Athen/Thessaloniki. Ein heftiger Sturm hat Tausende Touristen auf der griechischen Halbinsel Chalkidiki überrascht. Die Regierung rief den Notstand aus.

Stürmischer Wind und starker Regen – ein heftiges Unwetter ist in der Nacht zu Donnerstag über den Norden Griechenlands gezogen. Es gab Windgeschwindigkeiten von bis zu 100 Kilometer die Stunde. Augenzeugen berichten von riesigen Hagelkörner, die auf die Erde prasselten. Viele Menschen wurden von dem Sturm regelrecht überrascht.

Vor dem Sturm gab es eine Hitzewelle von Temperaturen von bis zu 40 Grad in Griechenland – dann kam das Unwetter: Mindestens sechs Menschen sind dabei ums Leben gekommen – offenbar alle Touristen. Nach einem vermissten 70-jährigen Fischer werde noch weiter gesucht. Auch hier gehen die Behörden davon aus, dass er tot ist. Unter den Toten sollen sich auch zwei Kinder befinden.

Doch warum wurde niemand gewarnt? „Wir wussten, dass es einen schweren Sturm geben würde, und es gab auch entsprechende Warnmeldungen; aber wir konnten nicht vorhersagen, wo genau das Unwetter zuschlägt“, sagte Efthymios Lekkas, Chef des griechischen Katastrophenschutzes, am Donnerstagmorgen dem Radiosender Thema104,6.

Unwetter in Griechenland – Das Wichtigste in Kürze:

  • Heftige Unwetter sind über Griechenland hinweg gezogen
  • Dabei wurden Dutzende Menschen verletzt und sechs Touristen getötet
  • Die Opfer kommen aus verschiedenen Ländern Europas
  • Unter den Toten sind auch zwei Kinder
  • Bei allen handelt es sich um Urlauber
  • Das Ausmaß der Schäden ist noch unklar
  • Der Sturm löste auch in der Regierung Trauer aus
  • Augenzeugen berichten von chaosartigen Zuständen
  • Mehrere Wirbelstürme hatten sich zusammengebraut
  • Experten sprechen von einem seltenem Phänomen

Das Phänomen sei selten, aber bekannt, und entwickle sich nur in der Nähe des Meeres, erklärte Lekkas: Bis in den späten Abend habe große Hitze mit bis zu 40 Grad geherrscht. Die hohen Temperaturen ließen große Mengen Meerwasser verdampfen, so dass sich die Wirbelstürme zusammenbrauten.

„Das hat nichts mit Klimawandel zu tun“

Wo genau diese sich entladen, ist nach Lekkas Angaben jedoch kaum vorherzusagen. Auch andere Fachleute bestätigen, dass dieses extreme Phänomen nicht vorhersehbar gewesen sei. „Das hat nichts mit Klimawandel zu tun: solche Unwetter gibt es im Mittelmeer immer wieder“, bestätigt Andreas Friedrich von Deutschen Wetterdienst (DWD). Er schließt aber nicht aus, dass sie durch die Klimaerwärmung heftiger ausfallen.

Mehr als 100 Menschen wurden nach Angaben der Behörden verletzt. Dutzende von ihnen werden noch immer in Krankenhäusern behandelt. Eine 72-Jährige sei in kritischer Verfassung.

Das Unwetter betraf vor allem die bei Feriengästen beliebte Halbinsel Chalkidiki. Dort gibt es noch immer keinen Strom. Das dürfte noch zwei Tage so bleiben. Augenzeugenberichten zufolge sorgte das Unwetter für golfballgroße Hagelkörner. „Es gab Panik, überall haben Menschen geschrien und sind hin und her gerannt“, sagte der Betreiber einer Taverne griechischen Medien.

Noch immer sind Dutzende Menschen mit Verletzungen im Krankenhaus. Ein Grieche sagt: „Es ist ein Wunder, dass es nicht noch mehr Tote gibt.“

Eine britische Touristin schilderte dem „Mirror“ erschreckende Szenen: Die 52-jährige Liz Travis dachte, sie würde ihren Urlaub nicht überleben, als riesige Hagelkörner vom Himmel fielen. „Ich dachte, wir werden sterben“.

Auto stürzte von Klippe

Sie erzählt, dass sie gerade mit ihren beiden Enkeln in Griechenland zum Urlaubmachen sei. Als das Unwetter über Chalkidiki zieht, sitzen sie gerade in einem Taxi. Das Auto habe zu schütteln angefangen, sagt sie. Drei umstürzende Bäume hätten das Auto getroffen, als sie auf der Rückfahrt zum Hotel gewesen seien. Sie habe mit dem Beten angefangen - obwohl sie eigentlich gar nicht religiös sei.

Sie berichtet dem „Mirror“ von auf die Straße gestürzten Stromkabeln, von einem Auto, das über eine Kante einer Klippe gestürzt sei. „Die Griechen haben zu uns gesagt, dass sie so etwas noch nie erlebt haben.“ Am Morgen danach sei Travis aufgewacht und habe gedacht, sie habe einen Albtraum gehabt.

