Berlin. Zwei Wochen dauert Greta Thunbergs Schiffsreise in die USA. Ein Schwindelexperte verrät, was man gegen drohende Seekrankheit tun kann.

Wer schon einmal auf einer längeren Seereise war, kennt den Moment, in dem man sich einfach nur in die hintere Ecke des Bootes verkriecht, die Augen schließt und versucht, die Übelkeit zu verdrängen. Auch bei Greta Thunberg ist es nicht ausgeschlossen, dass sie bei ihrer Reise über den Atlantik mit der Seekrankheit zu kämpfen hat. Bereits am Mittwoch sticht die 16-Jährige mit dem niedersächsischen Skipper Boris Hermann in Plymouth in See.

Vorbeugen kann man der Seekrankheit kaum. Experten aus Medizin und Sport haben jedoch Tricks, wie sie die Übelkeit schneller wieder in den Griff bekommen.

Kein Land in Sicht für Greta Thunberg

Wie die Seekrankheit entsteht, ist laut Professor Michael Strupp, Oberarzt an der Neurologischen Klinik und dem Schwindel- und Gleichgewichtszentrum der Ludwig-Maximilian-Universität München, sehr gut erforscht.

Wenn Menschen den Blickkontakt zur Küste oder dem Festland verlieren, passiert es häufig, dass beim Aufstehen oder Laufen auf dem Boot große Übelkeit eintritt. „Unser Hirn nutzt für eine perfekte Balance Informationen aus drei Kanälen: den Augen, den Gleichgewichtsorganen im Innenohr und den Haut-, Gelenk- und Muskelfühlern“, erklärt Strupp unserer Redaktion.

Senden alle drei Systeme die gleichen Informationen, fühlen wir uns laut dem Oberarzt sicher: „Liefern diese drei Organe jedoch unterschiedliche Informationen, führt das zu Schwindel, Übelkeit und Erbrechen – den typischen Symptomen der See- oder Bewegungskrankheit.“

Mit der Segeljacht „Malizia II“ will Greta Thunberg zusammen mit ihrem Vater Svante, dem norddeutschen Segelprofi Boris Herrmann und dessen Co-Skipper in See stechen.
Mit der Segeljacht „Malizia II“ will Greta Thunberg zusammen mit ihrem Vater Svante, dem norddeutschen Segelprofi Boris Herrmann und dessen Co-Skipper in See stechen. © dpa | Andreas Lindlahr

Dies tritt auf Schiffsreisen typischerweise dann auf, wenn man unter Deck ist und die Augen einem den Eindruck vermitteln, alles sei stabil, die beiden anderen Systeme aber bemerken, dass man hin- und herschwankt.

Vergleichen kann man die Seekrankheit laut Strupp auch mit der Übelkeit beim Autofahren. Wenn Kinder hinten sitzen und lesen, wirkt ihr Umfeld für sie stabil. Da sich jedoch das Auto bewegt, kommt es zu einer Fehlinformation und Übelkeit.

Jüngere Menschen sind eher von Seekrankheit betroffen

Die Bewegungskrankheit tritt in einigen Altersphasen häufiger auf als in anderen, wie Strupp unserer Redaktion verrät: „Babys und Kleinkinder leiden seltener an der Bewegungskrankheit als Kinder im Alter von vier bis sieben Jahren. Auch bei älteren Menschen tritt die Bewegungskrankheit nicht mehr so häufig auf, da das Gleichgewichtsorgan nicht mehr so sensibel ist.“

Empfänglicher für die Seekrankheit sind laut Professor Strupp zudem Menschen, die unter Migräne leiden und jene, die schon einmal die Bewegungskrankheit hatten und so sensibilisiert sind. Oft genügen dann schon geringe Störungen.

Um der Bewegungskrankheit auf dem Schiff vorzubeugen, hilft es laut dem Münchner Neurologen, sich auf den Horizont zu konzentrieren, frische Luft einzuatmen und „wie der Kapitän unterwegs zu sein“. Auch Schlaf kann die Symptome lindern.

„Wenn Greta aktiv mitsegelt, wovon ich bei ihr als Schwedin ausgehe, sollte sie keine Probleme bekommen“, sagt Strupp. „Denn da ist es wie beim Autofahren: Wer selbst steuert, bleibt von der Bewegungskrankheit verschont.“

Segelprofis schwören auf Vitamin C, Ingwer und Homöopathie

Doch nicht nur frische Luft hilft. Wie Lina Nagel vom Deutschen Segler-Verband verrät, haben Profis ihre ganz eigenen Methoden, um der Seekrankheit vorzubeugen.

„Einige Segler nehmen vorbeugend Vitamin C ein, andere setzen auf Ingwer. Auch homöopathische Mittel, zum Beispiel Cocculus, kommen gelegentlich zum Einsatz“, erklärt Nagel unserer Redaktion. „Außerdem gibt es Pflaster, die man sich hinter das Ohr kleben kann, wie Scopoderm, und verschiedene Medikamente. Die machen aber meist müde.“