Berlin. Ein Mann rast als Geisterfahrer durch München. Dabei kommt ein 14-Jähriger ums Leben. Der Fahrer muss sich wegen Mordes verantworten.

Ein 34 Jahre alter Mann hat in München für Entsetzen und Trauer gesorgt, nachdem er am Freitagabend durch rücksichtsloses Rasen einen tödlichen Unfall verursacht hatte. Wie die Ermittler nun mitteilten, zeichnete ein Dashcam den tragischen Unfall auf.

Die im Auto installierte Videokamera biete der Polizei wichtige Einblicke in das Geschehen. „Diese Aufzeichnung der Dashcam ist für uns ein ganz wesentliches Beweismittel“, sagte Staatsanwältin Anne Leiding am Montag. Bei dem 34 Jahre alten Fahrer sei zudem Alkoholgeruch festgestellt worden, teilte die Polizei mit.

Der Raser hatte auf der Flucht vor einer Polizeikontrolle zwei Jugendliche mit seinem Wagen erfasst. Ein 14-Jähriger starb an den Folgen des Unfalls. Eine 16-Jährige wurde schwer verletzt. Gegen den Mann wurde Haftbefehl wegen Mordverdachts erlassen.

Tragischer Raser-Unfall in München – das Wichtigste in Kürze

  • Ein 34-Jähriger ist in zwei Teenager gerast – ein 14-Jähriger starb
  • Der Fahrer hatte eine laufende Kamera an Bord, eine Dashcam
  • Diese zeichnete den Unfall auf
  • Der Polizei dient der Film als Beweismittel
  • Der Fahrer habe nach Alkohol gerochen, hatte Drogen dabei
  • Das Video zeigt, wie der Jugendliche durch die Luft fliegt

Der Leiter der Mordkommission, Josef Wimmer, sagte, die Aufzeichnung zeige, wie der 34-jährige Fahrer mit hoher Geschwindigkeit vorbeischieße, das Auto einen Jungen erfasse, und wie dieser in die Luft geschleudert werde. Danach sei auf dem Video zu sehen, wie die nachrückende Streife sofort anhalte, um eine Reanimation einzuleiten.

Der Raser war in falscher Richtung unterwegs. Der Besitzer der Dashcam fuhr parallel zu ihm. Leiding sagte, das Aufzeichnen mit einer Dashcam sei zwar eine Ordnungswidrigkeit, die Aufnahmen dürften aber trotzdem auch in einem Prozess verwertet werden.

Beamte hätten auch eine geringe Menge an Drogen im Auto des Rasers gefunden, teilten die Ermittler mit. Genaue Promillewerte oder Ergebnisse weiterer toxikologischer Untersuchungen stünden noch aus.

Beschuldigter kam zuerst in Psychiatrie, dann in U-Haft – wegen Mordverdacht

Der Mann ist wegen Mordverdachts in Untersuchungshaft. Er sei – zu seinem eigenen Schutz – kurzfristig in der Psychiatrie gewesen, sagte Leiding. Unklar blieb aber zunächst, ob er derzeit in einem Krankenhaus oder in einem Gefängnis untergebracht ist. Zum Grad seiner Verletzungen machten die Behörden keine Angaben.

München am frühen Samstagmorgen: Der BMW des Mannes steht auf der Straße, nachdem der 34 Jahre alte Fahrer mit dem Auto zwei Unfälle verursacht und damit einen 14-Jährigen getötet hatte.
München am frühen Samstagmorgen: Der BMW des Mannes steht auf der Straße, nachdem der 34 Jahre alte Fahrer mit dem Auto zwei Unfälle verursacht und damit einen 14-Jährigen getötet hatte. © dpa | Sven Hoppe

Am Samstag und am Sonntag kamen immer wieder Trauernde zum Unglücksort, brachten Kerzen mit und hielten inne – unter ihnen Mitschüler des getöteten 14-Jährigen mit ihren Eltern. Im Herbstlaub an einer Kreuzung in der Nähe des Unfallorts stehen Grablichter, daneben liegen Kuscheltiere und Blumen.

Der Mann war mit seinem Wagen, den er mit bis zu 100 km/h und über mehrere rote Ampeln durch die Stadt gejagt haben soll, in eine Gruppe von vier Jugendlichen gefahren. Sie hatten die Straße überquert, nach ersten Erkenntnissen bei Grün, hatten den Raser aber nicht kommen sehen, weil er auf der Gegenfahrbahn fuhr. Dass ein Auto von rechts komme – damit rechne man schon gleich gar nicht, sagte ein Polizeisprecher.

Der 14-Jährige sei nach dem Aufprall etwa 20 Meter durch die Luft geflogen, teilte die Polizei mit. Die 16-Jährige erlitt Knochenbrüche. Beide kamen in eine Klinik, wo der 14-Jährige starb. Zwei weitere 15 und 16 Jahre alte Jugendliche aus der Gruppe erlitten einen Schock. Laut Polizei waren Kriseninterventionsteams im Einsatz, eines am Unfallort und eines bei der Benachrichtigung der Angehörigen.

Mann raste nach Zusammenprall mit Jugendlichen weiter

Statt den Verletzten nach dem Unfall zu helfen, raste der Mann aus dem Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen weiter – mit geöffneten Airbags und verletzt. Ein 29-Jähriger habe dem Raser noch ausweichen müssen – nur knapp sei er einem Crash entkommen und in eine Litfaßsäule geprallt. Er trug leichte Verletzungen davon.

Der 34-Jährige soll danach noch versucht haben, seine Flucht zu Fuß fortzusetzen. In einem Park fasste ihn die Polizei schließlich. Dabei habe der Mann allerdings Widerstand geleistet.

Tödlicher Unfall in München: Geisterfahrer ließ Auto weiterrollen

Unklar ist noch, ob der Fahrer unter dem Einfluss von Alkohol oder Drogen stand. Die Ermittlungen dazu laufen.

Der Anlass für die Raserei war vergleichsweise nichtig: Weil der Mann kurz zuvor auf einer Straße trotz durchgezogener Mittellinie gewendet hatte, folgte ihm ein Streifenwagen, um ihn zu kontrollieren. Der 34-Jährige habe sofort Gas gegeben, sagte der Polizeisprecher. Der Streifenwagen habe ihn aus den Augen verloren und nicht verfolgt. „So eine Verfolgung innerhalb der Stadt ist viel zu gefährlich.“ Stattdessen hätten die Beamten Verstärkung gerufen.

Raser dürfen in Deutschland wegen Mordes verurteilt werden

Raser und von ihnen verursachte Unfälle sorgen immer wieder für Aufregung. Erst am Freitag wurde ein junger Raser in Stuttgart zu einer Haftstrafe verurteilt. Zwei junge Menschen waren gestorben, weil er mit einem gemieteten Sportwagen gegen ihren Kleinwagen geprallt war. Anfang November war ein 19-Jähriger in Darmstadt zu sechs Jahren und vier Monaten Haft verurteilt worden, weil er eine 39 Jahre alte Frau beim Rasen ohne Führerschein tödlich verletzt hatte. Anders als im Stuttgarter Fall wurde der junge Mann wegen Mordes verurteilt.

Wer als rücksichtsloser Raser mit seinem Auto einen Menschen tötet, kann als Mörder verurteilt werden. Das hatte der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe Ende März entschieden. Das Urteil war ein Novum in der deutschen Rechtsgeschichte.

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(cho/br)