Berlin. Das letzte Baumhaus von Kohlegegnern ist geräumt. Nun wird ein Graben um den Hambacher Forst gezogen. Grüne hoffen auf Kurswechsel.

Die Polizei hat das letzte Baumhaus von Kohlegegnern im Hambacher Forst geräumt. Das teilte am Dienstag eine Sprecherin der Polizei mit. Das NRW-Bauministerium hatte dem Kreis Düren und der Stadt Kerpen die Weisung erteilt, die Baumhäuser am Tagebau aus Sicherheitsgründen zu entfernen.

Damit endet eine langwierige, oft komplizierte und in einem Fall tödliche Räumung. In den vergangenen Wochen war heftig in dem Bereich protestiert worden. Ein Journalist war aus einem Baum gestürzt und gestorben. Hunderte hatten gegen die Rodung des Waldstückes demonstriert.

RWE zieht nun einen Graben um den Hambacher Forst

Nach der Räumung des letzten Baumhauses zieht der Energiekonzern RWE Seil und Flatterband sowie einen Graben um den Hambacher Forst. Die Arbeiten dazu hätten bereits begonnen, sagte RWE-Sprecher Guido Steffen am Dienstag. „Wir werden es nicht dulden, dass Leute – nachdem die Räumung ja offenbar heute abgeschlossen wird – da eindringen und den Wald wieder besetzen.“

Hambacher Forst: Kampf um die Rodung

Nordrhein-Westfalen, Kerpen: Ein Journalist war am 19. September im Hambacher Forst abgestürzt und gestorben. Seither ruhte die Räumung, jetzt soll sie weitergehen. Auch die Gegendemonstranten sind trotz Regen und Sturm wieder oder noch da.
Nordrhein-Westfalen, Kerpen: Ein Journalist war am 19. September im Hambacher Forst abgestürzt und gestorben. Seither ruhte die Räumung, jetzt soll sie weitergehen. Auch die Gegendemonstranten sind trotz Regen und Sturm wieder oder noch da. © dpa | Christophe Gateau
Sturmtief „Fabienne“ setzt auch den Demonstranten zu, sie versuchen Barrikaden gegen Räumungsfahrzeuge zu errichten.
Sturmtief „Fabienne“ setzt auch den Demonstranten zu, sie versuchen Barrikaden gegen Räumungsfahrzeuge zu errichten. © REUTERS | WOLFGANG RATTAY
Seit Montag, 24. September steht fest: Die Räumung geht weiter. Sie war zuvor aufgrund des tödlichen Unfalles ausgesetzt worden.
Seit Montag, 24. September steht fest: Die Räumung geht weiter. Sie war zuvor aufgrund des tödlichen Unfalles ausgesetzt worden. © REUTERS | WOLFGANG RATTAY
„Fabienne“ setzt den Demonstranten zu.
„Fabienne“ setzt den Demonstranten zu. © dpa | Christophe Gateau
Ein Teilnehmer spielt im Regen Klavier und protestiert friedlich sowohl gegen Rodung als auch Räumung des Forstes.
Ein Teilnehmer spielt im Regen Klavier und protestiert friedlich sowohl gegen Rodung als auch Räumung des Forstes. © dpa | Christophe Gateau
Blumen am Gedenkort für den abgestürzten und verstorbenen Journalisten. Er war am Mittwoch, 19. September von einer Baumbrücke mehrere Meter tief gestürzt und kurze Zeit später gestorben. Der Unfall war nicht während einer Räumung passiert.
Blumen am Gedenkort für den abgestürzten und verstorbenen Journalisten. Er war am Mittwoch, 19. September von einer Baumbrücke mehrere Meter tief gestürzt und kurze Zeit später gestorben. Der Unfall war nicht während einer Räumung passiert. © dpa | Henning Kaiser
Zwei Wochen zuvor: Mehrere tausend Demonstranten hatten gegen die geplante Rodung demonstriert, nachdem angekündigt worden war, dass die Baumhäuser geräumt werden sollen.
Zwei Wochen zuvor: Mehrere tausend Demonstranten hatten gegen die geplante Rodung demonstriert, nachdem angekündigt worden war, dass die Baumhäuser geräumt werden sollen. © dpa | Christophe Gateau
Bei sommerlichen Temperaturen blockierten Teilnehmer eine Landstraße.
Bei sommerlichen Temperaturen blockierten Teilnehmer eine Landstraße. © dpa | Henning Kaiser
Begleitet wurde der Demonstrationszug von Blasmusik. Die Demonstranten konnten nur über Äcker und Wege am Rande des Waldes laufen.
Begleitet wurde der Demonstrationszug von Blasmusik. Die Demonstranten konnten nur über Äcker und Wege am Rande des Waldes laufen. © dpa | Henning Kaiser
Auf einem gerodeten Teil des Forstes wollten sie neue Baumsetzlinge anpflanzen.
Auf einem gerodeten Teil des Forstes wollten sie neue Baumsetzlinge anpflanzen. © dpa | Henning Kaiser
Der Wald selbst, in dem Baumhäuser geräumt werden sollten, wurde von der Polizei abgesperrt. Einsatzkräfte seilen sich ab.
Der Wald selbst, in dem Baumhäuser geräumt werden sollten, wurde von der Polizei abgesperrt. Einsatzkräfte seilen sich ab. © dpa | Henning Kaiser
39 von den rund 50 Baumhäuser wurden inzwischen geräumt.
39 von den rund 50 Baumhäuser wurden inzwischen geräumt. © REUTERS | WOLFGANG RATTAY
In der Nacht zu Sonntag war es der Feuerwehr gelungen, zwei Aktivisten aus einem Tunnelsystem zu holen. Sie verließen die unterirdischen Gänge schließlich freiwillig.
In der Nacht zu Sonntag war es der Feuerwehr gelungen, zwei Aktivisten aus einem Tunnelsystem zu holen. Sie verließen die unterirdischen Gänge schließlich freiwillig. © dpa | Christophe Gateau
Die Polizei bewachte den Einsatzort.
Die Polizei bewachte den Einsatzort. © dpa | Christophe Gateau
Andere Aktivisten wurden in Gewahrsam genommen.
Andere Aktivisten wurden in Gewahrsam genommen. © dpa | Christophe Gateau
Am Samstag verhinderten Polizisten auf Pferden das Eindringen von Demonstranten in das „Gefahrengebiet Hambacher Forst“.
Am Samstag verhinderten Polizisten auf Pferden das Eindringen von Demonstranten in das „Gefahrengebiet Hambacher Forst“. © dpa | Henning Kaiser
Die Demonstranten versuchten immer wieder auf das Gelände zu kommen.
Die Demonstranten versuchten immer wieder auf das Gelände zu kommen. © dpa | Henning Kaiser
Rund 500 Menschen folgten am Samstag einem Demonstrationsaufruf der Aktion Unterholz und wollten gegen die Rodung protestieren.
Rund 500 Menschen folgten am Samstag einem Demonstrationsaufruf der Aktion Unterholz und wollten gegen die Rodung protestieren. © dpa | Henning Kaiser
Aktivisten hingen aus Protest an einer Anlage auf dem Gelände des Braunkohlekraftwerks Niederaußem.
Aktivisten hingen aus Protest an einer Anlage auf dem Gelände des Braunkohlekraftwerks Niederaußem. © dpa | Henning Kaiser
Zwei Spezialeinsatzkräfte der Polizei versuchen das Dach eines Baumhauses zu entfernen.
Zwei Spezialeinsatzkräfte der Polizei versuchen das Dach eines Baumhauses zu entfernen. © dpa | Christophe Gateau
1/20

