Hamburg. Ein psychisch Kranker überschüttet in Hamburg drei Menschen mit brennbarer Flüssigkeit und entzündet das Gemisch. Ein Opfer stirbt.

In einem Hamburger Mietshaus spielen sich am Montagvormittag dramatische Szenen ab: Weil er zwangsweise in die Psychiatrie eingewiesen werden soll, dreht ein 28-Jähriger durch und übergießt sich und Amtsmitarbeiter mit einer brennbaren Flüssigkeit, die er in Brand setzt. Die Folgen sind verheerend: Einer der Beamten (50) des Bezirksamtes Altona stirbt an seinen schweren Verletzungen.

Die explosionsartige Entzündung, die drei der vier Männer lebensgefährlich verletzt, setzt auch das Gebäude in Brand. Die Flammen ziehen vom Balkon der Wohnung bedrohlich weiter. Die Mordkommission hat die Ermittlungen aufgenommen.

Der Anblick ist auch für die anrückenden Feuerwehrleute schwer zu ertragen, überall Feuer und trauernde Menschen. Auf der Grünfläche vor dem Mietshaus beugen sich Notärzte über drei Menschen mit schwarz verbrannter Haut, dem 50-Jährigen können sie nicht mehr helfen. Kleidungsstücke liegen verstreut herum, Helikopter dröhnen über der Szenerie. Die Wohnung im dritten Obergeschoss des Mehrfamilienhauses spuckt noch immer Qualm in den Himmel.

Routineeinsatz endet dramatisch

Es ist 11.30 Uhr am Montagmorgen und das tragische Ende dessen, was kaum 30 Minuten vorher als Routineeinsatz des Bezirksamtes begann. Der 50-Jährige und sein 59-jähriger Kollege können nichts von der Bedrohung ahnen, als sie sich zu Tim D. begeben. Sie sind erfahrene Mitarbeiter. Sie sind seit mehr als zehn Jahren beim Zuführungsdienst, der beim Bezirksamt Altona angesiedelt ist.

Es ist kein leichter Job, heißt es von der Behörde. Sie hätten häufig mit irrational handelnden Personen zu tun. „Aber in den vergangenen Jahren hat es keine Fälle von exzessiver Gewalt gegeben“, sagt der Sprecher des Bezirksamtes in Altona. Auch der 50-Jährige durchläuft regelmäßig Fortbildungen, ist eine Fachkraft darin, in Konfliktsituationen die Ruhe zu bewahren und deeskalierend zu wirken.

Der 58-jährige Betreuer von Tim D. soll die Beamten begleiten. Er ist vom Gericht bestellt worden, hat den psychisch kranken 28-Jährigen beobachtet. Tim D. wohnt in dem Mehrfamilienhaus seit Längerem zur Miete. Weil sich sein Zustand immer weiter verschlechterte, wurde nun die Einweisung in eine geschlossene Einrichtung von einem Richter angeordnet.

Stichflamme setzt die Opfer in Brand

Eine Risikoanalyse und die Befragung des Betreuers ergeben jedoch, dass er nicht zur Gewalt gegen sich oder andere neigt und offenbar auch nicht akut suizidgefährdet ist. Er ist der Polizei nie wegen Straftaten aufgefallen.

Die drei Männer klingeln an der Tür von Tim D., er lässt sie ins Treppenhaus und erwartet sie an seiner Wohnung im dritten Stock bereits. Dann nimmt das Drama seinen Lauf: Er schüttet eine brennbare Flüssigkeit über seinen Betreuer und die Beamten. Dann kommt es zu einer Verpuffung, eine Stichflamme setzt die Einrichtung seiner Wohnung und die Opfer in Brand.

Der 50-Jährige läuft instinktiv die Treppen zurück nach unten, ins Freie, er läuft noch knapp 30 Meter, ehe er auf der Grünfläche vor dem Haus zusammenbricht. Dort erliegt er kurze Zeit später seinen schweren Verletzungen. Sein Kollege springt ebenso wie Tim D. vom Balkon, aus dem dritten Stockwerk in die Tiefe. Sie erleiden ein Inhalationstrauma und Verbrennungen zweiten und dritten Grades an bis zu 15 Prozent ihres Körpers, wie die Feuerwehr später notiert.

Mitarbeiter trauern um den verstorbenen Kollegen

Im Bezirksamt informiert die Leitung alle etwa 20 Mitarbeiter des Verstorbenen, will sie zusammenrufen, um gemeinsam über die entsetzliche Tat zu sprechen, um ihren verstorbenen Kollegen zu trauern und um das Leben des Schwerverletzten zu bangen. Wenn es nötig sein soll, werde auch ein seelsorgerischer Beistand eingerichtet.

Die Schockwellen der Tat reichten am Montagnachmittag bis in das Hamburger Rathaus. „Den Angehörigen des getöteten Mitarbeiters des Bezirksamtes Altona spreche ich mein tiefes Mitgefühl und Beileid aus“, sagte Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD).

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Anmerkung der Redaktion: Aufgrund der hohen Nachahmerquote berichten wir in der Regel nicht über Suizide oder Suizidversuche, außer sie erfahren durch die Umstände besondere Aufmerksamkeit. Wenn Sie selbst unter Stimmungsschwankungen, Depressionen oder Selbstmordgedanken leiden oder Sie jemanden kennen, der daran leidet, können Sie sich bei der Telefonseelsorge helfen lassen. Sie erreichen sie telefonisch unter 0800/111-0-111 und 0800/111-0-222 oder im Internet auf www.telefonseelsorge.de. Die Beratung ist anonym und kostenfrei, Anrufe werden nicht auf der Telefonrechnung vermerkt.