Berlin. Tornados hinterlassen oft schwere Schäden. Wetterexperten gehen davon aus, dass Wirbelstürme durch den Klimawandel an Stärke gewinnen.

Tornados wie am Mittwoch in Viersen richten in Deutschland immer wieder schwere Schäden an. Beim Deutschen Wetterdienst (DWD) beschäftigt sich der Meteorologe Andreas Friedrich mit dem Wetterphänomen.

Im Gespräch mit dieser Redaktion spricht Friedrich über den Zusammenhang von Klimawandel und Wirbelstürmen und darüber, ob sich Deutschland nun auf eine Tornado-Saison einstellen muss.

Der Tornado in Viersen hat schwere Verwüstungen hinterlassen. War es ein besonders heftiger Wirbelsturm im Vergleich zu anderen Stürmen?

Friedrich: Die Heftigkeit eines Tornados lässt sich nur anhand der Sachschäden abschätzen. Momentan gehen Experten in Viersen von einem schwachen bis mittleren Wirbelsturm aus. Es dürfte sich um einen sogenannten F1-Tornado handeln, mit einer Geschwindigkeit von 117 bis 180 Kilometern pro Stunde. Aber auch ein solcher Tornado ist potenziell lebensgefährlich. Wirbelstürme dieser Kategorie kommen in Deutschland jedes Jahr häufiger vor, insgesamt werden jährlich 20 bis 60 Tornados registriert. Die Dunkelziffer ist aber wesentlich höher. Einen F4-Wirbelsturm, die zweithöchste Stufe, gab es zuletzt 1979 in Bad Liebenwerda (Brandenburg). Die höchste Kategorie F5 mit 500 Kilometern pro Stunde an Geschwindigkeit ist in Deutschland ein Jahrhundertereignis. Den letzten dieser Art hat es hierzulande um das Jahr 1800 gegeben.

Erwartet Deutschland in diesem Jahr eine Tornado-Saison mit besonders vielen Wirbelstürmen und gibt es Risiko-Regionen?

Dieser Tordnado wirbelte im Jahr 2010 durch Brandenburg
Dieser Tordnado wirbelte im Jahr 2010 durch Brandenburg © imago stock&people | imago stock&people

Friedrich: Auf was wir uns einstellen müssen, kann niemand seriös sagen. Wenn ich das könnte, wäre ich wahrscheinlich Nobelpreisträger. Ein Tornado-Risiko lässt sich nur wenige Stunden im Voraus vorhersagen. Der Wind muss sich in verschiedenen Höhen – vom Boden bis zur Wolkenuntergrenze – in Richtung und Geschwindigkeit markant unterscheiden. Davon lässt sich ableiten, dass das Risiko in bestimmten Regionen steigt. Hierzulande haben wir mehr oder weniger eine Gleichverteilung, was das Auftreten von Tornados angeht, anders als zum Beispiel in den USA. Wenn überhaupt ist das Risiko im Nordwesten, also in Niedersachsen, leicht erhöht. Dort sind allerdings auch die Bedingungen besser, dass die Wirbelstürme entdeckt werden: Relativ viele Einwohner, flaches Land und damit eine gute Sichtbarkeit.

Führt der Klimawandel zu mehr Tornados?

Friedrich: Weltweite Forscherteams haben bisher nicht nachgewiesen, dass es in den vergangenen Jahrzehnten mehr Tornados gegeben hat. Klar ist allerdings, dass sehr viel mehr Fälle als noch zum Beispiel vor zehn Jahren registriert werden. Das hängt auch mit unserer Mediennutzung und der Aufzeichnung durch Handys etc. zusammen. Klimasimulationen zeigen aber auf, dass extreme Wetterereignisse weltweit zunehmen. Die Menschen werden mehr mit Dürre und Hitzewellen zu kämpfen haben. Ein zentraler Befund der Untersuchungen ist: Wir werden es in Zukunft zwar nicht unbedingt mit mehr Tornados zu tun haben, dafür aber voraussichtlich mit sehr viel heftigeren. (les)