RWE werde das mit Hilfe der Polizei durchsetzen. Das Unternehmen sei mitten in den Vorbereitungen zu den Rodungen. „Aber wir sagen nicht, wann wir beginnen“, betont Steffen. Die Umfriedung ist nach einem früheren Gerichtsurteil Voraussetzung dafür, dass ein widerrechtliches Eindringen als Hausfriedensbruch geahndet werden kann.

Gerichtsentscheid bremst die Abholzung noch aus

RWE will einen großen Teil des verbliebenen Waldes für den Braunkohletagebau Hambach roden. Eigentlich hätte das Unternehmen schon ab dem 1. Oktober mit dem Abholzen beginnen können. Aber wegen einer noch ausstehenden Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Münster zur Rechtmäßigkeit der Rodungen hatte der Konzern eine Stillhaltezusage bis längstens 14. Oktober abgegeben.

Der Hambacher Wald muss nach Worten von NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) unabhängig von der Entscheidung der Kohlekommission gefällt werden. Die genauen Pläne sind geheim. „Im Hambacher Forst wird der Eindruck erweckt, als könnte man diesen Wald retten durch das Votum der Kohlekommission. Dieser Eindruck ist einfach falsch“, sagte Laschet der in Berlin erscheinenden „taz am Wochenende“.

RWE-Chef widerspricht Rettungshoffnung – Grüne sehen das anders

RWE-Chef Rolf Martin Schmitz sagte dem „Kölner Stadt-Anzeiger“: „Der Hambacher Forst ist nicht zu retten, egal was die Kohlekommission entscheidet.“ Das von der Bundesregierung eingesetzte Gremium verhandelt derzeit über den Zeitplan für einen Kohleausstieg.

Die nordrhein-westfälischen Grünen sehen dagegen noch Chancen auf Rettung und auf weitere Umsiedlungen für den Tagebau Garzweiler II zu verzichten. Zwar habe der Energiekonzern RWE die Rechtsgrundlage für die Rodungen und für den Kohleabbau, sagte Grünen-Landtagsfraktionschefin Monika Düker am Dienstag in Düsseldorf.

Umweltschützer blockieren NRW-Landesvertretung

weitere Videos

    „Es ist aber kein Zwang, das durchzusetzen.“ Die laufenden Beratungen der Bundes-Kommission für das Ende der Kohleverstromung in Deutschland machten neue Leitentscheidungen notwendig, sagte die Grünen-Politikerin.

    Grüne fordert Landesregierung zu Einflussnahme auf

    In einem Antrag für die Landtagssitzungen in der kommenden Woche fordert die Grünen-Fraktion die Landesregierung auf, Einfluss auf RWE zu nehmen, mindestens bis zum Abschluss der Kohlekommission auf eine Rodung des Hambacher Walds zu verzichten. Gleichzeitig sei eine neue Leitentscheidung mit einer drastischen Reduzierung der Kohleförderung zur Einhaltung der Klimaziele vorzubereiten. RWE hat einen Verzicht allerdings schon ausgeschlossen und bereitet die Rodungen vor.

    Wissenschaftlichen Studien zufolge könnte sich Deutschland ab 2030 sicher und kohlefrei mit Energie versorgen, argumentierte Düker. „Für die Tagebaue Garzweiler und Hambach würden diese Ausstiegsszenarien bedeuten, dass weniger als 20 Prozent der verfügbaren Fördermenge benötigt würde“, heißt es im Beschluss der Grünen-Fraktion. „In der Folge müssten weder weitere Ortschaften umgesiedelt noch müsste der Hambacher Wald gerodet werden.“ Es gebe aber auch Studien, die zu anderen Ergebnissen kommen. (dpa/ses)