Düsseldorf. Viele fanden ihn lustig, nannten ihn einen Volksmusikfuzzi. Doch Heino verkaufte in Deutschland trotzdem mehr Alben als die Beatles.

Regen, acht Grad, aber die Frisur sitzt. Pünktlich wie die Maurer betritt der blonde Mann mit dunkler Brille das Foyer eines Hotels in der Düsseldorfer Innenstadt. Dabei ist er gelernter Bäcker und Konditor. Vor allem aber ist er Sänger und zudem einer der bekanntesten im Land. Heinz Georg Kramm heißt er und jeder nennt ihn nur Heino. Am Donnerstag wird er 80.

Natürlich fragt man, wie es geht. „Danke, bestens“, antwortet Heino. Eine Behauptung, die er sofort durch einen kräftigen Händedruck und das mühelose Hinaufeilen einer 30-stufigen Treppe bestätigt. „Wer wird schon 80 in meiner Branche“, fragt er anschließend, ohne aus der Puste zu sein. Nicht jeder und viele von früher „sind ja auch schon von der Bildfläche verschwunden“.

Im Einzelfall bedauerlich, aber fast immer nachvollziehbar. „Was haben die gebechert“, sagt Heino. Er nicht. Auch heute bestellt er Mineralwasser zum Steak. „Ich muss ja morgen früh raus.“ Könnte er länger schlafen, vielleicht hätte er ein Glas Wein bestellt. „Keine Askese, aber Disziplin“, lautet das Motto.

In Deutschland mehr Platten verkauft als die Beatles

So hat er fast immer gelebt, seit Ralf Bendix ihn 1965 in Quakenbrück entdeckte. Schon die erste Single „Jenseits des Tales“ wird ein Hit, viele weitere folgen. In einer Zeit, in der unter jungen Menschen die Beatlemania grassiert, lässt Heino deren Eltern mit Volks- und Wanderliedern in Erinnerungen an ihre Wandervogelzeit schwelgen.

Der „Barde der Nation“ singt mit rollendem Rrrr und tiefem Bariton von blau blühendem Enzian, fordert „Komm in meinen Wigwam“ und bestellt bei Don Filippo, dem alten Spelunkenwirt, Whisky. Aber mit Karamba und Karacho.

Logisch, dass so einer polarisiert. „Selbst für die Branchenkollegen war ich der Volksmusikfuzzi“, erinnert sich Heino. Für die 68er, die auf die Straße gehen, ist er bestenfalls „von gestern“, er selber nennt sich „Sänger der schweigenden Mehrheit“.

Im Jahr 1977 in Zülpich, Nordrhein-Westfalen: Heino (r) rührt in einer Bäckerei in der Eifelgemeinde einen Teig an.
Im Jahr 1977 in Zülpich, Nordrhein-Westfalen: Heino (r) rührt in einer Bäckerei in der Eifelgemeinde einen Teig an. © dpa | Horst Ossinger

Gedankenlos mit rechtem Liedgut

Neben Heino wirke Freddy (Quinn) schon fast wie eine Type von der Reeperbahn, macht sich der „Spiegel“ lustig. Später parodiert ihn Blödel-Barde Otto Waalkes in seinem Film. „War mir alles wurscht“, sagt Heino und weist dezent darauf hin, dass er allem Hohn und Spott zum Trotz in Deutschland mehr Platten verkauft hat als die Beatles. Sollen die anderen ruhig lachen.

Er wehrt sich nur, wenn ihn jemand in die rechte Ecke drängen will. „Ich habe nie ein Lied der Nazis gesungen“, sagt er. Hat er auch nicht. Er hat aber Lieder gesungen, die die Nationalsozialisten im Dritten Reich auch gesungen haben. Vielleicht gedankenlos. „Was können denn die Lieder dafür?“, fragt er bis heute. Das kann man naiv nennen, reicht aber für Heino, um mit sich selbst im Reinen zu sein.

