Berlin. „Maybrit Illner“ wollte im „Spezial“ die wirtschaftlichen Folgen durch Corona diskutieren lassen. Warum das gar nicht funktionierte.

Ungewöhnlicher Sendeplatz in ungewöhnlichen Zeiten: In der Corona-Krise brachte das ZDF am Sonntagabend wieder eine Spezialausgabe von „Maybrit Illner“. Es ging um die wirtschaftliche Situation angesichts des weitgehenden Stillstands. Was deutlich wurde: Die Sorgen und damit die Ungeduld nach einem Fahrplan für die Zeit nach der Krise wächst allerorten, besonders in den kleineren und mittleren Betrieben.

Zugleich offenbarte die Sendung aber auch: Man sollte eine Sendung – zumal ein „Spezial“ – auch nur dann machen, wenn man wirklich konkret diskutieren lassen will. Denn mehr als langatmiges Geplänkel zwischen den Gästen, unterbrochen durch kurze ökonomische Fachbeiträge, gab es nicht. Einzig eine Mahnung an Olaf Scholz‘ Ego blieb hängen.

„Maybrit Illner“ – das waren die Gäste am Sonntagabend:

  • Olaf Scholz (SPD), Bundesfinanzminister und Vizekanzler
  • Sahra Wagenknecht (Die Linke), ehemalige Fraktionsvorsitzende
  • Karl Haeusgen, stellvertretender Vorsitzender des deutschen Maschinenbauverbands
  • Harald Heldmann, Unternehmer
  • Gabor Steingart, Journalist
  • Gabriel Felbermayr, Präsident des Weltwirtschaftsinstituts Kiel

Coronavirus-Krise: Bei „Maybrit Illner“ gab es wenig Debatte – aber Kritik an Olaf Scholz’ Selbstdarstellung.
Coronavirus-Krise: Bei „Maybrit Illner“ gab es wenig Debatte – aber Kritik an Olaf Scholz’ Selbstdarstellung. © ZDF | Svea Pietschmann

„Maybrit Illner“ zur Corona-Krise: So schoss Steingart gegen Scholz

Denn eine Minute vor dem Ende der Sendung hatte der Journalist Gabor Steingart genug. Finanzminister Olaf Scholz (SPD) hatte schon mehrfach das finanzielle Eingreifen der Bundesregierung zur Stützung der Wirtschaft erläutert und sich für sein Handeln in den vergangenen Tagen selbst gelobt. Da wollte Steingart doch nochmal etwas los werden. „Bis das Geld angekommen ist, sollten jetzt alle Politiker ihr Selbstlob unter Quarantäne stellen“, mahnte Steingart Scholz von der Seite.

Der Treffer saß. Und er zeigte auch: Es war auch der einzige Moment, in dem so etwas wie Streit oder wenigstens ein entschiedener Widerspruch auftauchte. Dass es da nicht einmal um das eigentliche Thema der Sendung ging, machte es nur noch schlimmer.

Coronavirus und die Wirtschaft: Was passiert, weiß keiner

Dass diese Sendung so debattenarm werden würde, wurde schon nach wenigen Minuten klar. Der Wirtschaftsexperte Gabriel Felbermayr referierte gerade, was aus Sicht von Ökonomen nun geboten sei zu tun, um die Wirtschaft wieder zum Laufen zu bringen. Allein: „Wir haben das große Problem, dass wir dafür bislang nicht genug Daten haben“, beklagte Felbermayr.

Ergo: Es fehlte an einer Diskussionsgrundlage. Und mit dieser Feststellung hätte man die Sendung beenden können. Doch Maybrit Illner fand noch zwei Aspekte, um die Sendung über die volle Distanz gehen zu lassen.

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Corona-Hilfsprogramm macht mittelgroßen Betrieben Sorgen

Da sind zum einen die kleineren und mittleren Betriebe, die sich auch nach dem Rettungspaket der Bundesregierung unsicher fühlen. „Für sie sind die Maßnahmen der Bundesregierung nicht ausreichend“, beklagte Sahra Wagenknecht. Denn: Während Soloselbstständige und die ganz kleinen Betriebe einen Zuschuss erhalten, gibt es für Betriebe ab zehn Angestellten nur Kredite.

„Ein etwas größeres Restaurant wird nach der Krise aber nicht doppelt so viele Gäste haben und deshalb die Kredite niemals zurückzahlen können“, kritisierte Wagenknecht. Doch Scholz hatte wenig Interesse, auf die Kritik einzugehen – es sei schließlich noch zu früh, um zu dieser Einschätzung zu kommen. Lesen Sie hier die Einschätzung der DIHK, dass jede fünfte Firma in der Coronavirus-Krise vor dem Aus steht.

Coronavirus-Pandemie: Wie solidarisch ist Europa in der Krise?

Ein anderer Punkt, der durchaus Potential gehabt hätte, um eine ganze Sendung zu füllen, war die Frage nach der europäischen Solidarität in der Krise. Auf einmal ploppten Begriffe auf, die nach der Finanzkrise 2009 schon beinahe in Vergessenheit geraten zu schienen: Eurobonds und Europäischer Stabilitätsmechanismus. Hier hätte es tatsächlich Potential gehabt, die vielen Aspekte umfassend zu diskutieren – doch es sollte nur ein kurzer Exkurs werden.

So dämmerte die Sendung dahin. Mal hier, mal dort wurde ein Aspekt angesprochen oder ein Detail erklärt. Mehr war’s nicht. Überhaupt drängte sich der Eindruck auf, dass man beim ZDF wohl unbedingt kurzfristig eine Sendung zum Themenfeld Corona und Wirtschaft machen wollte – ohne konkret zu wissen, was genau diskutiert werden soll. Das war nicht das erste Mal der Fall: Schon vor zwei Wochen wurde „Maybrit Illner“ zum Negativ-Beispiel für einen Coronavirus-Talk.

Das war viel zu wenig. Und weil auch die Gäste nicht so recht wussten, wie man auf einer so schmalen Grundlage miteinander streiten kann, ließen sie es meistens bleiben und zückten stattdessen ein neues (Neben-)Thema.

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