Bielefeld. Im Prozess um sexuellen Missbrauch von Kindern in Bielefeld bricht der Angeklagte sein Schweigen. Der Vorsitzende Richter zweifelt.

Nun steht das Urteil: Wegen sexueller Übergriffe auf mehrere Mädchen in seiner Praxis ist ein Physiotherapeut aus Bad Oeynhausen zu einer Haftstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt worden. Außerdem darf der Mann auch nach Verbüßung der Freiheitsstrafe keine Kinder mehr behandeln, entschieden die Richter des Landgerichts Bielefeld am Mittwoch.

Der 61-Jährige hatte laut Gericht wiederholt Fotos seiner minderjährigen Patientinnen gemacht und einige von ihnen durch sexuelle Berührungen im Intimbereich missbraucht. Außerdem hatte er über Jahre hinweg Tausende kinderpornografische Fotos gesammelt.

Urteil gegen Physiotherapeuten: Zwei Jahre und neun Monate Haft

Die Staatsanwaltschaft hatte mit vier Jahren eine höhere Haftstrafe gefordert. In vielen der mehr als 40 angeklagten Fällen sei jedoch nicht eindeutig strafbares Verhalten nachzuweisen gewesen, erläuterten die Richter: Eine besondere Schwierigkeit in dem Prozess sei es gewesen, sexuelle Handlungen von therapeutischen Griffen abzugrenzen.

Im Prozess hatte der Heilpraktiker zwar eingeräumt, Fotos von einigen seiner Patientinnen gemacht zu haben und auch eine Neigung zur Pädophilie bestätigt. Den Vorwurf des sexuellen Missbrauchs bestritt er allerdings.

Insgesamt wurden in der Anklage acht Missbrauchsopfer aufgeführt: junge Mädchen, die zum Tatzeitpunkt zwischen sechs und zwölf Jahren alt waren. Laut Anklage nutzte der Mann die körperliche Nähe als Therapeut aus, um unter dem Deckmantel einer ordnungsgemäßen Behandlung sexuelle Handlungen vorzunehmen. Das bestritt der Angeklagte.

Vorsitzender Richter äußert Zweifel

Auf Nachfrage des Gerichts erläuterte der Heilpraktiker zu Anfang des Prozesses ausführlich, mit welchen Griffen und medizinischen Werkzeugen er seine Patienten, darunter nicht nur Kinder, behandelt. Dabei ging es auch um angebliche Spezialgriffe zwischen die Beine, um Fehlhaltungen der Wirbelsäule oder des Beckens zu korrigieren – und wie er medizinisches Gerät zum Beispiel auf Höhe des Schambeins einsetzt.

Der Fall wurde bekannt, weil Ermittler in Nordrhein-Westfalen nach dem Fall von Kindesmissbrauch in Lügde noch einmal alte Fälle aufgerollt haben. Dabei ist die Polizei auf den Mann aus Bad Oeynhausen aufmerksam geworden.

Im Fall Lüdge ging es um sexuellen Missbrauch in mehr als 450 Fällen auf einem Campingplatz im nordrhein-westfälischen Lüdge. Die Angeklagten wurden Anfang September zu hohen Haftstrafen und anschließender Sicherheitsverwahrung verurteilt.

Missbrauchsprozess- Lange Haftstrafen im Fall Lügde

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    Zudem kursiert immer mehr Material zum sexuellen Missbrauch von Kindern im Internet. Die EU ist alarmiert und will die besorgniserregende Entwicklung stoppen. sexueller missbrauch von kindern im netz- eu schlägt alarm(dpa/fmg)