Berlin. Via Instagram gewinnen viele einsame Orte an Popularität. Nicht selten ist die Folge, dass ihnen die Liebenswürdigkeit geraubt wird.
- Ob in Südtirol, Norwegen oder Peru – überall gibt es Instagram-taugliche Orte
- Viele von ihnen waren früher entlegen und einsam und sind nun von Touristen überrannt
- Diese fünf Orte waren früher noch ein Geheimtipp
Entlegene Strände, einsame Inseln, stille Orte in den Bergen – für das perfekte Instagram-Foto pilgern immer mehr Menschen an abgelegene Orte und verhelfen ihnen mit einem Post in den sozialen Medien zu ungeahnter Popularität.
Viele Blogger und Instagramer nutzen ihre Reichweite, um andere Nutzer zu Reisen an Orte mit einer hohen „Instagramability“, einer hohen Instagram-Tauglichkeit, zu inspirieren.
Doch das hat nicht immer positive Folgen, denn Gegenden, die früher einmal ein Naturschauspiel boten, sind heute oft völlig von Touristen überrannt. Touristen, die Lärm und Müll machen, dem Ort letztlich das rauben, was ihn ausgemacht hat.
Instagram sorgt für Massentourismus
Diese fünf Orte waren früher einmal ein Geheimtipp und unterliegen heute dem Fluch des Instagram-Erfolgs:
1. Der Pragser Wildsee, Südtirol
Der Pragser Wildsee, auf Italienisch Lago di Braies, war einmal eine Oase inmitten der Südtiroler Alpen: türkisblaues, kristallklares Wasser und kleine Fischerboote, eingefasst von einer Bergkette.
Diese Idylle ist allerdings längst Geschichte. Eine Suche bei Instagram unter dem Hashtag #lagodibraies ergibt mittlerweile 150.000 Treffer – und jeden Tag kommen neue dazu.
2. Bogle Seeds, Kanada
Hinter dem Hashtag #BogleSeeds verbirgt sich ein Sonnenblumen-Feld in Kanada – zugegeben, ein besonders schönes Sonnenblumenfeld. Doch der Wunsch, diesen Ort zu besuchen, nahm bald unkontrollierbare Ausmaße an. Der Besitzer des Grundstückes, der kanadische Landwirt Brad Bogle, spricht gar von einer „Zombie-Apokalypse“, wie „The Globe and Mail“ berichtet.
Nach einem Post der Instagramerin Fruitypopoppin (1,3 Mio. Abonnenten) auf dem Sonnenblumenfeld ließen sich Tausende von dem schönen Anblick begeistern. „Und dann kam ganz Toronto“, erzählt der Landwirt der kanadischen Zeitung.
An einem Samstagnachmittag hätten Polizisten das Verkehrsaufkommen an der Farm auf 7000 Autos geschätzt. Der Landwirt beschloss daraufhin, das Sonnenblumenfeld für Besucher zu schließen und ein Fotoverbot zu verhängen.
3. Verzascatal, Schweiz
Ähnliche Schlagkraft hatte auch das Video eines italienischen Bloggers über das Verzascatal in der Schweiz. Mario Capredi alias Capedit bezeichnete das Tessiner Verzascatal als „Malediven Mailands“. Die Gegend mutierte danach zu einem regelrechten Instagram-Wallfahrtsort, einige Dörfer erlebten eine kaum zu bewältigende Besucherwelle.
Lokale Medien berichteten von kilometerlangen Staus, wild parkenden Fahrzeugen und Müllbergen. Anwohner waren von den vielen Besuchern schnell genervt, die sich vor grünem Wasser und der bekannten Bogenbrücke in Szene setzen wollten.
4. Trolltunga, Norwegen
Hinter dem norwegischen Namen Trolltunga (deutsch „Die Trollzunge“) verbirgt sich ein rund zehn Meter langer horizontaler Felsvorsprung, der 700 Meter hoch (!) über einem Stausee nordöstlich von Odda liegt.
Steht man auf diesem Felsvorsprung blickt man auf ein beeindruckendes Tal aus Bergen – ein perfekter Ort für ein eindrucksvolles Instagram-Foto. Allein ist man an diesem Ort allerdings schon lange nicht mehr, wie das Portal watson berichtet.
Im Jahr 2016 seien dort 100.000 Besucher gezählt worden, die meist in einer langen Schlange darauf warten, um auf dem Fels posieren zu können.
So schön eine Aufnahme darauf allerdings auch sein mag, die Aktion ist keinesfalls ungefährlich: Die „Trollzunge“ ist an ihrer Spitze sehr schmal und dünn, 2015 stürzte ein australischer Student in den Tod. Daraufhin hatte eine Tourismusagentur die Aktion #BeSafie geboren.
5. Vinicunca (Rainbow Mountain), Peru
Ein gutes Beispiel dafür, wie schnell ein entlegener Ort sich zur Instagram-Attraktion entwickeln kann, ist auch der Vinicunca in Peru, wegen seiner farbigen Kuppel aus Eisenrot, Schwefelgelb und Kupfergrün auch Rainbow-Mountain genannt.
Ein peruanischer Bergführer erinnert sich gegenüber „Spiegel Online“: „Die paar Peruaner, die in den kleinen Dörfern der Region lebten und von der Magie des Gebirgszuges wussten, haben den Vinicunca einfach Vinicunca sein lassen.“
Doch das war einmal: 2017 pilgerten bereits rund 600 Touristen täglich in 5200 Meter Höhe. Für ein perfektes Instagram-Bild sind sich viele offenbar auch nicht zu schade, einen Aufstieg von mindestens drei Stunden auf sich zu nehmen. (alka)