Berlin. US-Schauspielerin Reese Witherspoon hat in der Filmbranche viel Macht. Die setzt sie ein – um sich gegen Ungleichheit stark zu machen.

Anfang des Jahrtausends lacht die Welt über „Tussis“: Blond, bildungsfern, aber bauernschlau stöckeln „It-Girls“ wie Paris Hilton durch ihr Leben, die Handtasche in der einen, das Bonsai-Hündchen in der anderen Hand. Reese Witherspoon spielt in „Natürlich blond“ die Kino-Version. Ihre Filmfigur Elle schlägt sich dann aber durch bis an die Elite-Uni Harvard.

Es ist die Rolle, die sie zum Star macht und die auch ihren eigenen Weg vorwegnimmt: Denn sie zu unterschätzen, war ein Fehler. „Ich war zu freundlich, zu laut, zu optimistisch, zu emotional“, sagt die 1,65-Meter-Frau im Rückblick. Sie habe „viele wirklich eklige Gespräche und schlimme Situationen ertragen“, um dorthin zu gelangen, wo sie sich jetzt befinde.

Dort, wo sich die dreifache Mutter jetzt, 20 Jahre später, befindet, wagt niemand mehr, ihr „eklig“ zu kommen. Witherspoon ist laut Forbes-Liste von 2019 eine der 100 mächtigsten Frauen der Welt. Ihre Mission in Hollywood: den ganzen Laden umkrempeln.

Nicht nur als Schauspielerin, sondern als Unternehmerin, Produzentin, Regisseurin. Sie wolle „endlich Frauen zu den Heldinnen ihrer eigenen Geschichten machen“.

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„Little Fires Everywhere“ ist Witherspoons neue Erfolgsserie

Gerade gestartet bei Amazon Prime: „Little Fires Everywhere“ – den Bestsellerroman von Celeste Ng hat Reese Witherspoon mit ihrer Produktionsfirma „Hello Sunshine“ zur Serie gemacht. Die Chefin selbst glänzt als selbstgerechte Vorstadtmutter, die blind für ihre eigenen Privilegien ist. Für die „Süddeutsche Zeitung“ ist es die Serie der Stunde, weil sie „unreflektierten Rassismus aufs Korn“ nehme.

Angesichts der aktuellen Rassismus-Debatte nach dem Tod des Afroamerikaners George Floyd kommt der Achtteiler zur richtigen Zeit.

Die 44-Jährige, keine Frage, genießt als weiße und idealtypisch schöne Frau alle Vorrechte der Branche. 2005 bekommt sie gar den Oscar für ihre Rolle als Johnny Cashs Ehefrau June in „Walk The Line“. Doch früh beginnt sie, das System, das es scheinbar so gut mit ihr meint, in Frage zu stellen. „Ich stehe, seit ich 14 Jahre alt bin, auf Filmsets“, sagt sie im Interview mit dem „Südkurier“. „Und es kam nicht selten vor, dass ich dort die einzige Frau war.“

Mit 25 habe sie ihren ersten Film gedreht, in dem Frauen auch hinter der Kamera arbeiteten. Das will ihr nicht einleuchten: „Das Argument gegen eine Frau ist fast immer: Sie hat keine Erfahrung. Aber wie soll sie die bekommen, wenn ihr niemand eine Chance gibt?“

Reese Witherspoon (l) und ihre Tochter Ava Phillippe bei einer Gala in Hollywood.
Reese Witherspoon (l) und ihre Tochter Ava Phillippe bei einer Gala in Hollywood. © dpa | Jordan Strauss

Witherspoons Firma ist eine Plattform für Frauen

Auch weigert sie sich irgendwann, auf dem roten Teppich Fragen zu ihren Kleidern zu beantworten und prangert trotz eines Jahresverdienstes von bis zu 25 Millionen Dollar an, dass Hollywood-Männer bei gleicher Arbeit und gleichem Marktwert immer noch ein paar Milliönchen mehr kassieren. 2012 nimmt sie die Dinge selbst in die Hand und gründet ihre Produktionsfirma.

Mit dem Thriller „Gone Girl“ gelingt ihr bald schon der ganz große Wurf. Hauptsächlich verfilmt ihr Unternehmen Romane von Frauen, in denen Frauen die Hauptrollen spielen – und die sind keine Opfer, kein schmückendes Beiwerk, aber auch keine Superheldinnen oder Vamps. So wie in ihrer mit acht Emmys ausgezeichneten Drama-Serie „Big Little Lies“ über fünf Mütter in einer kalifornischen Kleinstadt: Es sind Frauen mit starken Charakteren – und mit Schattenseiten.

Doch ihre Firma adaptiert Bücher nicht nur, sie verschafft ihnen auch eine Plattform. Seit 2017 gibt es auf Instagram „Reese’s Book Club“. „Unser Ziel ist es, den bedeutsamsten Buchclub für Frauen aufzubauen“, sagt Geschäftsführerin Sarah Harden zum Portal DWDL. „Von den 30 Titeln, die wir bisher ausgewählt haben, konnten sich 23 auf der Bestseller-Liste platzieren. Reese liest und empfiehlt alles persönlich.“

Trotz ihrer Multi-Funktion bereitet Witherspoon sich nach wie vor präzise auf jeden Job vor der Kamera vor. Für „Big Little Lies“ etwa lernte sie extra Klavierspielen. „Anders als viele ihrer männlichen Kollegen ging sie mit Lust und Leichtigkeit an die Sache“, erzählt ihre Klavierlehrerin Nadja Danciger. „Sie war absolut furchtlos. Sie sagte, sie hätte immer schon Klavier lernen wollen und sei froh über die Chance.“

Verbissen sei sie nie gewesen. Aber beharrlich. „Zum Glück bin ich ein harter Hund“, sagt Witherspoon über sich selbst.