Essen. Täglich werden Hunde über das Internet verkauft. Doch nicht alle Händler sind seriös. Hinter den Anzeigen kann großes Tierleid stecken.

Auf Ebay Kleinanzeigen wird so einiges angeboten. Nicht nur ausrangierte Möbel oder Klamotten, sondern auch Hunde und Katzen finden über das Portal ein neues Zuhause. Doch nicht alle Anbieter sind seriös.

Hinter unscheinbaren Privatpersonen, die Welpen anbieten, steht laut Tierschützern oft ein Netzwerk aus Züchtern, Fahrern und Händlern, die wie eine kriminelle Bande agieren.

Ebay Kleinanzeigen als Verkaufsknotenpunkt

Die Welpen sollen aus Massenzuchten in Osteuropa kommen – dort würden sie nach wenigen Wochen den Muttertieren entrissen und anschließend nach Deutschland transportiert, sagen Tierschützer.

„Viele der Welpen sind bei der Ankunft derart mitgenommen, dass sie kaum überlebensfähig sind“, sagt Lea Schmitz, Sprecherin des deutschen Tierschutzbundes. Zu den neuen Herrchen und Frauchen kommen diese Hunde dann per Mausklick.

Welpen sind zum Teil schwer krank

Transport von 78 Welpen in Geflügelkisten. Die Papiere waren gefälscht, die Hunde todkrank. Die Fahrt begann in Tschechien.
Transport von 78 Welpen in Geflügelkisten. Die Papiere waren gefälscht, die Hunde todkrank. Die Fahrt begann in Tschechien. © Vier Pfoten e.V. | Vier Pfoten e.V.

„Ein wichtiges Rad in diesem Getriebe sind Plattformen wie Ebay Kleinanzeigen“, sagt Birgitt Thiesmann von der Tierschutzorganisation Vier Pfoten. Auf dem Kleinanzeigenportal werden Hunde anonym verkauft – denn für die Anmeldung genügt eine E-Mail-Adresse.

In den Anzeigen heiße es dann oft: „Ab sofort an eine liebevolle Familie abzugeben.“ Doch einen allzu liebevollen Umgang seien die zum Teil schwer kranken Tiere nicht gewohnt, so Thiesmann.

Hunde vegetieren in kleinen Zwingern vor sich hin

Die Zustände in solchen Massenzuchten in Osteuropa seien „im höchsten Maße tierschutzwidrig“, kritisiert der deutsche Tierschutzbund. Die Hunde werden „in Verschlägen oder kleinen Zwingern gehalten, wo sie vor sich hin vegetieren“, sagt die Sprecherin.

Auf engstem Raum, so die Tierschützer, seien die Tiere „ohne Tageslicht, ohne menschliche Zuwendung und ohne je eine Pfote auf eine Wiese gesetzt zu haben“.

Tiere in einer Vermehrerstation in Osteuropa. Hündinnen werden als Zuchtmaschinen missbraucht.
Tiere in einer Vermehrerstation in Osteuropa. Hündinnen werden als Zuchtmaschinen missbraucht. © Vier Pfoten e.V. | Vier Pfoten e.V.

Die Hündinnen werden als reine Zuchtmaschinen gesehen. „Wenn die Muttertiere keine Welpen mehr produzieren können, werden sie entsorgt – kommen etwa lebend in den Schredder“, sagt Birgitt Thiesmann von Vier Pfoten.

Hundehandel im Internet: Ein lukratives Geschäft

Im Internet floriert der Handel mit Tieren. Zeitgleich werden etwa 20.000 Hunde alleine auf Ebay Kleinanzeigen angeboten – in Nordrhein-Westfalen waren es an einem Tag im Februar mehr als 4000 Anzeigen, jeder fünfte davon: ein Welpe.

Ein ehemaliger illegaler Welpenhändler erklärte gegenüber Vier Pfoten, wie Anzeigenportale für die Machenschaften genutzt werden: „Ebay Kleinanzeigen war in Deutschland meine bevorzugte Plattform. Egal, ob gesundes oder krankes Tier – dort kann man unkontrolliert alles inserieren. In Spitzenzeiten habe ich so in drei Tagen 2000 Euro verdient.“

Für beliebte Rassen wie Chihuahua, Labrador oder Mops werden den Tierschützern zufolge auf dem Portal durchschnittlich 739 Euro pro Tier gezahlt, bei Bulldoggen könne der Verkaufspreis auch bei mehr als 1000 Euro liegen.

Hundehandel fast so lukrativ wie Drogenhandel

„Ein Mordsgeschäft“, sagt Udo Kopernik, Sprecher des Verbandes für das Deutsche Hundewesen (VDH). Die Gewinnspannen sind hoch, denn „in Osteuropa werden die Hunde für 35 Euro verkauft“.

Blick in eine Massenzucht in Osteuropa. Die Tiere werden bereits vor der achten Woche von den Müttern getrennt. Dies kann zu Verhaltensstörungen der Hunde führen.
Blick in eine Massenzucht in Osteuropa. Die Tiere werden bereits vor der achten Woche von den Müttern getrennt. Dies kann zu Verhaltensstörungen der Hunde führen. © Vier Pfoten e.V. | Vier Pfoten e.V.

