Flensburg. Nach Corona an den Stränden und Vibrionen im Wasser tauchen nun große Mengen Quallen an der Ostsee auf. Monate früher als gedacht.

  • In der Nord- und Ostsee beobachten Menschen momentan auffällig viele Quallen
  • Hierbei handelt es sich um teils sehr große Feuer- und Ohrenquallen
  • Experten sprechen von einem „sehr guten Quallenjahr“
  • Die Vielzahl an gesichteten Quallen müsse nicht unbedingt mit einer überdurchschnittlichen Vermehrung zusammenhänge, so ein Behördensprecher

Erst Corona, dann Vibrionen und jetzt auch noch eine Quallenplage – beim Tourismus an der Nord- und Ostsee gibt’s in diesem Jahr einige Herausforderungen. Zurzeit gibt es offenbar in den heimischen Meeren besonders viele Feuer- und Ohrenquallen.

Speziell in der Eckernförder Bucht an der Ostsee in Schleswig-Holstein seien große Schwärme Ohrenquallen beobachtet, sagte die biologische Ozeanographin Cornelia Jaspers der Deutschen Presse-Agentur. Vereinzelt seien auch Feuer- und die eingeschleppte Rippenqualle gesichtet worden. Wobei gerade letztere eigentlich erst im Spätsommer auftauchen würden. „Dies ist ein sehr gutes Quallenjahr“, sagt Jaspers.

Die Beobachtung wird auch von einem Taucher gegenüber dem „Nordschleswiger“ bestätigt. Stephan Thomsen, der nach eigenen Angaben seit Jahren das Geschehen in der Nord- und Ostsee verfolgt, sagte dem Bericht zufolge, dass er bereits im März bemerkt habe, dass die Quallen schon im Frühjahr sehr groß gewesen seien – obwohl sie sich zu diesem Zeitpunkt eigentlich noch im Entwicklungsstadium befänden.

Die Tentakeln der Feuerqualle können mehrere Meter lang werden. Der Kontakt mit ihnen ist zwar schmerzhaft, aber in der Regeln nicht sehr gefährlich.
Die Tentakeln der Feuerqualle können mehrere Meter lang werden. Der Kontakt mit ihnen ist zwar schmerzhaft, aber in der Regeln nicht sehr gefährlich. © imago | imago

Quallen in der Ostsee – Liegt es am Salzgehalt im Wasser?

Die Theorien zum verfrühten, wie massiven Quallenaufkommen sind vielfältig. „Im Winter ist sehr viel salzreiches Wasser aus der Nordsee und dem Kattegat in die südwestliche Ostsee geströmt“, erläuterte Jaspers, die am Geomar Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel und an der Technischen Universität in Kopenhagen forscht. Das spiele der Rippenqualle in die Hände, da sie sich bei niedrigem Salzgehalt des Wassers nicht vermehren könne.

Die Rippenqualle ist für den Menschen ungefährlich, da sie nicht giftig ist. Für die heimischen Fische in der Ostsee kann sie jedoch als Konkurrent um Nahrung zum Problem werden.

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Nord- und Ostsee: Warmer Winter fördert Quallenbestände

Ebenfalls ungefährlich für den Menschen ist die Ohrenqualle. Für sie, wie auch die Rippenqualle, sei der warme Winter sehr förderlich gewesen, sagt Jaspers. Das Wasser habe eine Temperatur um die fünf Grad gehabt. Im Schnitt der vergangenen 40 Jahre habe es dagegen bei zwei bis drei Grad gelegen.

Die eingeschleppte Rippenqualle war drei Jahre lang, von 2011 bis 2013 nach strengen Wintern, aus der Ostsee verschwunden und 2014 nach einem sehr milden Winter wiedergekommen, mit dem salzreichen Wasser aus der Nordsee. Lesen Sie hier: Vibrionen vermehren sich in Ostsee – durch Klimawandel

Taucher Thomsen hat dem Bericht im „Nordschleswiger“ zufolge eine weitere Theorie zum erhöhten Quallenaufkommen: Die stetigen Westwinde des vergangenen Winters könnten zu der Invasion geführt haben. Die Quallen könnten durch die Strömungen vermehrt in die Küstenregionen geschwemmt worden sein. Lesen Sie auch: Massenhaft tote Fische an Nordsee-Stränden – Experten rätseln

Sind die Quallen lediglich sichtbarer als sonst?

Die Vielzahl an gesichteten Quallen müsse nicht unbedingt mit einer überdurchschnittlichen Vermehrung zusammenhängen, erklärte Martin Schmidt vom Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume (LLUR) in Schleswig-Holstein dem „Nordschleswiger“: Das Oberflächenwasser könne durch ablandige Winde verdrängt und die Tiefenwasser mitsamt Quallen an die Oberfläche gedrückt werden. Auch interessant: Andrang an Nord- und Ostsee zu groß – Strände gesperrt

Setzten anschließend auflandige Winde ein, kämen die Tiere vor allem an den Stränden zu Tage. Somit gebe es womöglich gar nicht überdurchschnittlich viele Quallen – sie seien vielleicht einfach nur sichtbarer.

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    (lhel/jas/dpa)