Hamburg/München. „Begehrt“ sollen die Karten sein: Viagogo gaukelt vor, Fans würden Schlange stehen für eine nicht existierende Show von Caroline Kebekus.

Der umstrittene Ticket-Vermittler Viagogo leistet sich in Deutschland eine neue Ungeheuerlichkeit: Die wegen ihrer intransparenten Verkaufspraktiken vielfach kritisierte Seite bietet Tickets für eine Veranstaltung an, die es gar nicht gibt. Auf der Plattform sind „nur noch wenige Karten“ erhältlich für das „fast ausverkaufte“ Gastspiel der Komikerin Caroline Kebekus am 8. Oktober um 11 Uhr morgens in Hamburg.

Doch dann ist überhaupt keine Show von ihr, wie ihr Management bestätigt. Es würde auch sehr knapp: Um 17 Uhr steht sie in Koblenz auf der Bühne – auch dafür finden sich auf Viagogo Karten. Möglicherweise liegt ein Fehler in der Datenbank vor, dafür spricht auch, dass die Karten deutlich teurer sind als bei anderen Kebekus-Terminen.

„Verbraucher können bei Viagogo nicht sicher sein“

Doch Viagogo hat im Kebekus-Fall auf Hinweise und Anfragen nicht reagiert. Die Verbraucherzentrale Bayern sieht den Fall auch in einer Reihe von fragwürdigen Aktionen: „Verbraucher können bei Viagogo nicht immer davon ausgehen, dass es das Event wirklich gibt“, übt Susanne Baumer, Teamleiterin Marktwächter Digitale Welt, deutliche Kritik.

Wer Kebekus-Tickets sucht, bekommt den Hamburger Termin angezeigt und kann auch Karten kaufen – woher auch immer die kommen sollen: Nach eigenen Angaben ist Viagogo nur Vermittlungsplattform, auf der andere Tickets einstellen. In der Vergangenheit hatte es aber bereits Hinweise gegeben, dass auch Viagogo selbst Tickets aufkauft und überteuert weiterverkauft.

Reingefallen auf Viagogo: So läuft das miese Ticketgeschäft

Oft gibt es auch bei Viagogo Karten zu kaufen, obwohl sie noch gar nicht in den Handel gegangen sind. Experten vermuten, dass Viagogo darauf setzt, die Tickets noch besorgen zu können. Immer wieder bekommen Käufer aber auch Nachricht, dass der Kauf doch nicht zustande kommt.

Falsche „Stones“-Tickets im Verkauf

Dier Verbraucherschützer haben auch Hinweise auf andere „Fake-Tickets“ erhalten. So hat Viagogo unter völlig falschen Vorzeichen Karten für ein Konzert der Rolling Stones in Hamburg „vermittelt“: „4000 Zuschauer, intime Atmosphäre, exklusives Erlebnis“. Tatsächlich spielen die Stones auf der großen Festwiese im Stadtpark mit über 80.000 Zuschauern, bei der Verbraucherzentrale haben sich Käufer beschwert, die wegen der besonderen Atmosphäre nach Hamburg wollten.

Bei Spielen im DFB-Pokal startet die Plattform Verkäufe zu Spielen mit genauem Datum, bevor der DFB die Spiele terminiert hat. Eine Frau, die dann zu dem eigentlichen Termin nicht konnte, hat einen Fall dokumentiert: Statt das Geld zurück zu erhalten, wurde ihr angeboten, die Tickets dann eben wieder einzustellen. Viagogo verdient daran wieder: Zu den zunächst angezeigten Preisen kommen im Verlauf des Kaufprozesses noch Gebühren und Steuern hinzu.

Viagogo reagierte auf Abmahnung nicht

Weil Viagogo bei den Preisdarstellungen sehr wenig transparent arbeitet und den Eindruck vermittelt, selbst Verkäufer zu sein, hatten die Verbraucherschützer das in der Schweiz sitzende und vor allem von London aus operierende Unternehmen abgemahnt. Reaktion: überhaupt keine. Das erlebt die Verbraucherzentrale selten, zumal bei großen, weltweit operierenden Unternehmen. Inzwischen haben die Verbraucherschützer deshalb Klage eingereicht.

Auch in diversen anderen Ländern laufen von Verbraucherschutzeinrichtungen und -behörden Verfahren gegen Viagogo.