München. Tenor Jonas Kaufmann über Unterschiede von Oper und Operette, sexuelle Belästigung in der Klassik und warum Liebesszenen heikel sind.

Der Herbst des Jonas Kaufmann steckt voller Aktivitäten, ob auf der Bühne oder im Internet, im Buchmarkt oder im Tonträger-Handel, wo sein neues Album „Wien“ in diesen Tagen erscheint. Doch zum Zeitpunkt des Gesprächs widmet sich der 50-Jährige gerade seinem kleinen Sohn, damit seine Frau in Ruhe als Opernregisseurin arbeiten kann.

Gestört wird das Idyll bestenfalls von unerfreulichen Nachrichten aus der Klassikbranche.

Sie sind als einer der renommiertesten Tenöre der Welt bekannt, haben sowohl italienische wie deutschsprachige und französische Oper gemeistert. Da wirken Wiener Melodien, die Sie auf Ihrem neuen Album darbieten, eher wie die leichte Muse.

Jonas Kaufmann: Das ist ein Trugschluss. Es gibt nur einen grundlegenden Unterschied: In der Oper gilt als Qualitätsmerkmal, wenn man aus dem letzten Loch singt, so dass man das Gefühl hat, der platzt gleich – gerade im Wagner-Bereich. Bei den Operetten-Melodien, die ich auf dem neuen Album singe, würde das niemand akzeptieren. Es muss immer mit einem Lächeln, leicht und locker aus der Hüfte kommen, obwohl Operette musikalisch schwer und vielleicht sogar intensiver ist.