Washington. Am Freitag soll Wirbelsturm „Florence“ die US-Küste erreichen. Experten erwarten gefährliche Springfluten und sintflutartigen Regen.

Alexander Gerst musste ein besonders leistungsstarkes Weitwinkel-Objektiv vor seine Kamera schrauben, um „Florence“ in ihrer ganzen beängstigenden Größe einzufangen. Was Deutschlands Astronaut auf der Raumstation ISS gestern aus 400 Kilometer Höhe knipste und via Twitter zur Erde schickte, jagte dem mit Wetter-Phänomenen vertrauten Künzelsauer einen Schauer über den Rücken. „Macht euch bereit“ an der amerikanischen Ost-Küste, schrieb Gerst, „da kommt – kein Witz – ein Alptraum auf euch zu.“

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Wenn die Meteorologen im Nationalen Hurrikan-Zentrum (NHC) in Florida richtig kalkuliert haben, dann wird der bislang in Kategorie 4 eingestufte Wirbelsturm spätestens am Freitagmorgen (Ortszeit) die Ost-Küste zwischen Charleston (South-Carolina) und Norfolk (Virginia) erreichen – und das möglicherweise mit Windgeschwindigkeiten über 200 Kilometern in der Stunde.

Springfluten bis zu vier Meter Höhe, extremer Wellengang und sintflutartige Regenfälle, die Niederschläge von 80 Zentimetern und mehr bringen, gelten nach jetzigem Stand (Mittwochabend) als „sehr wahrscheinlich“. Die erwarteten Wassermassen, so sagte Brock Long, Chef der staatlichen Katastrophenschutzbehörde Fema gestern, werden noch Hunderte Kilometer von der Küstenlinie entfernt „für Überschwemmungen und wochenlangen Stromausfall sorgen“.

Rund 1,7 Millionen Bewohner in Küstenregion

Nach den Erfahrungen des vergangenen Hurrikan-Saison, die in Florida und Texas verheerende Schäden hinterließ, verschärften Politiker in Kommunen, Land und Hauptstadt ihre Alarm-Rhetorik. „Machen Sie nicht den Fehler und versuchen den Sturm in den eigenen vier Wänden auszusitzen“, sagte stellvertretend North Carolinas Gouverneur Roy Cooper. „Das wird ein historischer Sturm, wie man ihn vielleicht nur einmal im Leben erlebt.“ Insgesamt gelten für 1,7 Millionen Bewohner der küstennahen Gebiete Evakuierungsanordnungen.