Die DSDS-Jurys von 2002 bis 2021

Diese vier bildeten die Jury der ersten DSDS-Staffel im Jahr 2002/2003: Thomas Stein (Geschäftsführer der Bertelsmann Music Group Europe), Musikjournalistin Shona Fraser, Produzent und Musiker Dieter Bohlen sowie Radiomoderator Thomas Bug. Sie kürten Alexander Klaws zum Sieger.
Diese vier bildeten die Jury der ersten DSDS-Staffel im Jahr 2002/2003: Thomas Stein (Geschäftsführer der Bertelsmann Music Group Europe), Musikjournalistin Shona Fraser, Produzent und Musiker Dieter Bohlen sowie Radiomoderator Thomas Bug. Sie kürten Alexander Klaws zum Sieger. © RTL | Stefan Gregorowius
Die zweite Staffel fand 2003/2004 statt. Die Jury blieb unverändert. Elli Erl gewann den Wettbewerb.
Die zweite Staffel fand 2003/2004 statt. Die Jury blieb unverändert. Elli Erl gewann den Wettbewerb. © RTL | Stefan Gregorowius
Aus vier macht drei: Dieter Bohlen blieb, Sylvia Kollek (Marketingmanagerin) und Heinz Henn (Unternehmer im Bereich der Musikindustrie) bildeten die Jury der dritten Staffel, die von 2005 bis 2006 ausgestrahlt wurde. Tobias Regner ging als Sieger hervor.
Aus vier macht drei: Dieter Bohlen blieb, Sylvia Kollek (Marketingmanagerin) und Heinz Henn (Unternehmer im Bereich der Musikindustrie) bildeten die Jury der dritten Staffel, die von 2005 bis 2006 ausgestrahlt wurde. Tobias Regner ging als Sieger hervor. © RTL | Stefan Gregorowius
Die vierte Staffel von DSDS: 2007 bewerteten Chef-Juror Dieter Bohlen und wiederholt Heinz Henn die Kandidaten. Sylvia Kollek wurde durch die Künstler- und Musikmanagerin Anja Lukaseder ersetzt. Mark Medlock gewann die Staffel.
Die vierte Staffel von DSDS: 2007 bewerteten Chef-Juror Dieter Bohlen und wiederholt Heinz Henn die Kandidaten. Sylvia Kollek wurde durch die Künstler- und Musikmanagerin Anja Lukaseder ersetzt. Mark Medlock gewann die Staffel. © RTL | Stefan Gregorowius
Dieter Bohlen und Sylvia Kollek bildeten gemeinsam mit dem Manager der Fantastischen Vier, Andreas „Bär“ Läsker, die Jury der fünften Staffel. Thomas Godoj ging 2008 als Sieger hervor.
Dieter Bohlen und Sylvia Kollek bildeten gemeinsam mit dem Manager der Fantastischen Vier, Andreas „Bär“ Läsker, die Jury der fünften Staffel. Thomas Godoj ging 2008 als Sieger hervor. © RTL | Stefan Gregorowius
Die DSDS-Jury der sechsten Staffel (2009): Dieter Bohlen, Ex-MTV-Moderatorin und Schauspielerin Nina Eichinger und Musikmanager Volker Neumüller. Damals heimste Sänger Daniel Schuhmacher den Sieg ein.
Die DSDS-Jury der sechsten Staffel (2009): Dieter Bohlen, Ex-MTV-Moderatorin und Schauspielerin Nina Eichinger und Musikmanager Volker Neumüller. Damals heimste Sänger Daniel Schuhmacher den Sieg ein. © RTL | Stefan Gregorowius
Neue Staffel, alte Jury. 2010 gewann Mehrzad Marahi die siebte Staffel.
Neue Staffel, alte Jury. 2010 gewann Mehrzad Marahi die siebte Staffel. © RTL | Stefan Gregorowius
2011 ging die achte Staffel an den Start: Die Jury bestand aus Dieter Bohlen, der Sängerin Fernanda Brandão und Sänger Patrick Nuo. Sie gratulierten zum Schluss Pietro Lombardi zum Sieg.
2011 ging die achte Staffel an den Start: Die Jury bestand aus Dieter Bohlen, der Sängerin Fernanda Brandão und Sänger Patrick Nuo. Sie gratulierten zum Schluss Pietro Lombardi zum Sieg. © RTL | Stefan Gregorowius
Choreograf Bruce Darnell und Sängerin Natalie Horler unterstützten Dieter Bohlen in der neunten Staffel 2012. Im Finale konnte sich Luca Hänni durchsetzen.
Choreograf Bruce Darnell und Sängerin Natalie Horler unterstützten Dieter Bohlen in der neunten Staffel 2012. Im Finale konnte sich Luca Hänni durchsetzen. © RTL | Stefan Gregorowius
Und da waren es wieder vier: Neben Dieter Bohlen bewerteten die Tokio-Hotel-Zwillinge Bill (2.v.l.) und Tom Kaulitz die Kandidaten der zehnten Staffel. Und auch der Sänger der Band Culcha Candela, Mateo „Itchyban“ Jaschik, saß 2013 am Jurypult. Siegerin war Beatrice Egli.
Und da waren es wieder vier: Neben Dieter Bohlen bewerteten die Tokio-Hotel-Zwillinge Bill (2.v.l.) und Tom Kaulitz die Kandidaten der zehnten Staffel. Und auch der Sänger der Band Culcha Candela, Mateo „Itchyban“ Jaschik, saß 2013 am Jurypult. Siegerin war Beatrice Egli. © RTL | Stefan Gregorowius
