Berlin. Viele Menschen sehen in Handschuhen einen wirksamen Schutz gegen das Coronavirus. Ein Fehler, wie ein Arzt nun eindrucksvoll erklärt.

Immer wieder sind sie in der Coronavirus-Krise auf den Straßen zu beobachten: Passanten, die medizinische Handschuhe tragen. Offenbar vermuten viele Menschen, dass das Tragen der Einmalhandschuhe vor einer Corona-Infektion schützen kann.

Ein Irrtum, auf den nun auch ein Allgemeinmediziner aus Bremervörde mit drastischen Worten hinweist. Auf Twitter schreibt Marc Hanefeld am Wochenende: „Hört auf, medizinische Handschuhe in der Öffentlichkeit zu tragen. Das ist eine hygienische Sauerei großen Ausmaßes.“ Ein Hinweis mit großer Reichweite: Bis zum Dienstagmittag erreicht Hanefelds Ermahnung mehr als 4000 Retweets.

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Coronavirus: Einmalhandschuhe schützen nicht vor Infektion

Tatsächlich schützen die medizinischen Handschuhe nicht verlässlich vor einer Infektion mit dem Covid-19-Virus. Zum einen, so schreibt auch Hanefeld, sind die Einmalhandschuhe porös, also durchlässig. Sie eignen sich im Klinik-Alltag vor allem dazu, den Kontakt mit größeren Verunreinigungen, etwa Körperflüssigkeiten, zu reduzieren.

Allein schon aufgrund dieser Eigenschaft könnten die Einmalhandschuhe nicht zuverlässig vor Viren und Bakterien schützen. Dabei ist jedoch noch ein weiterer Punkt zu beachten: Der Covid-19-Virus kann nämlich ohnehin nicht durch die gesunde, nackte Haut der Hände durchdringen – die Ansteckung erfolgt meist über den Mund-Rachen-Raum.

Wie das Robert-Koch-Institut erklärt, scheint der Hauptübertragungsweg des Covid-19-Virus die Tröpfcheninfektion zu sein – dabei entstehen Tröpfchen beim Husten oder Niesen des bereits Infizierten. Diese infizierten Tröpfchen werden dann beim Gegenüberstehenden über die Schleimhäute der Nase, des Mundes und möglicherweise auch des Auges aufgenommen.

Ansteckung mit Coronavirus: Experte warnt vor „Kloake an den Händen“

Die Durchlässigkeit der Handschuhe führt vielmehr zu einem anderen Problem: Auf Twitter erklärt Hanefeld: „Unter dem Handschuh vermehren sich Bakterien mit Freude, in der feucht-warmen Kammer. Spätestens nach dem Ausziehen hat man ohne Desinfektion eine Kloake an den Händen.“

Die mangelnde Wirksamkeit der Einmalhandschuhe begründet Hanefeld mit einem Verweis auf eine Studie von Jane DeGroot-Kosolcharoen und J.M. Jones, die im „American Journal of Infection Control” vor bereits fast 30 Jahren erschienen ist.

Einen besseren Schutz für die Hände bieten hingegen Kunststoffhandschuhe. Doch auch die haben einen Nachteil: Trägt man die undurchlässigen Kunststoffhandschuhe zu lange, schwitzt die darunterliegende Haut – und die Hand schwillt an. Nach dem Ablegen der Kunststoffhandschuhe sind die angeschwollenen Hände dann besonders empfindlich für Viren und Bakterien.

In seinem vielbeachteten Beitrag erklärt Hanefeld: Auch für den Einkauf im Supermarkt und den Kontakt mit Einkaufswagen seien die Handschuhe nicht geeignet, stattdessen solle man „lieber ein Hygiene-Tuch nehmen und den Griff abwaschen. Die Handschuhe machen es eher schlimmer.“

R+V Krankenversicherung warnt vor Handschuhen

Auch die R+V Krankenversicherung warnt vor den Einmalhandschuhen. Im Gegensatz zum regelmäßigen gründlichen Händewaschen tragen Einmalhandschuhe aus Latex oder Kautschuk nicht zur Eindämmung des Infektionsrisikos mit Coronaviren bei.

„Viele Menschen fühlen sich im Moment besser, wenn die Hände bedeckt sind. Doch wenn sie mit Handschuhen Dinge anfassen, verteilen sie die Viren in größerem Umfang als ohne“, sagt Friederike Kaiser, Beratungsärztin bei der R+V Krankenversicherung. Denn an der Haut haften Viren und Bakterien grundsätzlich besser als an Kunststoffen. Die Handschuhe geben sie dadurch in deutlich größerem Umfang ab. „Das ist zum Beispiel auch gefährlich, wenn sich die Träger mit Handschuhen ins Gesicht fassen.“

Die beste Lösung ist nach Angaben der Mediziner daher: Händewaschen, und das möglichst gründlich.

(phb)