Groningen/Edinburgh. Das niedliche Aussehen der Kohlmeise trügt. Für Nistplätze werden artfremde Konkurrenten kurzerhand umgebracht, zeigt eine Studie.

Niedlich sehen Kohlmeisen aus, wenn sie im Winter an einem Futterknödel knabbern. Doch die Vögel können auch anders: Wer ihnen in der Brutsaison in die Quere kommt, riskiert sein Leben.

Im Kampf um Nistgelegenheiten töten Kohlmeisen regelmäßig andere Vögel, etwa Trauerschnäpper. In manchen Jahren erlegen sie annähernd zehn Prozent der Männchen dieser aus Afrika anreisenden Art, berichten niederländische Forscher im Fachmagazin „Current Biology“. Einen deutlichen Einfluss auf den Vogel-Konflikt hätten das Klima und der Klimawandel.

Die Kohlmeise (Parus major) ist die in Europa am weitesten verbreitete Meisenart. Die Vögel sind wenig wählerisch im Hinblick auf ihr Futter. Sie ernähren sich in der Regel von Insekten und anderen Kleintieren oder Samen und Nüssen.

Nur in Ausnahmefällen töten sie kleinere Vögel. „Während der Brutsaison können sie tatsächlich sehr aggressiv werden“, erläutert Jelmer Samplonius von der Universität Groningen, der das Verhalten der Vögel in einem Zehn-Jahres-Zeitraum zwischen 2007 und 2016 gemeinsam mit Christiaan Both erforscht hat.

Trauerschnäpper und Kohlmeisen konkurrieren um Nistgelegenheiten

Ein Trauerschnaepper in Katalonien.
Ein Trauerschnaepper in Katalonien. © imago/blickwinkel | M. Kuehn

Die Wissenschaftler hatten eine niederländische Population von Kohlmeisen in einem Studiengebiet untersucht, in dem etwa 1000 Nistboxen hingen. In dem Areal brüten auch Trauerschnäpper (Ficedula hypoleuca), die jedes Frühjahr aus Afrika anreisen. Beide Vogelarten konkurrieren sowohl um bestimmte Raupen als Nahrungsquelle als auch um Nistgelegenheiten.

Die Forscher erfassten unter anderem, wann die Vögel mit dem Nestbau begannen, wann die Trauerschnäpper anreisten und stellten dies in Zusammenhang mit den jeweiligen Klimabedingungen.

In der Brutsaison prüften die Wissenschaftler die Nistboxen regelmäßig auf das Vorhandensein von Eiern – und fanden dabei auch häufiger tote Trauerschnäpper in Kohlmeisen-Nestern, insgesamt 86-mal. „Wenn ein Trauerschnäpper eine Nistbox mit einer Kohlmeise darin betritt, hat er keine Chance“, sagt Samplonius. Die Meisen fügten den Eindringlingen schwere Kopfwunden zu.

Kohlmeisen passten sich an die Klimaveränderungen gut an

„Und es sieht so aus, als wenn die Kohlmeisen dann das Gehirn fressen.“ Außerhalb der Nistboxen steigen die Chancen der Trauerschnäpper im Konkurrenzkampf: Sie seien die besseren Flieger und verjagten die Kohlmeisen häufig beim Nestbau.

Die Frage, die die Forscher vor allem interessierte, war, inwieweit das Klima und der Klimawandel das Verhalten beeinflussen. „Beide Spezies müssen die Geburt ihrer Jungen mit dem Höhepunkt der Raupenverfügbarkeit koordinieren“, sagt Samplonius.

