörden.

  • In einigen Teilen des Landes sei die Epidemie schon wieder außer Kontrolle.
  • Allein in den vergangenen fünf Tagen wurden in Spanien rund 23.000 neue Infektionen registriert (Stand 2. September).
  • In keinem anderen europäischen Land ist die Erkrankungsrate so hoch wie im Urlaubsland Spanien. Nationale Gesundheitsexperten warnen bereits vor einem neuen „Virus-Tsunami“.

Spanien: Auch auf den Kanaren steigt die Zahl der Corona-Fälle schnell an

Trotz der bisherigen Sonderstellung herrsche auf den Inseln schon jetzt „Trostlosigkeit“ und „Verzweiflung“, schrieb die Zeitung „El Día“ am Freitag und zeigte dazu Fotos leerer Straßen und Kneipen. Wegen der Notlage gab der kanarische Regionalpräsident Ángel Víctor Torres Dienstagabend (1. September) neue Einschränkungen bekannt, die er „drastisch“ nannte.

Kanaren- 5 Dinge, die man über die Inseln wissen muss

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    Auf den besonders schwer betroffenen Inseln Gran Canaria und Lanzarote sind Veranstaltungen mit mehr als zehn Teilnehmenden seit Samstag für vorerst zwei Wochen verboten. Restaurants und Kneipen werden schon um Mitternacht schließen. Lesen Sie dazu: Auf diesen Kanaren-Inseln steigen die Corona-Zahlen besonders.

    In der gesamten Region wird man auch am Arbeitsplatz Maske tragen müssen. Die Polizei werde mit mehr Beamten dafür sorgen, dass die Vorschriften eingehalten werden, warnte Torres die 2,15 Millionen Einwohner und Einwohnerinnen seiner Region. „Dass es bei uns noch schlimmer kommen würde, hätten wir nie gedacht“, sagte Mauro, der ein Restaurant in Las Palmas de Gran Canaria betreibt.

    Die Hoffnung, dass viele deutsche Mallorca-Fans nach der „Disqualifikation“ der Mittelmeer-Insel durch das Auswärtige Amt für die Kanaren umbuchen würden, hatte sich nämlich in den vergangenen zwei Wochen nicht erfüllt. „Hier herrscht schon jetzt tote Hose“, klagt Mauro. „Dem typischen Mallorca-Touristen sagt das Angebot auf den Kanaren wohl nicht zu“, stellte das Blatt „El Diario“ dieser Tage enttäuscht fest.

    Madrid: Epidemiologe rechnet mit „drastischen Maßnahmen“ im Kampf gegen Corona

    Am bedenklichsten ist die Situation derzeit in der Hauptstadt Madrid, dem absoluten nationalen Hotspot, und im nördlichen Teil Spaniens. „Wenn die Fallzahlen weiter ansteigen, wird man drastische Maßnahmen ergreifen müssen“, warnt der Epidemiologe Simón, der den staatlichen Anti-Corona-Kampf koordiniert. Neue Ausgangssperren sind in Spanien also nicht ausgeschlossen.

    • Bisher versuchen die Behörden, den neuen Virusausbruch noch mit Appellen, Versammlungsbeschränkungen, einer generellen Schließung von Discos und Nachtbars sowie einer totalen Maskenpflicht zu bekämpfen.
    • Spanienweit gilt inzwischen sogar ein weitgehendes Rauchverbot in der Öffentlichkeit, um potentielle Ansteckungsrisiken durch den ausgeatmeten Qualm zu verringern.
    • Es darf nur noch geraucht werden, wenn sich im Umkreis von zwei Metern keine Mitmenschen befinden.

    Doch alle diese Maßnahmen konnten bisher die zweite große Viruswelle in Spanien nicht aufhalten.

    Corona: Erkrankungen in Spanien verlaufen leichter als im Frühjahr

    Auch wenn sich die täglichen Fallzahlen nun schon wieder den Spitzenwerten im Frühjahr nähern. So verlaufen die meisten Erkrankungen nun leichter, was sich in der Opferzahl spiegelt: Die Zahl der registrierten Corona-Toten liegt momentan mit 10 bis 20 pro Tag weit unter den Horrorzahlen von Ende März, als täglich etwa 900 Menschen an oder mit Covid-19 starben.

    Mallorca, die Balearen und das spanische Festland gelten als Risikogebiete. Nun könnten die Kanaren folgen. Urlaub in Spanien ist in Corona-Zeiten riskant geworden.
    Mallorca, die Balearen und das spanische Festland gelten als Risikogebiete. Nun könnten die Kanaren folgen. Urlaub in Spanien ist in Corona-Zeiten riskant geworden. © picture alliance / Eibner-Presse | Dimitri Drofit

    Die weniger dramatische Entwicklung der zweiten Epidemiewelle hat nach Einschätzung der spanischen Experten damit zu tun, dass nun die meisten Patienten nicht über 60, sondern unter 40 und damit gesundheitlich stabiler sind.

    Und dass zudem durch erhöhte Test- und Nachverfolgungskapazitäten jetzt deutlich mehr Infizierte ohne Krankheitssymptome erfasst werden.

    • Nur rund fünf Prozent der Erkrankten müssen momentan im Hospital behandelt werden.
    • Die spanischen Intensivstationen sind somit noch nicht, wie während der ersten Krankheitswelle, mit Patienten überfüllt.
    • Dafür stehen aber die lokalen Gesundheitszentren, welche für die Erstdiagnose der Infektion und für die Nachverfolgung der Kontaktpersonen zuständig sind, vor dem Kollaps.
    • Lesen Sie auch: Urlaub im Corona-Risikogebiet – Was Arbeitnehmer wissen müssen

    Ferien: Die Hälfte der Eltern in Spanien wollen Kinder nicht zur Schule schicken

    Das Schlimmste könnte aber noch kommen. Im September rollt nach dem traditionellen spanischen Ferienmonat August wieder das öffentliche Leben an: Millionen Angestellte kehren in den nächsten Tagen an ihren Arbeitsplatz zurück. Schulen und Universitäten öffnen. Nahverkehrsbusse und -bahnen füllen sich wieder. Ein Albtraum für den staatlichen Virusexperten Simón, der dies als „explosive Mischung“ bezeichnet. Lesen hier: Zuletzt sorgten Party während der Corona-Krise für Aufregung.

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      Einer Umfrage der Tageszeitung „La Razón“ zufolge wollen etwa die Hälfte aller Eltern ihre Kinder nicht zu Schule schicken. Lehrer-Gewerkschaften drohen derweil mit Streiks, weil die Schulen für den Unterricht im Corona-Zeitalter nicht vorbereitet seien. Der Sommer sei nicht genutzt worden, um Sicherheitskonzepte zu erstellen, klagen sie. In der Tat ist zum Beispiel bisher nicht einmal klar, ob es für Schüler und Lehrerinnen eine Maskenpflicht geben wird. Vor dem Schulstart herrsche, beschreibt „La Razón“ die Stimmung, „Chaos, Angst und Unsicherheit“. (mit dpa/küp)

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