Moskau. Sie waren gefangen worden, um an chinesische Aquarien verkauft zu werden. Nun setzte sich Wladimir Putin persönlich für die Tiere ein.

Arbeiter hieven die Tiere auf einer Art Hängematte aus den kleinen Schwimmbecken hinein in die Trucks. So beginnt für die ersten der knapp 100 Wale und ihre 70 menschlichen Helfer eine lange, strapaziöse Reise. „Für die Tiere ist das großer Stress“, weiß der Ozeanologe Wjatscheslaw Bisikow. „Sie werden aus dem Wasser gehoben und in eine enge Wanne gesteckt. Deshalb werden ihre Trainer, die sie kennen, die ganze Zeit bei ihnen sein.“

Bislang lebten die Meeressäuger zusammengepfercht in Becken, die nicht größer sind als ein Tennisplatz. Der Weg in die Freiheit ist 1800 Kilometer lang und führt durch den tiefen Osten Russlands.

Tierschützer nennen die von Privatfirmen betriebene Anlage in einer Bucht nahe Wladiwostok ein „Wal-Gefängnis“. Nach Angaben von Greenpeace und anderer Organisationen werden die Wale dort seit dem Herbst gefangen gehalten – sie wurden offenbar aus dem Meer gefischt, um sie an chinesische Aquarien zu verkaufen. „Es sind bereits mindestens drei Belugas und ein Orca wegen der schlechten Bedingungen gestorben“, sagt David Pfender von der Wal- und Delfinschutzorganisation WDC. Dass sie nun befreit werden, verdanken sie keinem Geringeren als Wladimir Putin.

Die Freilassung der russischen Wale – das passiert

  • Die Wale lebten in Gefangenschaft
  • Der Transport ans Meer ist für die Tiere „großer Stress“
  • Wladimir Putin hatte die Freilassung veranlasst
  • Auch Promis wie Leonardo DiCapri hatten die Freilassung gefordert
  • Bis Oktober sollen alle Wale aus den Bassins geholt

Putin soll sich für Befreiung der Wale eingesetzt haben

Der russische Präsident verkündete die Freilassung am Donnerstag während der Fernsehsendung „Direkter Draht“, bei der Bürger ihm Fragen stellen können. Das „Wal-Gefängnis“ bewegt viele Russen seit Monaten. Zu Putins Entscheidung könnte beigetragen haben, dass internationale Prominente wie die Schauspieler Leonardo DiCaprio und Pamela Anderson den Protest der Tierschützer unterstützen. Weltweit leben etwa 3000 Wale und Delfine in Gefangenschaft. Ein Gesetz, das das Fangen von Walen für solche Anlagen verbietet, gibt es in Russland nicht. Ein lukratives Geschäft. „Allein die Orcas kosten etwa 100 Millionen Dollar“, so Putin.

Das russische Forschungsinstitut für Fischerei und Meereskunde ist überzeugt: „Vor uns liegt eine Menge Arbeit, die noch nie zuvor von jemandem geleistet wurde.“ Sechs Tage dauert der Transport. Den ersten Teil der Strecke legen die Wale auf der Straße zurück, weil das den Experten zufolge sicherer ist als ein Transport per Schiff – das „Bewegungsrisiko“ sei im Lkw geringer, zumal in den nächsten Tagen stürmische See zu erwarten sei.

Bis Oktober sollen alle Wale aus den Bassins geholt und ins Ochotskische Meer gebracht worden sein – dort wurden sie einst gefangen, nun werden sie nahe der Schantarski-Inseln wieder ausgesetzt. Am Sonntag erreichten die ersten Lastwagen Chabarowsk nahe der Grenze zu China, wo die Tiere auf einen Frachtkahn umgeladen wurden. Die Tortur hinterlässt bei den Walen offenbar Spuren.

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Ein Reporter des russischen Portals todaykhv.ru war dabei und schildert, er habe Lautsignale zweier Belugas gehört – sie hätten geklungen wie klägliches Stöhnen. Tierärzte beschreiben den Zustand der Lebendfracht laut Forschungsinstitut jedoch als „derzeit gut“. Von Chabarowsk geht es nun über den Fluss Amur weiter nach Nikolajewsk, wo die Tiere erneut in Lastwagen gepackt und ans Meer gebracht werden.

In einer Art Hängematte wird dieser Wahl aus dem Becken geholt.
In einer Art Hängematte wird dieser Wahl aus dem Becken geholt. © dpa | Alyona Stepanova

Die Tiere sollen sich von Menschen entwöhnen

Auf die ersten Wale werden viele weitere folgen. Neun Orcas und 81 Belugas befinden sich Tierschützern zufolge noch in der Anlage. Bevor sie aus den Becken gehoben werden, müssen ihre Pfleger viel Vorarbeit leisten, um sie auf das neue Leben in Freiheit vorzubereiten. Die Wale erhielten gemeinsame Gehege, damit sie sich zu Familienverbünden formieren können. Außerdem werden sie nicht mehr dressiert und nicht mehr per Hand gefüttert, um sie von den Menschen zu entwöhnen. Experten zweifeln jedoch, ob diese Entwöhnungszeit lange genug war. Oder ob die jungen Wale im offenen Meer plötzlich Schiffe anschwimmen werden, weil sie Futter erwarten.

Wladimir Putin jedoch macht Ernst mit seinem Bemühen, die Wale zu schützen. Mittlerweile wurden mehrere Firmen, die die Becken bei Wladiwostok angemietet haben, zu Geldstrafen verurteilt. Und den Fang von Walen zu nichtwissenschaftlichen Zwecken will die Regierung ebenfalls verbieten.