Den Vögeln ganz nah – Seltene Porträts

Ein Blaukehlchen („Luscinia svecica“) in seiner ganzen Schönheit und so nah, wie man diesem farbenfrohen Singvogel wohl selten kommt. Roine Magnusson zeigt in dem Bildband „Vögel ganz nah“ – erschienen im Sieveking Verlag (<a href=www.sieveking-verlag.de) – einzigartige Vogelporträts. Wir zeigen eine Auswahl. " title="Ein Blaukehlchen („Luscinia svecica“) in seiner ganzen Schönheit und so nah, wie man diesem farbenfrohen Singvogel wohl selten kommt. Roine Magnusson zeigt in dem Bildband „Vögel ganz nah“ – erschienen im Sieveking Verlag (www.sieveking-verlag.de) – einzigartige Vogelporträts. Wir zeigen eine Auswahl. " loading="lazy" />
Ein Blaukehlchen („Luscinia svecica“) in seiner ganzen Schönheit und so nah, wie man diesem farbenfrohen Singvogel wohl selten kommt. Roine Magnusson zeigt in dem Bildband „Vögel ganz nah“ – erschienen im Sieveking Verlag (www.sieveking-verlag.de) – einzigartige Vogelporträts. Wir zeigen eine Auswahl. © Aus: Vögel ganz nah, Sieveking Verlag 2018 | Roine Magnusson
Auch die Zwerggans („Anser erythropus“) gehört zu den über 30 europäischen Vogelarten, die in dem Bildband als Nahaufnahme präsentiert werden. Das Tier gehört zu den seltensten und gefährdeten Gänsearten Europas. Sie ist in Europa vom Aussterben bedroht und darf nicht gejagd werden.
Auch die Zwerggans („Anser erythropus“) gehört zu den über 30 europäischen Vogelarten, die in dem Bildband als Nahaufnahme präsentiert werden. Das Tier gehört zu den seltensten und gefährdeten Gänsearten Europas. Sie ist in Europa vom Aussterben bedroht und darf nicht gejagd werden. © Aus: Vögel ganz nah, Sieveking Verlag 2018 | Roine Magnusson
Auffälligstes Erkennungsmerkmal der Schwanzmeise („Aegithalos caudatus“) ist der neun Zentimeter lange namensgebende Schwanz. Bei einer Körperlänge von 14 Zentimetern durchaus beachtlich. Der Schwanz ist nicht etwa zur Zierde da, sondern dient als Balancierhilfe, während der Singvogel in den Zweigen seine Nahrung sucht.
Auffälligstes Erkennungsmerkmal der Schwanzmeise („Aegithalos caudatus“) ist der neun Zentimeter lange namensgebende Schwanz. Bei einer Körperlänge von 14 Zentimetern durchaus beachtlich. Der Schwanz ist nicht etwa zur Zierde da, sondern dient als Balancierhilfe, während der Singvogel in den Zweigen seine Nahrung sucht. © Aus: Vögel ganz nah, Sieveking Verlag 2018 | Roine Magnusson
Die aktuelle Rote Liste führt über 200 Arten als „vom Aussterben bedroht“ an, 461 Arten gelten als „stark gefährdet“ und weitere 786 als „gefährdet“. Der Stieglitz („Carduelis carduelis“) ist – derzeit – nicht gefährdet.
Die aktuelle Rote Liste führt über 200 Arten als „vom Aussterben bedroht“ an, 461 Arten gelten als „stark gefährdet“ und weitere 786 als „gefährdet“. Der Stieglitz („Carduelis carduelis“) ist – derzeit – nicht gefährdet. © Aus: Vögel ganz nah, Sieveking Verlag 2018 | Roine Magnusson
Fast jeder kennt sie: Die Amsel („Turdus merula“) mit ihrem gelbem Schnabel und ihrem braunen (Weibchen) beziehungsweise schwarzen (Männchen) Gefieder. Sie gehört der Familie der Drosseln an, die häufigste Vogelart Deutschlands überhaupt.
Fast jeder kennt sie: Die Amsel („Turdus merula“) mit ihrem gelbem Schnabel und ihrem braunen (Weibchen) beziehungsweise schwarzen (Männchen) Gefieder. Sie gehört der Familie der Drosseln an, die häufigste Vogelart Deutschlands überhaupt. © Aus: Vögel ganz nah, Sieveking Verlag 2018 | Roine Magnusson
Die Krickente („Anas crecca“), wunderbar von Roine Magnusson porträtiert.
Die Krickente („Anas crecca“), wunderbar von Roine Magnusson porträtiert. © Aus: Vögel ganz nah, Sieveking Verlag 2018 | Roine Magnusson
Der Sperlingskauz („Glaucidium passerinum“) gehört zur kleinsten in Mitteleuropa heimischen Eule. Die Autoren Asa und Mats Ottosson begleiten die Vogelporträts mit Texten aus Poesie und Ornithologie, angereichert mit persönlichen Erlebnissen unterschiedlichster Vogelliebhaber. „Keine anderen Mitgeschöpfe in der Natur können bei so vielen von uns die Neugier erwecken, das Herz erwärmen und den Puls beschleunigen. Niemand steht uns näher. Darüber wollen wir berichten: über den Vogelgesang, der Freude und Zuversicht verbreitet, den Vogelflug, der Träume von Freiheit weckt, über die Anwesenheit der Vögel, die Jahreszeiten und Landschaft Leben und Charakter verleihen.“ (S. 22)
Der Sperlingskauz („Glaucidium passerinum“) gehört zur kleinsten in Mitteleuropa heimischen Eule. Die Autoren Asa und Mats Ottosson begleiten die Vogelporträts mit Texten aus Poesie und Ornithologie, angereichert mit persönlichen Erlebnissen unterschiedlichster Vogelliebhaber. „Keine anderen Mitgeschöpfe in der Natur können bei so vielen von uns die Neugier erwecken, das Herz erwärmen und den Puls beschleunigen. Niemand steht uns näher. Darüber wollen wir berichten: über den Vogelgesang, der Freude und Zuversicht verbreitet, den Vogelflug, der Träume von Freiheit weckt, über die Anwesenheit der Vögel, die Jahreszeiten und Landschaft Leben und Charakter verleihen.“ (S. 22) © Aus: Vögel ganz nah, Sieveking Verlag 2018 | Roine Magnusson
Das Besondere am Rotkehlchen („Erithacus rubecula“) ist sein Gesang. Er beginnt etwa eine Stunde vor Sonnenaufgang und ist bis in die Dämmerung fast das ganze Jahr über zu hören. Die Art gilt derzeit als gefährdet.
Das Besondere am Rotkehlchen („Erithacus rubecula“) ist sein Gesang. Er beginnt etwa eine Stunde vor Sonnenaufgang und ist bis in die Dämmerung fast das ganze Jahr über zu hören. Die Art gilt derzeit als gefährdet. © Aus: Vögel ganz nah, Sieveking Verlag 2018 | Roine Magnusson
Die Mehlschwalbe („Delichon urbicum“), auch Stachel- oder Kirchschwalbe genannt, zählt zu den bekanntesten Vogelarten in Städten und Dörfern. Schon bei ihrer Wahl zum Vogel des Jahres 1974 wurde ihre Schutzbedürftigkeit erkannt. Dennoch konnte der insgesamt negative Bestandstrend bisher nicht aufgehalten werden.
Die Mehlschwalbe („Delichon urbicum“), auch Stachel- oder Kirchschwalbe genannt, zählt zu den bekanntesten Vogelarten in Städten und Dörfern. Schon bei ihrer Wahl zum Vogel des Jahres 1974 wurde ihre Schutzbedürftigkeit erkannt. Dennoch konnte der insgesamt negative Bestandstrend bisher nicht aufgehalten werden. © Aus: Vögel ganz nah, Sieveking Verlag 2018 | Roine Magnusson
Schon mal gefragt, warum der Buntspecht („Dendrocopos major“) beim Hämmern (bis zu 20 Mal pro Sekunde) keine Kopfschmerzen bekommt? Es liegt unter anderem an der hervorragenden Stoßdämpferverbindung zwischen Schnabel und Schädel. Außerdem liegt das Gehirn nicht direkt hinter dem Schnabel, sondern oberhalb, so dass die Wucht des Schlages nicht direkt darauf trifft.
Schon mal gefragt, warum der Buntspecht („Dendrocopos major“) beim Hämmern (bis zu 20 Mal pro Sekunde) keine Kopfschmerzen bekommt? Es liegt unter anderem an der hervorragenden Stoßdämpferverbindung zwischen Schnabel und Schädel. Außerdem liegt das Gehirn nicht direkt hinter dem Schnabel, sondern oberhalb, so dass die Wucht des Schlages nicht direkt darauf trifft. © Aus: Vögel ganz nah, Sieveking Verlag 2018 | Roine Magnusson
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Der Bildband „Vögel ganz nah“ ist im Sieveking Verlag erschienen. Er besteht aus 272 Seiten, 74 Abbildungen und kostet 35 Euro. © Aus: Vögel ganz nah, Sieveking Verlag 2018 | © Roine Magnusson
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Die gebe es dann, wenn die Bäume die ersten Blätter bilden – was wegen der steigenden Durchschnittstemperaturen in den vergangenen Jahren früher im Jahr passiert sei. Die Kohlmeisen passten sich an die Veränderungen gut an und zogen den Brutbeginn einfach vor, wie die Forscher berichten.

