Augsburg. Vor 65 Jahren lief die „Augsburger Puppenkiste“ zum ersten Mal im TV. Heute sind viele der Marionetten-Abenteuer als DVD erhältlich.

Urmel, der Drache, Mikesch, der Kater, Jim Knopf und sein Freund Lukas, der Lokomotivführer: Wenn die Stars der „Augsburger Puppenkiste“ kamen, saßen die Kleinen staunend vor dem Fernseher. Die Eltern hatten nichts dagegen. Liebten doch auch sie die Puppen und das Meer, das nur aus blauer Folie bestand. Vor 65 Jahren wackelten die Holzköpfe – 1948 als Theaterfiguren erfunden – zum ersten Mal über den Bildschirm und begeisterten Groß wie Klein.

Die ziemlich ungelenken Faden-Figuren mit den wolligen Haaren sind zwar ziemlich aus der Mode gekommen, haben sich aber tief ins kollektive Gedächtnis vor allem der Generation eingeprägt, die in den 1960er- und 1970er-Jahren groß geworden ist. Die TV-Erfolgsgeschichte begann am 21. Januar 1953 mit der Übertragung von „Peter und der Wolf“.

Schnell beliebteste Kindersendung im Fernsehen

Ein Mitarbeiter des damaligen Nordwestdeutschen Rundfunks hatte die Figuren zuvor auf einer Ausstellung gesehen und die ungelenken Gestalten gleich als Attraktion für das noch junge TV-Programm angeheuert.

Weil die Aufzeichnungstechnik damals noch in den Kinderschuhen steckte, tanzten die Puppen bei der Premiere vor 65 Jahren anders als bei den meisten Sendungen später sogar live über den Bildschirm.

Hannelore Marschall-Oehmichen, die Gründerin Augsburger Puppenkiste, mit ihren Söhnen Klaus Marschall (Mitte) und Jürgen Marschall.
Hannelore Marschall-Oehmichen, die Gründerin Augsburger Puppenkiste, mit ihren Söhnen Klaus Marschall (Mitte) und Jürgen Marschall. © imago | imago

Rasch mauserten sich die Auftritte der Marionetten aus Augsburg zu den beliebtesten Kindersendungen im deutschen Fernsehen. Jedes Jahr wurden neue Abenteuer eingespielt, und so entstanden bis in die 1990er-Jahre in Zusammenarbeit mit dem Hessischen Rundfunk (HR) Dutzende der fantasievollen TV-Produktionen.

Künstlerische Differenzen in den Neunzigern

Dabei tänzelten im Ersten so legendäre Gestalten wie Jim Knopf (1961 in Schwarzweiß und 1976 in Farbe), Kater Mikesch (1964), Räuber Hotzenplotz (1967), der Drache Urmel (1969) oder Erdmännchen-König Kalle Wirsch (1970) durchs Programm.

In den 1980er-Jahren wurde es dann merklich ruhiger um die Augsburger Puppenkiste, in den Neunzigern verschwand sie nach unüberbrückbaren künstlerischen Differenzen zwischen dem von Walter Oehmichen gegründeten Marionettentheater und dem HR vorerst sogar ganz vom Bildschirm.

Marionetten-Abenteuer auf DVD erhältlich

1997 sorgte die Puppenkiste mit der Kinoproduktion „Die Story von Monty Spinneratz“ und drei Jahre später mit der Fernsehserie „Lilalu im Schepperland“ zwar noch einmal für Aufsehen, doch das war’s dann. Die drolligen Wollköpfe gelten in dem von schnell geschnittenen Zeichentrickserien und quietschbunten Animationsfilmen dominierten Kinderprogramm als nicht mehr zeitgemäß. Wenigstens ins Kino schaffen es die Marionetten noch ab und zu, so 2016 und 2017 mit jeweils einer Weihnachtsgeschichte.

Aber auch wenn die goldenen Zeiten des bis heute im denkmalgeschützten Heilig-Geist-Spital in Augsburg untergebrachten Puppentheaters lange vorbei sind – viele der Marionetten-Abenteuer sind als DVD erhältlich und auf Internet-Plattformen wie Youtube können ganze Episoden mit den unsterblichen Stars der „Augsburger Puppenkiste“ abgerufen werden.