Deshalb sei der Handel mit Hunden auch fast so lukrativ wie jener mit verbotenen Substanzen, sagt der VDH-Sprecher. „Mit geringem finanziellen Aufwand und ohne großes Risiko.“

Das Problem haben auch die Behörden in NRW erkannt. Im Kampf gegen den illegalen Tierhandel setzt die Polizei auf gezielte Verkehrskontrollen, die „weiter intensiviert werden sollen“, so eine Sprecherin des Innenministeriums. Sie erfolgten gemeinsam mit Veterinärsämtern und dem Zoll.

Handel nimmt „dramatische Entwicklung“

Durch Portale wie etwa Ebay Kleinanzeigen sieht der VDH mit Sitz in Dortmund das Tierwohl gefährdet. „Es ist eine dramatische Entwicklung“, sagt Kopernik. Das Portal habe sich zu einem „Umschlagplatz für den illegalen Welpenhandel“ entwickelt.

Ein Eldorado „für unseriöse Anbieter mit einem hohen Maß an krimineller Energie“. Das Hundewohl ist den Händlern egal: „Sie wollen das Tier los werden und sind allein am Umsatz interessiert.“

Welpenhändler nutzen viele Tricks

Zwar gebe es auch seriöse Angebote von Züchtern auf Ebay Kleinanzeigen, aber für Käufer sei es fast unmöglich, verantwortungsvolle von dubiosen Händlern zu unterscheiden. „Ich würde es mir nicht zutrauen“, sagt Kopernik.

Die Tricks der Welpenhändler sind vielfältig: So werden etwa Dokumente gefälscht oder bei einem Besuch ein vermeintliches Muttertier präsentiert. Die Zeiten, in denen unseriöse Angebote aufgrund von niedrigen Preisen identifizierbar waren, seien vorüber. Kopernik: „Der clevere Welpenhändler lernt mit.“

Von Ebay Kleinanzeigen ist der Weg ins Tierheim kurz

Durch Portale wie Ebay Kleinanzeigen sind „Tiere zu einer Ware geworden“, sagt Sandra Jansen, Tierschutzlehrerin im Tierheim Essen. „Bequem von Zuhause und ohne lange Vorgespräche“ kommen Interessierte so zum Hund. Jedoch: „Der Weg von Ebay Kleinanzeigen ins Tierheim ist kurz“, sagt Jansen. Einige Abgabetiere in Essen wurden zuvor über das Anzeigenportal vermittelt.

Ein Bild aus einer Massenzucht: Die Zustände dort sind schlecht. Tiere sind in verdreckten Zwingern eingesperrt.
Ein Bild aus einer Massenzucht: Die Zustände dort sind schlecht. Tiere sind in verdreckten Zwingern eingesperrt. © Vier Pfoten e.V. | Vier Pfoten e.V.

„Nicht jedes Tier und jeder Mensch passen zusammen“, sagt die Tierschutzlehrerin. Das Internet sei der völlig falsche Ort, um dies festzustellen. „Es ist eine beratungsfreie Zone, in der es zu emotionalen Spontanentscheidungen für den Hund kommt“, sagt VDH-Sprecher Udo Kopernik.

Die Beziehung zwischen Mensch und Tier sei bereits durch den Leidensweg der Tiere vorbelastet. Durch die Isolation und die frühe Trennung von den Muttertieren können die Welpen Verhaltensstörungen entwickeln. „Sie erfahren keine Sozialisierung und Prägung auf den Menschen.“

Tierschützer fordern Registrierung der Anbieter

„Kostenlos. Einfach. Lokal“, heißt der Werbespruch von Ebay Kleinanzeigen. Vor allem einfach wird es unseriösen Anbietern gemacht. Um sich auf dem Portal als Verkäufer zu registrieren, bedarf es lediglich einer E-Mail-Adresse. Kontrollen der Identität und der persönlichen Daten der Verkäufer? Fehlanzeige. So können Kriminelle im Schutz der Anonymität agieren.

Der VDH und Vier Pfoten verlangen deshalb für den Tiermarkt auf Ebay Kleinanzeigen eine Aufhebung der Anonymität durch eine Registrierung der Anbieter. So könnten unseriöse Händler schneller kontrolliert und überführt werden. Eine Petition gegen den illegalen Hundehandel auf Ebay Kleinanzeigen wurde bereits von über 210.000 Menschen unterschrieben.

Warnhinweis für Nutzer von Ebay Kleinanzeigen

Doch die Forderung nach einer verbindlichen Identifizierung lehnt Ebay Kleinanzeigen als „wirkungslos ab“. Das Problem des unseriösen Welpenhandels sei auf kriminelle Strukturen zurückzuführen. Da Strohleute eingesetzt werden, „läuft eine wie immer geartete Verifikation ins Leere“, so ein Sprecher des Portals.

Trotzdem sieht Ebay Kleinanzeigen nicht tatenlos zu: Das Unternehmen warnt bei dem ersten Besuch der Tierkategorie mit einem eingeblendeten Hinweis. „Schütze dich vor unseriösem Welpenhandel. Unterstütze keine Tierquälerei“, heißt es dort.

„Wir setzen auf Aufklärung der potenziellen Käufer“, denn „das Problem unseriöser Anbieter lässt sich nur durch aufgeklärte Käufer und weniger Nachfrage nachhaltig lösen“, so ein Sprecher des Portals.

Dieser Text ist zuerst auf waz.de erschienen.