„Florence“ wütete heftig an US-Ostküste

Als Hurrikan traf „Florence“ im September 2018 auf Land. Später wurde er zu einem Tropensturm herabgestuft. Die Zerstörungskraft war groß. Dieses Boot hatte der Kraft des Sturms wenig entgegenzusetzen. Es wurde in einen Garten gespült.
Als Hurrikan traf „Florence“ im September 2018 auf Land. Später wurde er zu einem Tropensturm herabgestuft. Die Zerstörungskraft war groß. Dieses Boot hatte der Kraft des Sturms wenig entgegenzusetzen. Es wurde in einen Garten gespült. © REUTERS | EDUARDO MUNOZ
Eine Frau trug eine gerettete Katze durch eine überflutete Straße.
Eine Frau trug eine gerettete Katze durch eine überflutete Straße. © dpa | Robert Willett
Teile der Bevölkerung wurden mit Booten vor den Fluten gerettet.
Teile der Bevölkerung wurden mit Booten vor den Fluten gerettet. © REUTERS | JONATHAN DRAKE
Ein überfluteter Friedhof in North Carolina.
Ein überfluteter Friedhof in North Carolina. © REUTERS | JONATHAN DRAKE
Mit Rettungsbooten konnten Menschen in Sicherheit gebracht werden.
Mit Rettungsbooten konnten Menschen in Sicherheit gebracht werden. © REUTERS | JONATHAN DRAKE
Ein Freiwilliger zog ein Rettungsboot durch eine überflutete Straße.
Ein Freiwilliger zog ein Rettungsboot durch eine überflutete Straße. © REUTERS | JONATHAN DRAKE
Aufräumarbeiten in North Carolina.
Aufräumarbeiten in North Carolina. © REUTERS | EDUARDO MUNOZ
Vor einem Haus in North Carolina hat Sturm „Florence“ viel Unrat hinterlassen.
Vor einem Haus in North Carolina hat Sturm „Florence“ viel Unrat hinterlassen. © REUTERS | EDUARDO MUNOZ
Als Hurrikan traf „Florence“ auf Land. Als die Windgeschwindigkeit nachließ, wurde er zu einem Tropensturm herabgestuft. Die Zerstörungskraft war aber weiterhin groß. Wassermassen hatten für Chaos gesorgt.
Als Hurrikan traf „Florence“ auf Land. Als die Windgeschwindigkeit nachließ, wurde er zu einem Tropensturm herabgestuft. Die Zerstörungskraft war aber weiterhin groß. Wassermassen hatten für Chaos gesorgt. © dpa | Gerald Herbert
Ganze Straßenzüge standen unter Wasser, wie hier in Wilmington.
Ganze Straßenzüge standen unter Wasser, wie hier in Wilmington. © REUTERS | JONATHAN DRAKE
Bäumen fielen um und begruben Autos unter sich.
Bäumen fielen um und begruben Autos unter sich. © REUTERS | EDUARDO MUNOZ
Auch Häuser wurden teils massiv beschädigt.
Auch Häuser wurden teils massiv beschädigt. © REUTERS | EDUARDO MUNOZ
Viele Geschäfte schlossen vorsorglich früher – und konnten nicht mehr das gewohnte Produktsortiment anbieten.
Viele Geschäfte schlossen vorsorglich früher – und konnten nicht mehr das gewohnte Produktsortiment anbieten. © dpa | David Goldman
Der Sturm schwemmte auch Boote von den Docks an Land.
Der Sturm schwemmte auch Boote von den Docks an Land. © REUTERS | EDUARDO MUNOZ
Die Feuerwehr half Menschen, die sich nicht selbst aus ihren Häusern befreien konnten.
Die Feuerwehr half Menschen, die sich nicht selbst aus ihren Häusern befreien konnten. © REUTERS | EDUARDO MUNOZ
Dieses Bild zeigt, wie ein Boot neben einem Haus zwischen den Bäumen liegt. Mit peitschendem Regen und Windgeschwindigkeiten von bis zu 150 Kilometern pro Stunde traf „Florence“ auf die US-Ostküste.
Dieses Bild zeigt, wie ein Boot neben einem Haus zwischen den Bäumen liegt. Mit peitschendem Regen und Windgeschwindigkeiten von bis zu 150 Kilometern pro Stunde traf „Florence“ auf die US-Ostküste. © dpa | Angie Propst
Ein umgestürzter Baum lag über einer Straße in Wilmington im US-Bundesstaat North Carolina. Eine Frau und ein Kleinkind kamen in ihrem Haus ums Leben.
Ein umgestürzter Baum lag über einer Straße in Wilmington im US-Bundesstaat North Carolina. Eine Frau und ein Kleinkind kamen in ihrem Haus ums Leben. © dpa | Chuck Liddy
Als eine der ersten Gegenden wurde der Nationalpark Outer Banks getroffen, eine vorgelagerte Insel im Bundesstaat North Carolina.
Als eine der ersten Gegenden wurde der Nationalpark Outer Banks getroffen, eine vorgelagerte Insel im Bundesstaat North Carolina. © dpa | Gray Whitley
Unheil drohte: „Florence“ wirbelte über dem Atlantik.
Unheil drohte: „Florence“ wirbelte über dem Atlantik. © dpa | David Goldman
Auch New Bern in North Carolina wurde von einer Sturmflut getroffen. In zahlreichen Haushalten fiel der Strom aus.
Auch New Bern in North Carolina wurde von einer Sturmflut getroffen. In zahlreichen Haushalten fiel der Strom aus. © REUTERS | EDUARDO MUNOZ
Nach Angaben des Nationalen Hurrikan-Zentrums in Miami bewegte sich der Wirbelsturm extrem langsam mit nicht einmal fünf Kilometern pro Stunde.
Nach Angaben des Nationalen Hurrikan-Zentrums in Miami bewegte sich der Wirbelsturm extrem langsam mit nicht einmal fünf Kilometern pro Stunde. © dpa | Travis Long
Bewohner des Ortes Belhaven in North Carolina hatten die Fluten vor ihrem Haus gefilmt.
Bewohner des Ortes Belhaven in North Carolina hatten die Fluten vor ihrem Haus gefilmt. © REUTERS | SOCIAL MEDIA
Das Rote Kreuz hatte in Grantsboro eine Notunterkunft eingerichtet.
Das Rote Kreuz hatte in Grantsboro eine Notunterkunft eingerichtet. © REUTERS | Eduardo Munoz
Millionen von Menschen hatten sich in den vergangenen Tagen vorbereitet. Der Mann auf Pawley Island in der Nähe von Charleston verbarrikadierte ein Fenster seines Hauses.
Millionen von Menschen hatten sich in den vergangenen Tagen vorbereitet. Der Mann auf Pawley Island in der Nähe von Charleston verbarrikadierte ein Fenster seines Hauses. © dpa | Maren Hennemuth
„Hau ab, Florence“: Die Menschen hinterließen dem Sturm Botschaften auf ihren Häusern.
„Hau ab, Florence“: Die Menschen hinterließen dem Sturm Botschaften auf ihren Häusern. © REUTERS | CARLO ALLEGRI
Die Menschen wurden aufgerufen, ihre Häuser zu verlassen. Viele hielten sich nicht an die Evakuierungsanordnung. Diese Betroffenen aber schon: Ed Coddington (2.v.r) und seine Frau Esther warteten gemeinsam mit Markia McCleod (hinten), ihrer Tante Ernestine McCleod und ihrer Tochter Keymoni in einer Notunterkunft auf das Ende von „Florence“.
Die Menschen wurden aufgerufen, ihre Häuser zu verlassen. Viele hielten sich nicht an die Evakuierungsanordnung. Diese Betroffenen aber schon: Ed Coddington (2.v.r) und seine Frau Esther warteten gemeinsam mit Markia McCleod (hinten), ihrer Tante Ernestine McCleod und ihrer Tochter Keymoni in einer Notunterkunft auf das Ende von „Florence“. © dpa | David Goldman
Selbst der deutsche Astronaut Alexander Gerst warnte aus der Internationalen Raumstation ISS vor dem riesigen Wirbelsturm. Aus dem All nahm Gerst dieses beeidruckende Bild auf.
Selbst der deutsche Astronaut Alexander Gerst warnte aus der Internationalen Raumstation ISS vor dem riesigen Wirbelsturm. Aus dem All nahm Gerst dieses beeidruckende Bild auf. © dpa | Alexander Gerst
„Macht euch bereit“ an der amerikanischen Ost-Küste, schrieb Gerst, „da kommt – kein Witz – ein Alptraum auf euch zu.“
„Macht euch bereit“ an der amerikanischen Ost-Küste, schrieb Gerst, „da kommt – kein Witz – ein Alptraum auf euch zu.“ © dpa | Alexander Gerst
Vorbereitungen auf den „Landfall“, den Moment, im dem der Sturm auf Land traf.
Vorbereitungen auf den „Landfall“, den Moment, im dem der Sturm auf Land traf. © dpa | David Goldman
Verbarrikadieren war angesagt.
Verbarrikadieren war angesagt. © dpa | Ken Blevins
An den Tankstellen herrscht Hochbetrieb. Die Menschen decken sich mit Benzin für Generatoren ein.
An den Tankstellen herrscht Hochbetrieb. Die Menschen decken sich mit Benzin für Generatoren ein. © REUTERS | ANNA DRIVER
„Dieser Hurrikan wird sehr stark sein, sogar stärker als das, was man in Jahrzehnten gesehen hat“, sagte US-Präsident Donald Trump bei einem Treffen mit Journalisten im Weißen Haus in Washington. Die Sicherheit seiner Landsleute habe im Moment höchste Priorität. Trump forderte den US-Kongress auf, sich darauf vorzubereiten, eventuell Hilfsgelder zu genehmigen. Wegen des Hurrikans sagte er mehrere Wahlkampfauftritte ab.
„Dieser Hurrikan wird sehr stark sein, sogar stärker als das, was man in Jahrzehnten gesehen hat“, sagte US-Präsident Donald Trump bei einem Treffen mit Journalisten im Weißen Haus in Washington. Die Sicherheit seiner Landsleute habe im Moment höchste Priorität. Trump forderte den US-Kongress auf, sich darauf vorzubereiten, eventuell Hilfsgelder zu genehmigen. Wegen des Hurrikans sagte er mehrere Wahlkampfauftritte ab. © REUTERS | Leah Millis
Hamsterkäufe: Menschen kauften Vorräte in einem Supermarkt in Wilmington (North Carolina) ein.
Hamsterkäufe: Menschen kauften Vorräte in einem Supermarkt in Wilmington (North Carolina) ein. © dpa | Ken Blevins
Schlange stehen für Propan-Gas.
Schlange stehen für Propan-Gas. © REUTERS | RANDALL HILL
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Mit bangem Blick auf die in sieben Wochen stattfindenden Kongress-Wahlen setzte sich Donald Trump an die Spitze der Mahner. „Geht ihm aus dem Weg. Spielt keine Spielchen mit ihm“, erklärte der Präsident in Washington zum Hurrikan und fügte in ungelenker Form hinzu, „er ist enorm groß und enorm nass“.