Hunderte Rettungskräfte in Griechenland im Einsatz

In den nächsten Tagen dürfte sich die Lage wieder deutlich entspannen. Laut Wetterbericht steigen die Temperaturen und die Sonne wird scheinen. Bei dem Sturm am Mittwoch waren mehr als 140 Feuerwehrleute im Einsatz.

Entwurzelte Bäume sorgten für Gefahr und zahlreiche Verwüstungen.
Entwurzelte Bäume sorgten für Gefahr und zahlreiche Verwüstungen. © Reuters | ALEXANDROS AVRAMIDIS

Das Unwetter betraf vor allem die bei Feriengästen beliebte Halbinsel Chalkidiki. Wie der britische „Guardian“ unter Berufung auf Augenzeugen berichtet, soll der Sturm nur etwa für 20 Minuten gewütet haben. „Es war ein beispielloses Phänomen“, sagte ein Behördensprecher. Der Zivilschutzminister teilte mit: „Ich möchte meine Trauer zum Ausdruck bringen.“ Sein Mitgefühl gelte allen Angehörigen der Opfer.

Bilanz des Unwetters noch unklar

Wie die Bilanz des Unwetters ausfällt, ist noch nicht klar. Erst am Tag konnten sich die Rettungskräfte ein genaueres Bild von den Schäden machen. „Wir haben sechs Menschen, die ums Leben gekommen sind. Viele Menschen wurden durch Stühle, Ziegelsteine, Mülltonnen und andere Gegenstände verletzt, die durch die Gegend flogen“, sagte der Chef des Gesundheitszentrums der Kleinstadt Moudania, Athanassios Kaltsas, im griechischen Fernsehen.

Strände wurden in Griechenland verwüstet.
Strände wurden in Griechenland verwüstet. © dpa | Giannis Moisiadis

Die Feuerwehr musste mehr als 500 Mal ausrücken, um Menschen in Not zu helfen. Die Regierung rief den Notstand für die Region aus. Eine genaue Bilanz werden die Behörden erst nach Tagesanbruch ziehen können. Griechenland gehört zu den beliebtesten Urlaubsregionen der Welt. Zehntausende verbringen jedes Jahr ihren Urlaub in dem europäischen Land.

Schwere Unwetter in Chalkidiki

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    Bei allen Todesopfern handelt es sich um Touristen.

    • Eine Frau aus Rumänien und ihre Tochter wurden den Angaben zufolge vom abgerissenen Dach einer Taverne erschlagen.
    • Ein umstürzender Baum erschlug zudem einen Russen und dessen zweijährigen Sohn.
    • Ein Mann aus Tschechien wiederum starb in seinem Wohnmobil, das von Sturmböen erfasst wurde und sich mehrfach überschlug.
    • Seine Frau erlag ihren Verletzungen in einem Gesundheitszentrum. Das berichtete das Staatsradio (ERT) unter Berufung auf den Zivilschutz und die Polizei.

    Verwüstungen am Strand von Nea Plagia
    Verwüstungen am Strand von Nea Plagia © Reuters | Alkis Konstantinidis

    Unwetter in Griechenland - Feuerwehr muss 500 mal ausrücken

    „Wir haben sechs Menschen, die ums Leben gekommen sind. Mehr als 60 Menschen wurden durch Stühle, Ziegelsteine, Mülltonnen und andere Gegenstände verletzt, die durch die Gegend flogen“, sagte der Chef des Gesundheitszentrums der Kleinstadt Moudania, Athanassios Kaltsas, im Fernsehen.

    „Ich habe so starke Winde noch nie erlebt“, sagte der Chef des Zivilschutzes, Charalambos Stergiadis, dem gleichen Sender. Warum es hagelt und stürmt - so entstehen Unwetter.

    Wetter in Griechenland - Das sind die Aussichten

    In den nächsten Tagen wird sich die Lage in Griechenland wieder deutlich beruhigen. Nachdem es am Donnerstag noch zu Regenschauern kommt, wird es zum Wochenende wieder deutlich wärmer und sonniger – bestes Urlaubswetter. Das sind die Vorhersagen für die kommenden Tage:

    • Donnerstag: Regen, maximal 30 Grad
    • Freitag: 30 Grad, Sonne
    • Samstag: 30 Grad, Sonne

    Wo kam es zu den Unwettern in Griechenland?

    Eine Google-Maps-Karte zeigt, wo die Halbinsel Chalkidiki in Griechenland liegt.

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    Das heftige Unwetter folgte einer Hitzewelle mit Temperaturen bis zu 40 Grad Celsius. In der Region der Chalkidiki verbringen zurzeit Zehntausende überwiegend aus osteuropäischen Staaten stammende Touristen ihren Urlaub.

    Erst am Dienstag hatte es an der italienischen Adria-Küste ein schweres Unwetter gegeben. Touristen mussten von den Stränden fliehen. Erst vor wenigen Wochen war es in Deutschland zu schweren Unwettern gekommen, es gab sogar Berichte über Tornados. (dpa/sdo)