Adieu, Karl Lagerfeld! Ein Genie mit Haltung bis zum Schluss
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Lesezeit: 6 Minuten
Von Diana Zinkler
Berlin. Mit Karl Lagerfeld ist der bekannteste Modezar unserer Zeit gestorben. Bis zuletzt kultivierte er das Exzentrische und Eigentümliche.
Er versuchte es bis zum Schluss. Die Haltung zu bewahren, auf Französisch die „attitude“. Am 5. Februar veröffentlichte Karl Lagerfeld auf seinem Instagram-Account ein Video von sich. Darin gratuliert er der Modejournalistin Carine Roitfeld zu ihrem neuen Magazin. Er sagt nicht viel, aber man merkt, wie anstrengend diese Gratulation für ihn gewesen sein muss.
Er spricht Englisch mit einer Mischung aus deutsch-französischem Akzent und konzentriert sich sehr auf die paar Worte. Aber daran sehen, dass er vielleicht bald sterben würde, konnte man nicht.
Karl, der Große, trägt wie immer eine dunkle Sonnenbrille, sein graues Haar zum sogenannten Mozartzopf gebunden, ein Schal, die schwarzen Rennfahrer-Handschuhe aus Leder, der weiße Hemdkragen. Er ist noch ganz attitude, noch ganz Karl Lagerfeld.
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Jetzt ist er, der große Karl, der bekannteste Designer der Welt, mit geschätzten 85 Jahren in einem Krankenhaus in Paris gestorben, nachdem er am Montagabend in die Notaufnahme gebracht worden war.
Sorge um Karl Lagerfeld bereits Ende Januar
Die meisten Quellen besagen, dass er am 10. September 1933 in Hamburg geboren wurde. Lagerfeld selbst verjüngte sich schon mal, sagte, dass er 1935 oder sogar 1938 geboren sei. Dem französischen Magazin „Paris Match“ gestand er im Jahr 2013, dass er vielleicht doch das Datum verwechselt habe.
Dass es dem Modezar vielleicht nicht ganz so gut ging, ahnte die Welt schon, als Lagerfeld Ende Januar erstmalig nicht bei einer Chanel-Modenschau auftrat. In seiner 35-jährigen Tätigkeit für das Haus hatte es das nicht gegeben, auch wenn er bei den Anproben am Vorabend der Schau dabei gewesen sein soll. Er habe sich „müde“ gefühlt, ließ Chanel mitteilen.
Lagerfeld lebte allein mit seiner Katze Choupette
Karl Lagerfeld müsste eigentlich alle Listen mit dem Titel „die bekanntesten Deutschen“ anführen. An der Spitze stehen aber meistens Steffi Graf, Boris Becker oder Angela Merkel. Was wohl daran liegt, dass man ihn in all den Jahrzehnten kaum mehr als Deutschen wahrgenommen hat. Eher als Weltbürger. Denn bereits in den 50er-Jahren hat er seine Geburtsstadt Hamburg verlassen und eine neue Heimat in Paris gefunden.
Dort lebte er allein mit Choupette, seiner Katze und nahezu 200.000 Büchern. Über seine „eigentümliche“ Art zu wohnen sagte er dem „Zeit“-Magazin vor zwei Jahren: „Hier ist mein Fotostudio, dann habe ich eine sehr schöne Wohnung, in die ich allerdings nur zum Essen gehe, ich schlafe dort nie. Ich wohne und zeichne in einem riesigen Atelier, und wenn ich nicht will, muss ich mit niemandem reden. Dort lebe ich mit Choupette.“
Der Modeschöpfer Karl Lagerfeld
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Karl Lagerfelds eigener Look war unverkennbar
Das Exzentrische und Eigentümliche kultivierte er. Genauso wie seinen Look, seine „Rüstung“, wie er seine Kleidung beschrieb. In der Modewelt spricht man vom „Signatur-Look“, wenn der Kleidungsstil einer Person so wiedererkennbar ist, dass man mit wenigen Strichen eine Zeichnung der Person anfertigen kann.
Bei Karl Lagerfeld war alles ausgewählt bis ins Detail und seit Jahren fast immer wieder gleich, mit nur kleinen Variationen. Doch natürlich begann er seine Karriere ganz anders.
Im 50er-Jahre-Paris, immer gut rasiert, im klassischen Anzug mit Krawatte gewann er einen Modepreis für ein Mantelmodell und bekam daraufhin eine Stelle bei Pierre Balmain. Schnell war er für unterschiedliche Häuser tätig, auch für Patou und Chloé. In den 60er-Jahren unterschrieb er bei Fendi in Rom einen Vertrag, bis heute beriet er die Marke.
Lagerfelds Schaffen überdauerte jenes von Konkurrent Yves Saint Laurent
In den 70er-Jahren wurde der mit ihm befreundete Yves Saint Laurent sein größter Konkurrent. Doch im Gegensatz zu Lagerfeld hatte der geniale Saint Laurent schon bald den Zenit seiner Karriere überschritten. Erst danach nahm Karl Lagerfelds Karriere richtig Fahrt auf.
Er wurde 1983 Kreativdirektor bei der strauchelnden Traditionsmarke Chanel, der Aufstieg des Modehauses zum internationalen Milliardenkonzern kann ihm zugeschrieben werden.
Claudia Schiffer: „Karl war mein Feenstaub“
Neben dem Erfolg hatte Karl Lagerfeld immer wieder enge Beziehungen zu seinen Modellen. Die wiederum stolz darauf waren, den Titel „Muse“ zu tragen. Von Lagerfeld für eine Schau ausgewählt zu werden, gilt in der Modewelt als Ritterschlag.
Die bekanntesten Musen seiner Zeit sind Claudia Schiffer, die jetzt zu seinem Tod schrieb: „Karl war mein Feenstaub, er verwandelte mich von einer schüchternen Deutschen in ein Supermodel.“ Was Warhol für die Kunstszene war, das sei er für die Modeszene gewesen, unersetzlich. So trauern die Menschen weltweit um Karl Lagerfeld.
Lagerfeld: „Ich schlafe nicht gern mit Leuten, die ich wirklich liebe“
Eine andere ist die Französin Inès de la Fressange, sie war in den 80er-Jahren stets an seiner Seite, genauso wie das männliche Model Baptiste Giabiconi, der erst kürzlich von der Britin Cara Delevigne abgelöst wurde.
Ob Lagerfeld mit einer seiner Musen auch eine körperliche Beziehung pflegte, ist nicht bekannt. Dem Magazin Vice sagte er 2009 in puncto Sexualität nur so viel: „Ich persönlich mag nur hochklassige Escorts. Ich schlafe nicht gern mit Leuten, die ich wirklich liebe.“ In Härte und Schlagfertigkeit ist das eine typische Lagerfeldantwort.
Lagerfelds Asche soll mit der seiner Mutter verstreut werden
Auf die Frage, wie später mit seinen Überresten umgegangen werden soll, sagte er im April 2018 mit seiner typischen Hamburger Schnoddrigkeit: „Eine Beerdigung? Wie schrecklich! Es wird keine Beerdigung geben. Ich will verbrannt werden und meine Asche soll zusammen mit der meiner Mutter verstreut werden ... und mit der von Choupette , wenn sie vor mir stirbt.“