Berlin. Gerade der Winter ist Lawinen-Saison. Wer in den Bergen unterwegs ist, sollte über sie Bescheid wissen. Alles Wichtige über Lawinen.

Der Winter ist für viele Sportenthusiasten eine besonders schöne Jahreszeit – endlich kann man wieder Skifahren und Snowboarden. Allerdings: Wer sich im Schnee ertüchtigen will, muss vorsichtig sein. Nicht nur fehlendes Talent kann zur Gefahr werden.

Denn – je nach Wetterlage und Umständen – besteht auf einigen Bergen akute Lawinengefahr. Erst Recht, wenn die Fahrer sich auf ihr eigenes Gespür statt auf Warnungen verlassen und die vorgegebenen Pisten verlassen. Immer wieder gibt es in der Wintersaison Berichte über Wintersportler, die fernab der zugelassenen Abfahrten unterwegs waren und dies mit ihrem Leben bezahlen mussten.

Wir beantworten alle wichtigen Fragen zu Thema Lawinen.

Was ist eine Lawine und wie entsteht sie?

Eine Lawine geht ab. Es ist nur sehr schwer, einer Schneewelle wie dieser zu entkommen.
Eine Lawine geht ab. Es ist nur sehr schwer, einer Schneewelle wie dieser zu entkommen. © imago/Panthermedia | mikle15

Eine Lawine entsteht, ganz einfach gesagt, wenn zu viel Schnee vorhanden ist. Das ist schlicht Physik: Je steiler ein Abhang, und je mehr Schnee auf ihm liegt, desto wahrscheinlicher ist es, dass die Masse irgendwann unter dem eigenen Gewicht ins Rutschen gerät. Weil dann obere Schichten schneller vorankommen als untere, wird die sich bewegende Schneemenge immer größer – und begräbt immer mehr unter sich.

Schnee hat, je nach Höhe, unterschiedliche Konsistenzen. Eine gebundene Schneeschicht ist ein großer zusammenhängender Verbund, bekannt als Schneebrett. Dann gibt es Schwachschichten – einzelne kleine Verbünde, die unterschiedlich schnell rollen und ins Rollen kommen.

Woher kommt das Wort Lawine eigentlich?

Aus dem Lateinischen. „Labina“ bedeutet „das Rutschen, Gleiten“. Zuerst wurde das Wort in der Schweiz gebräuchlich, dann auch im erweiterten deutschsprachigen Raum. Eindeutig mitverantwortlich dafür: Friedrich Schiller – der in „Wilhelm Tell“ Lawinen erwähnte.

Wie verhält man sich in einer Lawine?

  • Das Wichtigste ist das Schwierigste – nicht in Panik geraten, sondern versuchen, keine Fehler zu machen
  • Es gibt verschiedene Dinge, die man beachten sollte, wenn man von einer Lawine erfasst wird
  • Stöcker wegwerfen – verkeilen sie sich, bilden sie eine zusätzliche Gefahr
  • Herausfahren, solange man sich auf den Brettern oder dem Snowboard halten kann, ist einen Versuch wert – wird aber in der Stresssituation kaum jemandem gelingen
  • Schwimmbewegungen können helfen, an der Oberfläche zu bleiben
  • Stoppt die Lawine, mit Händen Mund und Nase bedecken – möglichst geschlossen, aber mit gewölbten Händen. Und das durchhalten bis zum Stillstand, denn: So haben Sie einen kleinen Luftraum. Andernfalls drückt sich der Schnee direkt an Mund und Nase – der Erstickungstod tritt noch schneller ein. Vor allem, da der Druck immer höher wird, wenn der Schnee sich setzt
  • Unglück im Kleinwalsertal: Lawine tötet Wanderer – Frau muss zusehen

Von einer Lawine verschüttet – und dann?

Ruhe bewahren, Energie sparen, hoffen. Wer alleine verschüttet wird, also niemand Hilfe holen kann, hat kaum Chancen – das muss man ehrlicherweise sagen.

Welche Lawinentypen gibt es?

