Berlin. Ein Jet der Luftwaffe musste am Dienstag wegen großer technischer Probleme in Schönefeld notlanden. Die Landung geriet zum Drama.

Das Regierungsflugzeug der Flugbereitschaft, das am Dienstag bei einer Notlandung in Berlin-Schönefeld nur knapp einem Unglück entgangen ist, wurde dabei nach einem „Spiegel“-Bericht schwer beschädigt.

Bundeswehr-Techniker hätten an dem Flugzeug vom Typ Global 5000 „erhebliche strukturelle Beschädigungen“ durch Knick- und Stauchungsschäden an beiden Tragflächen festgestellt, schreibt das Nachrichtenmagazin unter Berufung auf interne Papiere der Bundeswehr. Möglicherweise sei der Rumpf verzogen, jedenfalls habe sich bei der Bruchlandung die Kabinenverkleidung gelöst.

Es war alles andere als eine Routinelandung am Dienstagmorgen. „Die Maschine hatte mit beiden Tragflächen Bodenberührung. Und eine kontrollierte Landung war nicht mehr möglich“, teilt ein Sprecher der Luftwaffe mit, nachdem der Jet in Schönefeld auf der Landebahn zum Stehen gekommen ist.

Wie dramatisch die Lage gewesen sein muss, wird erst klar, als Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) den Vorfall am Mittag kommentiert. Die Besatzung habe es geschafft, „den Jet unter schwierigsten Bedingungen zu Boden zu bringen und damit Schlimmeres zu verhindern“. Sie habe „hohen Respekt vor der fliegerischen Leistung der Luftwaffenbesatzung“. Nun müsse die Ursache der technischen Probleme zügig aufgeklärt werden.

Tragflächen des Regierungsfliegers berühren bei Landung den Boden

Am Nachmittag wurden Bilder vom Landeanflug öffentlich. Sie zeigen, wie sich das Flugzeug wenige Meter über dem Boden mal heftig nach rechts, dann nach links neigt. Trotz der offenbar unkontrollierten Kippbewegungen gelingt es den Piloten aufzusetzen, doch beide Tragflächen berühren dabei den Boden. Das Flugzeug schrammt an einer Katastrophe vorbei, wird aber beschädigt.

Momente vor der Landung: Der Jet fliegt immer noch in arger Schräglage.
Momente vor der Landung: Der Jet fliegt immer noch in arger Schräglage. © dpa | Marcel Russ

Während die zwei Piloten und eine Flugbegleiterin aus dem Flieger in einem Bundeswehrkrankenhaus medizinisch untersucht werden, blockiert der havarierte Jet für Stunden den Flugbetrieb in Schönefeld. Die Abfertigung wird eingestellt, Starts bis auf weiteres verschoben, landende Maschinen nach Tegel und Leipzig umgeleitet. Erst am Mittag gibt der Flughafen wieder grünes Licht, nachdem die Global 5000 von der Landepiste abgeschleppt wurde. Allmählich normalisiert sich danach der Flugbetrieb.

An Normalität ist bei der Flugbereitschaft nicht zu denken. Der General Flugsicherheit, der dafür in der Bundeswehr zuständig ist, übernimmt die Untersuchung des Fast-Unglücks. Am frühen Abend teilt die Flugbereitschaft mit, dass die Besatzung den Zwischenfall ohne körperliche Schäden überstanden habe. Zudem sollen die anderen drei Global-Flugzeuge weiter für die Luftwaffe fliegen.

Pannen bei Regierungsfliegern häufen sich

Auf konkrete Erklärungen für den Vorfall wird man ohnehin noch Tage, wenn nicht Wochen warten müssen. Bekannt ist aber: Das betroffene Flugzeug des kanadischen Herstellers Bombardier war in Schönefeld anlässlich eines sogenannten 30-Monats-Checkup gewartet worden und sollte zum Heimatbasis der Flugbereitschaft nach Köln fliegen. Passagiere waren laut Luftwaffe nicht an Bord. Normalerweise wird dieses kleinste Jet-Modell der Regierungsflotte mit Platz für 13 Gäste im regelmäßigen Betrieb für die Mitglieder der Bundesregierung genutzt.

Zuletzt hatten andere Flugzeugtypen der Flugbereitschaft mehr Sorgen bereitet. Ende November wurden Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Finanzminister Olaf Scholz (SPD) an Bord des Airbus A340-300 „Konrad Adenauer“ auf dem Weg zum G20-Gipfel in Buenos Aires Leidtragende einer gravierenden Panne. In Berlin-Tegel gestartet fiel nach rund einer Stunde Flugzeit er komplette Funk wegen eines komplizierten technischen Defekts aus, so dass die Maschine in Köln landen musste. Um überhaupt nach Argentinien zu gelangen, musste Merkel mit Iberia fliegen: So war der Flug für ihren Sitznachbarn.

Außenminister Heiko Maas (SPD) konnte Ende Februar mit einem Regierungs-Airbus A319 in Mali nicht mehr starten, nachdem ein Hydraulikleck festgestellt worden war. Maas verpasste wegen der Panne sogar den Geburtstag seines Sohnes – und Anfang April auch einen Termin bei den UN in New York, nachdem an seinem Regierungsflieger bei der Landung ein Reifen geplatzt war.

Auch Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) strandete auf einer Afrika-Reise, und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier musste auf seinen Auslandsreisen zuletzt sogar zweimal pannenbedingte Verzögerungen in Kauf nehmen.

Bundesregierung kauft neue Jets von Airbus

Die nun betroffenen Global 5000 sind seit acht Jahren im Einsatz für die Luftwaffe und gelten als äußerst zuverlässig. In der Anfangsphase hatten die Piloten jedoch mit etlichen Problemen bei den Kurz- und Mittelstreckenjets zu kämpfen. 2013 berichtete der damalige Kommandeur der Flugbereitschaft, Helmut Frietzsche, dass bei drei der vier Globals innerhalb von einer Woche die Wetterradare kaputtgegangen seien. „Die waren voller Wasser“, erklärte der erstaunte Oberst. Mindestens zweimal musste in dieser Anfangsphase auch der damalige Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) wegen technischer Defekte bei den Globals umsteigen.

Die Bundesregierung hat bereits Konsequenzen aus der aktuellen Pannenserie gezogen. Sie kauft drei fabrikneue Airbus-Langstreckenmaschinen der hochmodernen A350-Flotte. Zwar kostet ein Exemplar bis zu 180 Millionen Euro, die VIP-Ausstattung noch nicht eingerechnet, doch das Verteidigungsministerium erhofft sich mit der Investition vor allem Verlässlichkeit bei internationalen Regierungsflügen. Die Luftwaffe geht davon aus, die neuen Airbus-Flieger schon 2020 zu erhalten.

(von Karsten Kammholz)