Die Jurymitglieder der elften Staffel: Schlagersängerin Marianne Rosenberg, Mia- Frontfrau Mieze Katz, Rapper Kay One und der Ex von Verona Pooth - Dieter Bohlen. Aneta Sablik ging als Siegerin hervor.
Die Jurymitglieder der elften Staffel: Schlagersängerin Marianne Rosenberg, Mia- Frontfrau Mieze Katz, Rapper Kay One und der Ex von Verona Pooth - Dieter Bohlen. Aneta Sablik ging als Siegerin hervor. © RTL | Stefan Gregorowius
Heino, der Schweizer DJ Antoine und Sängerin Mandy Capristo unterstützten Chef-Juror Bohlen während der zwölften Staffel. Severino Seeger gewann 2015 das Staffelfinale.
Heino, der Schweizer DJ Antoine und Sängerin Mandy Capristo unterstützten Chef-Juror Bohlen während der zwölften Staffel. Severino Seeger gewann 2015 das Staffelfinale. © RTL | Stefan Gregorowius
2016 saßen Scooter-Frontmann H.P. Baxxter, die Sängerinnen Vanessa Mai und Michelle sowie Dieter Bohlen in der Jury der 13. DSDS-Staffel. Sieger wurde Prince Damien Ritzinger.
2016 saßen Scooter-Frontmann H.P. Baxxter, die Sängerinnen Vanessa Mai und Michelle sowie Dieter Bohlen in der Jury der 13. DSDS-Staffel. Sieger wurde Prince Damien Ritzinger. © RTL | Stefan Gregorowius
Die 14. DSDS- Jury: H.P. Baxxter, YouTuberin Shirin David, Michelle und Dieter Bohlen. Alphonso Williams gewann die Staffel.
Die 14. DSDS- Jury: H.P. Baxxter, YouTuberin Shirin David, Michelle und Dieter Bohlen. Alphonso Williams gewann die Staffel. © RTL | Stefan Gregorowius
Im Januar 2018 ging die RTL-Castingshow „Deutschland sucht den Superstar“ in die 15. Runde. In der Jury saßen Produzent und DJ Mousse T., Glasperlenspiel-Frontfrau Carolin Niemczyk, Schlagersängerin Ella Endlich und DSDS-Urgestein Dieter Bohlen. Die 16-jährige Marie Wegener gewann.
Im Januar 2018 ging die RTL-Castingshow „Deutschland sucht den Superstar“ in die 15. Runde. In der Jury saßen Produzent und DJ Mousse T., Glasperlenspiel-Frontfrau Carolin Niemczyk, Schlagersängerin Ella Endlich und DSDS-Urgestein Dieter Bohlen. Die 16-jährige Marie Wegener gewann. © MG RTL D | Stefan Gregorowius
In Staffel 16 saßen Dieter Bohlen, der einstige DSDS-Sieger Pietro Lombardi,
In Staffel 16 saßen Dieter Bohlen, der einstige DSDS-Sieger Pietro Lombardi, "Let's Dance"-Star Oana Nechiti und Musiker Xavier Naidoo am Jurypult. Gewinner war Davin Herbrüggen. © Getty Images | Andreas Rentz
In der 17. Staffel 2020 blieb die Jury zunächst unverändert: Dieter Bohlen, Pietro Lombardi, Oana Nechiti und Xavier Naidoo kamen wieder zusammen. Später wurde Naidoo aufgrund von Rassismus-Vorwürfen durch Schlagerstar Florian Silbereisen ersetzt. Ramon Roselly konnte den Wettbewerb für sich entscheiden.
In der 17. Staffel 2020 blieb die Jury zunächst unverändert: Dieter Bohlen, Pietro Lombardi, Oana Nechiti und Xavier Naidoo kamen wieder zusammen. Später wurde Naidoo aufgrund von Rassismus-Vorwürfen durch Schlagerstar Florian Silbereisen ersetzt. Ramon Roselly konnte den Wettbewerb für sich entscheiden. © dpa | Peter Kneffel
Auch in der aktuellen DSDS-Staffel mussten Jury-Mitglieder ausgetauscht werden. Dieter Bohlen, Maite Kelly und Mike Singer mussten sich zunächst von Michael Wendler verabschieden - der Sänger verbreitete Verschwörungsthesen bezüglich der Corona-Politik. Das Halbfinale und Finale findet auch ohne Bohlen statt - er wird krankheitsbedingt durch Thomas Gottschalk ersetzt. Der Sieger wird am 3. April gekürt.
Auch in der aktuellen DSDS-Staffel mussten Jury-Mitglieder ausgetauscht werden. Dieter Bohlen, Maite Kelly und Mike Singer mussten sich zunächst von Michael Wendler verabschieden - der Sänger verbreitete Verschwörungsthesen bezüglich der Corona-Politik. Das Halbfinale und Finale findet auch ohne Bohlen statt - er wird krankheitsbedingt durch Thomas Gottschalk ersetzt. Der Sieger wird am 3. April gekürt. © TVNOW / Stefan Gregorowius
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Seit dem neuen Album hören ihn auch Jüngere

