Schwerin. Mehrere Bundesländer prüfen, ob sie die Maskenpflicht im Einzelhandel abschaffen können. Kritik kommt nicht nur von Karl Lauterbach.

  • Mehrere Bundesländer prüfen, ob die Maskenpflicht im Einzelhandel abgeschafft werden soll
  • Dazu gehören Bremen, Sachsen-Anhalt und Sachsen
  • Hintergrund der Debatte um die Abschaffung ein Vorstoß von Mecklenburg-Vorpommerns Wirtschaftsminister Glawe, der sich für eine Abschaffung der Maskenpflicht im Einzelhandel in seinem Bundesland ausspricht
  • Andere Länder – darunter Bayern, NRW, Hamburg, Berlin und Brandenburg – lehnen den Vorstoß ab
  • Die Vorsitzenden von CDU, CSU und SPD lehnen eine Abschaffung der Maskenpflicht im Einzelhandel ab
  • Was ist der aktuelle Stand der Diskussion? Was sagt Gesundheitsminister Spahn?

An das Bild haben sich die meisten inzwischen gewöhnt: Menschen mit Mundschutz im Bus, in der Bahn oder im Supermarkt. Angesichts sinkender Corona-Infektionszahlen sagen jetzt einige Bundesländer: Die Maskenpflicht im Einzelhandel brauchen wir nicht mehr. Andere Länder lehnen die Abschaffung der Maskenpflicht allerdings strikt ab.

Angestoßen hat die Debatte über die Mundschutz-Abschaffung Mecklenburg-Vorpommerns Wirtschaftsminister: „Wenn das Infektionsgeschehen so gering bleibt, sehe ich keinen Grund, länger an der Maskenpflicht im Handel festzuhalten“, sagte Harry Glawe (CDU) der „Welt am Sonntag“.

Er gehe davon aus, dass das Kabinett in Schwerin am 4. August das Ende der Maskenpflicht im Einzelhandel beschließen werde: „Ich kann die Ungeduld des Handels sehr gut nachvollziehen, die Maskenpflicht abzuschaffen“, so Glawe. Die Abstandsregel werde aber grundsätzlich bleiben. Mecklenburg-Vorpommern hat die niedrigsten Infektionszahlen mit dem neuartigen Coronavirus bundesweit. Lesen Sie hier: Die aktuellen RKI-Fallzahlen der Bundesländer und Corona-Reproduktionsfaktor

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Ende der Maskenpflicht: Bundesländer wollen sich abstimmen

Glawe kündigte Gespräche mit seinen Kollegen in Bremen, Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein an. „Wir versuchen, für alle norddeutschen Bundesländer eine einheitliche Regelung hinzubekommen. Noch lieber wäre mir ein bundesweites Ende der Maskenpflicht im Handel“, sagte er.

Auch andere Bundesländer prüfen jetzt die Abschaffung der Maskenpflicht in Geschäften. „Wir schauen uns gerade an, ob wir beim Einkaufen auf die Maskenpflicht verzichten können“, sagte Sachsens Sozialministerin Petra Köpping (SPD) der Zeitung. Und auch Sachsen-Anhalts Gesundheitsministerin Petra Grimm-Benne (SPD) kann sich laut Medienbericht mittelfristig eine Änderung vorstellen.

Bremen will das Thema im Senat diskutieren, hieß es. In Schleswig-Holstein will die Landesregierung „die aktuelle Lage Anfang August bewerten und auf das Infektionsgeschehen angepasste Maßnahmen umsetzen“, teilte das Gesundheitsministerium mit. Schleswig-Holsteins Gesundheitsminister Heiner Garg selbst positionierte sich klar gegen eine Abschaffung der Maskenpflicht im Handel in Schleswig-Holstein: „Ich halte das inmitten der Lockerungen für grundfalsch“, sagte der FDP-Politiker.

Auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) stimmt in die mahnenden Stimmen mit ein. Auf Twitter erklärte Spahn die Alltagsmaske in allen Räumen zum Gebot, in denen der Mindestabstand nicht eingehalten werden könne.

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Maskenpflicht-Debatte: Söder strikt gegen Abschaffung

Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hat bekräftigt, dass Bayern „auf keinen Fall die Maskenpflicht lockern oder abschaffen“ werde. Sie sei „eines der ganz wenigen Instrumente“ gegen die Ausbreitung des Coronavirus, sagtet Söder in München.

Die CSU habe sich am Montagmorgen dazu „nochmal mit der CDU abgestimmt“, sagte Söder. „Es gibt für uns keinen Anlass, das jetzt zu ändern“, betonte der CSU-Vorsitzende. Es gebe „keine Alternative dazu, umsichtig zu sein“.

Markus Söder, CSU-Vorsitzender und Ministerpräsident von Bayern, ist strikt gegen eine Abschaffung der Maskenpflicht im Einzelhandel.
Markus Söder, CSU-Vorsitzender und Ministerpräsident von Bayern, ist strikt gegen eine Abschaffung der Maskenpflicht im Einzelhandel. © dpa | Sven Hoppe

Auch CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer hat sich gegen ein rasches Ende der Maskenpflicht im Handel im Kampf gegen die Corona-Pandemie ausgesprochen. Es sei zu beobachten, dass immer mehr Menschen ohne Maske unterwegs seien, sagte Kramp-Karrenbauer am Montag in der letzten Videoschalte der engsten CDU-Spitze vor der Sommerpause nach Angaben aus Teilnehmerkreisen. Da sei es das falsche Signal, die Maskenpflicht aufzuheben. Das Tragen des Mund-Nasen-Schutzes sei weiterhin notwendig und wichtig, damit Deutschland gut durch die Pandemie komme.

Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken sieht das genauso: „Ich bin der festen Überzeugung, dass wir Corona als Pandemie, als Bedrohung bei weitem nicht überwunden haben“, sagte sie am Montag im baden-württembergischen Calw. Es sei weiter dringend nötig, Abstand zueinander zu halten und auf die Hygieneregeln zu achten, damit es keine zweite Welle und keinen zweiten Lockdown gebe. „Da sind wir alle in hoher Verantwortung. Deswegen empfehle ich dringend, weiterhin auch bei der Maskenpflicht zu bleiben.“

Niedersachsen warnt vor vorschnellem Ende der Maskenpflicht

Hamburg reagierte ebenfalls ablehnend auf den Vorstoß. „Im Verlauf der Pandemie hat sich die Expertenmeinung gefestigt, dass die Mund-Nasen-Bedeckung eine sehr wirksame Maßnahme ist gegen die Ausbreitung des Coronavirus ist“, sagte Senatssprecher Marcel Schweitzer der Deutschen Presse-Agentur.

Die aktuelle Corona-Verordnung gilt bis zum 31. August. „Sie umfasst damit auch den Zeitraum des Ferienendes mit dem Effekt der Reiserückkehrer, den wir im Infektionsgeschehen erst Ende August beurteilen können. Wie in den vergangenen Monaten bleiben wir bei unseren Corona-Maßnahmen vorsichtig. Wir treffen neue Entscheidungen erst, wenn wir die Auswirkungen der bisherigen Lockerungen auf das Infektionsgeschehen mit einem entsprechenden zeitlichen Abstand beurteilen können“, betonte er.

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) warnte vor einem vorschnellen Ende der Maskenpflicht. Er bleibe bei seiner Auffassung, dass große Vorsicht im Umgang mit dem Coronavirus geboten sei, erklärte die Staatskanzlei in Hannover am Sonntag. „Gerade der Herbst wird nach Prognose vieler Wissenschaftler eine Bewährungsprobe für den Infektionsschutz werden. Wir dürfen uns deswegen nicht vorschnell in Sicherheit wiegen wegen geringer Infektionszahlen im Sommer“, sagte Regierungssprecherin Anke Pörksen.

Auch in Nordrhein-Westfalen reagierte die Landesregierung mit Ablehnung auf eine mögliche Aufhebung der Maskenpflicht im Einzelhandel. „Solange wir ohne wirksamen Impfstoff und Medikamente mit dieser neuen, ungewohnten Situation leben, werden die Menschen weiterhin mit Regeln und Veränderungen umgehen müssen. Dazu werden noch für einige Zeit unter anderem Kontaktbeschränkungen, Abstandsregeln und die Mund-Nasen-Bedeckung gehören“, sagte eine Sprecherin des Gesundheitsministeriums der Deutschen Presse-Agentur.

In Brandenburg hat sich das Kabinett laut Regierungssprecher Florian Engels bereits mit dem Thema beschäftigt. „Nach Abwägung verschiedener Aspekte – und uns sind die damit verbundenen Probleme sehr bewusst – halten wir daran im Öffentlichen Nahverkehr und im Einzelhandel vorerst fest“, sagte Engels.

Mundschutz- Anleitung zum Selberbasteln

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    Abschaffung der Masken-Pflicht? Karl Lauterbach (SPD) ist dagegen

    Karl Lauterbach (SPD) will die Maskenpflicht beibehalten.
    Karl Lauterbach (SPD) will die Maskenpflicht beibehalten. © dpa | Kay Nietfeld

    Beim Einzelhandel stieß der Vorschlag von Harry Glawe (CDU) auf Zustimmung. „Für den Einzelhandel ist es gut, wenn die Maskenpflicht, sobald dies gesundheitspolitisch möglich und vernünftig ist, abgeschafft wird“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Deutschland (HDE), Stefan Genth, am Sonntag der Deutschen Presse Agentur. Die Einschätzung, wann und in welchen Regionen dieser Schritt möglich sei, müssten aber Politik und Medizin treffen.

    Einer aktuellen Umfrage zufolge will auch jeder dritte Deutsche die Maskenpflicht abschaffen oder zumindest lockern.

    Kritik kam dagegen von SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach. Er bezeichnete die Maskenpflicht im Handel als „eines der wichtigsten Instrumente im Kampf gegen das Coronavirus“. „Es wäre das völlig falsche Signal, diese Pflicht jetzt schon wieder aufzuheben“, sagte Lauterbach der „Rheinischen Post“. „Wenn es keine Maskenpflicht im Handel mehr gibt, kontaminieren Infizierte auch die Ware, und Kunden wie Beschäftigte werden durch die Aerosole stark gefährdet.“

    Hygieniker: Aufhebung der Maskenpflicht sendet falsches Signal

    Ebenso sprach sich der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene gegen eine Aufhebung der Maskenpflicht aus. „Ich persönlich sehe das als schwierig an“, sagte Martin Exner am Sonntag der Deutschen Presse-Agentur.

    Zwar sei Deutschland derzeit in einer günstigen Lage, allerdings sei unklar, ob die Situation so bleibt. Eine Aufhebung der Pflicht sende das falsche Signal, dass die Situation im Griff sei. „Das können wir aber so nicht feststellen.“ Die Maske sei nach wie vor ein wichtiges Element der Präventionsstrategie. Insbesondere in Innenräumen, in denen der Mindestabstand von 1,5 Metern nicht gewahrt werden kann.

    (jha/dpa/afp)