Zum 60. hinterlässt Harald Schmidt verbrannte Erde
•
Lesezeit: 2 Minuten
Von Aaron Clamann
Berlin. Harald Schmidt hat das deutsche Fernsehen nachhaltig geprägt. So nachhaltig, dass wohl kein Nachfolger Schmidts Erbe bewahren kann.
Harald Schmidt hat in seiner fast 30-jährigen Fernsehkarriere die deutsche Medienlandschaft verändert. Am Freitag wird der Showmaster 60 Jahre alt. Und obwohl er selbst nur noch unregelmäßig selbst im Fernsehen zu sehen ist, hat seine Arbeit weiter Auswirkungen auf das heutige Programm.
Begonnen hat alles mit „Schmidteinander“. Im Jahr 1990 brachte Harald Schmidt an der Seite von Herbert Feuerstein die Late-Night-Show nach amerikanischen Vorbild nach Deutschland. Die Geschichte dieser Errungenschaft könnte der des Rock’n’Roll gleichen – hätte Schmidt es nicht übertrieben.
Harald Schmidt erfand die Late-Night-Show neu
Als Schmidt das Show-Format mit Stand-up-Auftritten, Einspielern und Talk-Gästen unter dem Titel „Schmidteinander“ in Deutschland einführte, war vieles noch wild. Schmidt lud Gäste im Bademantel (Helge Schneider) ein und parodierte mit Wortwitzen den flachen Humor anderer Unterhaltungssendungen im Nachkriegsfernsehen. Ältere Zuschauer konnten mit Schmidts Sendungen nicht viel anfangen oder fühlten sich sogar selbst beleidigt.
Dirty Harry: Das ist Harald Schmidt
1/20
„Schmidteinander“ war von Anfang an mehr als nur eine Kopie einer amerikanischen Erfindung. Harald Schmidt war nicht der fernsehtechnische Peter Kraus, der stets eine Kopie amerikanischer Vorbilder blieb. Schmidt war wie die Krautrocker, die später ihr eigenes Genre schufen und sich selbst zu Erfolgszeiten weiterentwickelten Richtung Techno oder Punk.
Schmidt hat die Satire einer Satire-Sendung produziert
Nur augenscheinlich hat sich Harald Schmidt in den Folgejahren bei Sat.1 und in der ARD den David Lettermans und Jay Lenos aus den USA angepasst. Zwar erinnerte das Schmidtsche Studio stark an die Fernsehstudios rund um den New Yorker Broadway, doch brachte Schmidt Fähigkeiten mit, die ihn einzigartig machten. Schmidt schien die Satire-Sendungen aus den Staaten sogar satirisch zu verarbeiten.
Anders als in den USA spielte nicht einfach eine Band Musik zur Untermalung oder hielt ein Redaktionsleiter Pappen hinter der Kamera hoch. Schmidt führte alles ad absurdum. Die Band-Mitglieder spielten in albernen Sketchen mit, Redaktionsmitglieder spielten in manchen Sendungen eine größere Rolle als der Showmaster selbst. Der größte Fehler, den Harald Schmidt zu dieser Zeit machte: er war zu gut und ließ dies auch andere wissen. Er verbrannte ein ganzes Genre.
Geblieben sind nur noch sein ehemaliger Mitarbeiter Jan Böhmermann und Pierre M. Krause, die im deutschen Fernsehen eine Late-Night-Show moderieren. Es ist, als bliebe nur noch eine verkratzte Schallplatte mit dem leiernden Gesang der Idole von früher.