Heino schiebt den leer gegessenen Teller zur Seite. „Ich habe alles, was ich will“, sagt er. Selbst die Augen sind nach einer OP seit Jahren wieder in Ordnung. Er müsste keine dunkle Brille mehr tragen, er tut es trotzdem. „Ist ja ein Markenzeichen geworden.“

Des Geldes wegen singt er schon lange nicht mehr. Er will einfach auf der Bühne stehen. Dafür probiert er vieles aus. „Mit freundlichen Grüßen“ heißt das vor fünf Jahren veröffentlichte Album mit Coverversionen bekannter Rock- und Popsongs, das ihm erstmals in seiner Karriere den ersten Platz in den Charts beschert. Und eine Tour, auf der er – als Rockerparodie ganz in Schwarz – in Hallen auftritt, die nicht bestuhlt sind.

Vor jungen Leuten, die ihn bis dahin stets verlacht haben, nun aber beklatschen und seitdem stehen bleiben, wenn sie ihn sehen, und fragen: „Können wir mal zusammen ein Foto machen?“ Können sie. Autogramm noch dazu? „Ich freue mich doch, wenn die Leute kommen. Ohne sie wäre ich nichts.“

„... und Tschüss“ – ob das wirklich sein letztes Album ist?
„... und Tschüss“ – ob das wirklich sein letztes Album ist? © dpa

„Die finden mich geil“

Er glaubt nicht, dass die Jüngere ihn nur witzig finden, er glaubt, dass sie auch seine Sangeskunst zu schätzen wissen. „Die finden mich geil.“ Im März geht er deshalb wieder auf Tournee. „Rocktournee“, präzisiert er. Lieder seiner neuen CD „... und Tschüss“ wird er dabei spielen, wieder meist Coverversionen. „Zum letzten Mal“ werde er live singen, hat er verkündet, denn: „Ich will ja nicht irgendwann mal von der Bühne fallen.“ Jetzt sagt er: „Eigentlich muss ich mich ja auch noch von den Volksmusik-Fans verabschieden.“ Mal sehen.

Zunächst wird Geburtstag gefeiert. Im großen Stil, in kleinem Kreis? Heino lacht. Hannelore, mit der er seit fast 40 Jahren verheiratet ist und die ihm auf der neuen CD „Für dich soll’s rote Rosen regnen“ wünscht, hat da was geplant. „Ich weiß nicht was.“ Er weiß nur, dass er wegfährt. Bis Mitte Januar. „Ich lass mich einfach überraschen.“

Überhaupt macht der Mann den Eindruck, als ruhe er in sich selbst. Einer, der niemandem mehr etwas beweisen muss, außer sich selbst vielleicht. Jemand ohne große Wünsche, der sich seine Träume längst erfüllt hat und den größten davon noch immer lebt: Heino zu sein.