Wahlkampf spielt schon jetzt eine Rolle

Trump treibt die Sorge um, dass im Katastrophenfall die staatlichen Hilfsorganisationen nicht schnell genug vor Ort sein könnten, heißt es in Regierungskreisen. Was am Ende (Siehe George W. Bush nach Hurrikan Katrina in Louisiana mit 1800 Toten im Jahr 2005) dem Weißen Haus und den mit Mehrheit regierenden Republikanern angelastet würde und das Wahlverhalten am 6. November beeinflussen könnte.

Nach ersten Einschätzungen vor Ort folgen mehr Anwohner und Touristen als in früheren Jahren den Aufforderungen der Behörden. Auf der Inselkette Outer Banks vor North Carolina waren Ausflugsorte wie Kitty Hawk, wo die Gebrüder Wright 1903 den erste motorisierten Flug starteten, gestern bereits „so gut wie verwaist“, sagte ein Lokal-Journalist. In der beliebten Austern-Bar von „Awful Arthur“ nebenan in Kill Devils Hill berichtete ein Kellner: „Hier wird alles mit Holz-Latten verrammelt – und dann nichts wie Richtung Inland.“

Weil die NHC-Experten in Miami nicht ausschließen, dass „Florence“ bis Freitag Stufe 5 erreicht (Windgeschwindigkeiten über 250 Kilometer pro Stunde), könnten die Schäden größer werden als 1954. Damals verwüstete Hurrikan „Hazel“ die Region im Südosten der USA. 15.000 Häuser wurden zerstört, 19 Menschen fanden den Tod.