Auch die Trauerschnäpper reisten demnach früher an, allerdings war ihre Ankunft nicht mit den Temperaturen vor Ort korreliert. Besonders intensiv fielen die Konflikte aus, wenn sich die Brutzeiten beider Arten sehr lange überlappten. Das war etwa in kühleren Frühjahren der Fall, wenn die Kohlmeisen spät zu brüten begannen und die Trauerschnäpper bereits vor Ort waren.

Verspätete Männchen trifft es am härtesten

Auch nach milden Wintern gab es viele tödliche Auseinandersetzungen: Weil überdurchschnittlich viele Kohlmeisen die harte Jahreszeit überlebt hatten, gab es besonders viele Brutpaare – und einen entsprechend hohen Bedarf an Nistplätzen. In solchen Jahren starben in nur zwei Wochen 8,9 Prozent der Trauerschnäpper-Männchen unter den Krallen der Kohlmeisen.

Langfristig habe dies jedoch keine Auswirkungen auf die Größe der etwa 300 Brutpaare umfassenden Trauerschnäpper-Population in dem Areal gehabt, berichten die Wissenschaftler. „Wir stellten fest, dass die meisten getöteten Männchen solche waren, die spät in der Saison eintrafen. Diese späten Vögel finden häufig kein Weibchen zur Paarung, das könnte erklären, warum das Verhalten keinen Einfluss auf die Population hat“, sagt Samplonius.