Halle. 2005 stirbt Oury Jalloh in einer Polizeizelle. Jahre später will ein Justizmitarbeiter eine Aussage machen. Und wird weggeschickt.

Im Fall des vor 13 Jahren in einer Dessauer Polizeizelle verbrannten Asylbewerbers Oury Jalloh gibt es nach Medienberichten neue Details zur Arbeit von Polizei und Justiz. Ein Mitarbeiter des Dessauer Landgerichtes soll 2013 und 2014 zweimal versucht haben, gegen einen Polizisten, der in der Todesnacht mit Jalloh befasst war, Strafanzeige zu erstatten, wie die in Halle erscheinende „Mitteldeutsche Zeitung“ berichtet.

Nach Druck durch Vorgesetzte habe der Justizmitarbeiter seine Aussagen jedoch zurückgezogen. Hintergrund war ein Brandversuch auf Betreiben der Initiative zum Gedenken an Jalloh im Jahr 2013. Dieser ergab, dass ohne Einsatz eines Brandbeschleunigers das Feuer nicht erklärbar sei.

Justizmitarbeiter zog Aussagen zurück

Der Gerichtsmitarbeiter habe sich in diesem Zusammenhang erinnert, dass einer der Polizisten früher jahrelang bei einer Dessauer Betriebsfeuerwehr gearbeitet haben soll und damit das Fachwissen zum Einsatz von Brandbeschleunigern gehabt hätte, schreibt das Blatt. Dies trug er demnach im November 2013 im Polizeirevier Dessau-Roßlau vor, wurde aber weggeschickt, weil er betrunken war. Statt ihn in nüchternem Zustand erneut vorzuladen, machten die Beamten Druck beim Landgerichtspräsidenten, berichtet die „Mitteldeutsche Zeitung“.

Im April 2014 wiederholte der Justizmitarbeiter demnach seinen Vorwurf in einer SMS an das Polizeirevier, erneut unter Alkoholeinfluss. Gegen ihn wurde ein Disziplinarverfahren wegen übler Nachrede eingeleitet, er zog seine Aussagen zurück, heißt es in dem Bericht.

Gericht bestätigt versuchte Anzeige

Bei einer Befragung im Oktober 2014 durch die Staatsanwaltschaft habe er keine weiteren Aussagen gemacht. Öffentlich wurde der Fall, weil sich der Mann der Linken-Landtagsabgeordneten Henriette Quade offenbart hat. „Er räumt ein, dass er damals ein massives Alkoholproblem hatte. Aber er versteht ebenso wenig wie ich, warum seinen Aussagen nicht sofort nachgegangen wurde“, sagte Quade der „Mitteldeutschen Zeitung“. Stattdessen soll der Polizist gewarnt worden sein.

Das Dessauer Landgericht bestätigt dem Bericht zufolge die versuchte Anzeige. Ein Mitarbeiter habe „eine spekulative Mordthese“ angezeigt, sagte ein Behördensprecher. Allerdings habe er „im Rahmen eines nachfolgenden dienstrechtlichen Verfahrens sein Bedauern darüber zum Ausdruck gebracht und sein Verhalten mit seinem damaligen Alkoholmissbrauch begründet.“

Oury Jalloh starb am 7. Januar 2005

Der aus Sierra Leone stammende Asylbewerber Oury Jalloh starb am 7. Januar 2005 wenige Stunden nach seiner Inhaftierung bei einem Brand in einer Dessauer Polizeizelle. Er kam an eine Matratze gefesselt zu Tode. Auch nach mehreren Gerichtsverfahren und Brandversuchen konnte der Fall bislang nicht aufgeklärt werden.

Jalloh soll die Matratze mit einem Feuerzeug selbst angezündet haben. Dies wird von mehreren Brandgutachtern angezweifelt. Sie vermuten den Einsatz von Brandbeschleunigern. (epd)