Das „WSL-Institut für Schnee und Lawinenforschung“ (SLF) in der Schweiz beschreibt vier verschiedene Typen:

  • Schneebrettlawinen: Gebundener Schnee liegt auf einer Schwachschicht – und das auf einer größeren Fläche. Kommt nun eine Zusatzlast hinzu – und der Hang ist mindestens 30 Grad steil –, kann es in der Schwachschicht zu Brüchen kommen.
  • Breiten diese sich aus, geht die stärkere Schicht ab und rutscht wie ein Brett hinab. Laut SLF sind sie die gefährlichsten Lawinen und fordern 90 Prozent der Todesopfer. Typischerweise sind sie 50 Meter breit und bis zu 200 Meter lang. Allerdings sind auch kleinere Lawinen gefährlich.
  • Lockerschneelawinen: Erwärmt es sich oder schneit es viel frisch auf vorhandenen Schnee, kann alles ins Rutschen geraten. Die Neigung muss mindestens 40 Grad betragen. Die Lawinen können beeindruckende Größen erreichen, wenn es steil genug ist. Sie sind häufiger im Winter, oft ausgelöst von Menschen, die sie durch Druck auslösen. Gut: Meist kommen die Menschen lebend davon – denn sie gehen unter ihnen ab.
  • Gleitschneelawinen: SLF schreibt, „Gleitschneelawinen haben wie Schneebrettlawinen einen breiten, linienförmigen Anriss, doch rutscht hier die gesamte Schneedecke ab.“ Wenn es wärmer wird, entsteht am Übergang von Boden und Schnee Feuchtigkeit, die wie ein Gleitmittel wirken kann. Umgekehrt kann das Wasser auch von oben eindringen, wenn die ganze Schneedecke durch steigende Temperaturen erwärmt wird.
  • Staublawinen: Ihr Ursprung sind oft Schneebrettlawinen. Schnee und Luft vermischen sich, es kommt zu einer Art winterlicher Staubwolke. Sie können bis zu 300 Kilometer pro Stunde schnell werden.
  • Nassschneelawine: Ähnlich wie bei der Gleitschneelawine ist Wärme hauptverantwortlich. Verschiedene Schneearten sorgen für eine Instabilität, die im schlimmsten Fall den Abgang auslöst.

Woran stirbt man in einer Lawine?

Kals am Groglockner: Mitglieder der Bergrettung Kals proben den Ernstfall. Ortung, Bergung, Wiederbelebung und Abtransport der Verschütteten hat Priorität.
Kals am Groglockner: Mitglieder der Bergrettung Kals proben den Ernstfall. Ortung, Bergung, Wiederbelebung und Abtransport der Verschütteten hat Priorität. © imago/Eibner Europa | EXPA/Peter Gruber

Es gibt drei Hauptfaktoren, die den Opfern in der Regel ihr Leben kosten:

  • Atemnot: Der Schnee ist so dicht, dass kein Sauerstoff durchkommt. Die Begrabenen ersticken
  • Verletzung: Beim Umhergewirbel brechen Knochen, es kann es zu extremen inneren und äußeren Verletzungen kommen
  • Kälte: Nach etwas mehr als einer halben Stunde ist der Körper so unterkühlt, dass lebenserhaltende Funktionen eingestellt werden können – auch, wenn Luft vorhanden ist

Welche Ausrüstung ist empfehlenswert?

Es gibt verschiedene Hilfsmittel, etwa eine Schaufel, um Verschüttete zu retten. Diese sollte aus Carbon sein, denn der Schnee kann steinhart werden. Dazu wird eine Lawinensonde empfohlen – eine Art Rohr, mit dem Personen ertastet werden können. Und natürlich überlebenswichtig: ein Peilsender, der die Suche extrem vereinfacht.

Ein Lawinen-Airbag kann dafür sorgen, dass Menschen an der Oberfläche bleiben. Im Notfall wird er ausgelöst und bläst sich selbstständig auf.
Ein Lawinen-Airbag kann dafür sorgen, dass Menschen an der Oberfläche bleiben. Im Notfall wird er ausgelöst und bläst sich selbstständig auf. © imago | imago

Dazu gibt es neben dieser Standardausrüstung, die in der Regel zwischen 100 und 200 Euro kostet, diverse andere Gadgets. Etwa einen Airbag, der sich schnell mit Luft füllt und somit dafür sorgt, dass man eher an der Oberfläche bleibt.

Ein Lawinenball hängt an einer langen Leine und ist am Gürtel befestigt. Da der Ball leicht ist, treibt er im Idealfall auf der Lawine und ermöglicht Suchenden nach dem Stillstand dann, die Mitgerissenen zu finden – indem sie vom Ball ausgehend der Leine folgen.

Es gibt auch Atmungssysteme – wie in den aufgeführten Regeln beschrieben, muss man es aber erstmal schaffen, alles richtig zu machen, etwa das Mundstück im Angstmoment auch im Mund zu halten.

In Andermatt in der Schweiz ging am 2. Weihnachtstag eine Lawine ab. Ein Video zeigt die Lawine, unter der wohl mehrere Skifahrer verschüttet wurden.

(ses)