Funchal. Bei dem verheerenden Busunglück auf Madeira starben 29 Menschen. Einige Touristen kamen mit dem Schock davon. Eindrücke von der Insel.

Kränze und Blumengestecke liegen an jener Stelle der abschüs­sigen Bergstraße, an der auf der portugiesischen Urlaubsinsel Madeira der ­weiße Ausflugsbus die Böschung hinabstürzte und 29 Menschen in den Tod riss. 27 weitere Passagiere waren bei dem verhängnisvollen Unfall am Mittwochabend verletzt worden.

Die meisten Opfer stammen aus Deutschland und sind zwischen 40 und 60 Jahren alt. Sie wollten auf Portugals berühmter Blumeninsel Madeira ihren Osterurlaub verbringen.

An einer Hauswand, die schräg gegenüber des Unfallortes liegt, sieht man Schrammen, die offenbar der Bus hinterlassen hat. Hatte Fahrer José G. noch versucht, das außer Kontrolle geratene Fahrzeug gegen die Wand zu steuern, weil möglicherweise die Bremsen versagten?

Der 55-jährige Busfahrer, der verletzt überlebte, galt als sehr erfahren. Sein fünf Jahre altes Gefährt soll sich in gutem Zustand befunden haben. Ein Alkoholtest beim Fahrer sei negativ verlaufen, berichtet die Zeitung „Diário de ­Notícias“.

In erster Kurve endete die Reise

Auf einen technischen Fehler deutet auch die Aussage eines deutschen Urlaubers hin, der das Unglück weitgehend unverletzt überlebte. „Ich glaube, die Bremsen haben nicht funktioniert. Ich kann mir keinen anderen Grund vorstellen“, sagte Heinz Gaden dem portugiesischen TV-Sender SIC.

Der Unfall hatte sich am Mittwochabend in dem Urlaubsort Caniço ereignet. Der Bus hatte die Urlauber am Vier-Sterne-Hotel Quinta Splendida abgeholt, um sie zum Abendessen in die zehn Kilometer entfernte Inselhauptstadt Funchal zu fahren. Doch schon nach 300 Metern – in der ersten Kurve der Serpentinenstraße – endete die Reise verhängnisvoll.

Dass das Ehepaar Gaden mit dem Leben davonkam, haben die beiden offenbar auch jenen Sicherheitshinweisen zu verdanken, die ihnen die Stewardessen auf dem Hinflug nach Madeira für den Fall einer Notlandung gaben. „Im Flugzeug sagten sie uns, was zu tun war. Wir kauerten uns zusammen wie die ­Babys. Und das war unser Glück“, so Brigitte Gaden.

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Bundesregierung schickte Evakuierungsflugzeug

Zudem hatte das Paar den Sicherheitsgurt angelegt, was verhinderte, das sie aus den Sitzen katapultiert wurden.

Die meisten Fahrgäste hatten weniger Glück. Antonio Escudo, Sprecher der Rettungskräfte auf Madeira, berichtete, dass die meisten Reisenden aus dem Bus herausgeschleudert worden seien, als dieser sich überschlug. „Wir haben nur fünf Menschen im Bus geborgen.“ Dies deute darauf hin, so Escudo, dass viele nicht angegurtet gewesen seien.

Busunglück auf Madeira – das Wichtigste in Kürze:

• Bei einem Busunfall auf Madeira sind 29 Menschen gestorben

• Die Opfer stammen fast ausschließlich aus Deutschland

• Viele Opfer waren im Hotel Quinta Splendida untergebracht

• Der Bus stürzte in einer Kurve eine Böschung hinab

• Die Ursache für das Unglück ist noch unklar

• Die Identifizierung der Leichen soll bis Samstag abgeschlossen sein

Die Deutschen Martina und Reinhard Ladewig bewahrte eine Fügung des Schicksals davor, vor ihrem Hotel in den Unglücksbus einzusteigen. „Wir wollten die gleiche Tour mitmachen“, berichtete Ehemann Ladewig im TV-Sender RTL. „Wir sind etwas verspätet gekommen, weil meine Frau etwas länger für die Haare brauchte.“ Deswegen seien sie in einen zweiten Bus gestiegen, der vor dem Hotel auf die Nachzügler wartete. Doch zur Abfahrt kam es nach der Unfallnachricht nicht mehr. Ladewig: „Wir standen natürlich total geschockt da.“

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    Inzwischen weiß man, dass ein Großteil der verunglückten Urlauber zu einer Reisegruppe der Trendtours ­Touristik GmbH mit Sitz in Frankfurt am Main gehörte. Das Unternehmen bestätigte, dass 51 seiner Reisekunden in dem Unglücksbus saßen.

    Der Reiseanbieter Trendtours hat inzwischen begonnen, die Angehörigen der Opfer nach Madeira zu fliegen. Parallel werde bereits der Rückflug für die reisefähigen Mitglieder der betroffenen Urlaubergruppe organisiert. Die deutsche Bundesregierung schickte zudem ein medizinisches ­Evakuierungsflugzeug der Bundeswehr nach Madeira, um alle Verletzten, die transportfähig sind, nach Deutschland zurückzubringen.

    Bundeskriminalamt unterstützt Behörden

    Bereits am Donnerstag war Deutschlands Außenminister Heiko Maas nach Madeira geflogen. Am Unfallort im Ferienort Caniço legte er zusammen mit seinem portugiesischen Amtskollegen Augusto Santos Silva ein Blumengesteck nieder. Schweigend und mit starrer Miene blickten die beiden die Böschung hinunter. Das Buswrack war inzwischen abgeschleppt worden. Weiter unten konnten sie nur noch jenes beschädigte Haus sehen, das den Überschlag des Busses nach etwa 15 Metern abrupt abgebremst hatte.

    Maas bestätigte zudem, dass Beamte des Bundeskriminalamtes bei der Identifizierung der Todesopfer helfen. „Es ist eine sehr schwierige Arbeit, bei der keine Fehler gemacht werden dürfen.“ Nicht alle Verunglückten trugen zum Unfallzeitpunkt Ausweispapiere bei sich. Tomasia Alves, Sprecherin des Krankenhauses in der Inselhauptstadt Funchal, sagte, man wolle versuchen, die Identifizierung an diesem Wochenende abzuschließen. Auch am Freitag war noch nicht klar, ob alle 29 Toten Deutsche sind. (Ralph Schulze)