Paderborn. Im Prozess spricht die Angeklagte Angelika W. über brutale Details aus dem „Horror-Haus“ von Höxter. Wilfried W. schweigt weiter.

Am fünften Tag im Mordprozess um die Misshandlungen im „Horror-Haus“ von Höxter hat die angeklagte Angelika W. das wochenlange Martyrium des zweiten Todesopfers geschildert. Susanne F. aus dem niedersächsischen Bad Gandersheim war im Frühjahr 2016 auf den kleinen Hof nach Ostwestfalen gekommen.

Wie Angelika W. am Dienstag vor dem Landgericht Paderborn erneut ohne ersichtliche Emotionen schilderte, ist die Frau in dem Wissen eingezogen, dass sie dem mitangeklagten Wilfried W. gehorchen musste.

Angeklagte bereitete auf Rolle als „Leibeigene“ vor

Sie selbst habe Susanne F. auf deren Rolle als Leibeigene eingeschworen: Sie habe ihr wieder und wieder den strengen Regelkatalog im Hause W. erklärt: Unter anderem habe Wilfried W. verlangt, dass die Frauen ihn im Gespräch anschauen mussten, sie sollten beim Essen nicht kleckern und nicht widersprechen.

Da Susanne F. den Mann immer mit Fehlverhalten provoziert habe, habe sie sie schließlich bestraft, sagte die Angeklagte. Sie habe damit selbst seinen Erwartungen entsprechen und endlich Ruhe haben wollen.

Fall Höxter: Mord-Angeklagte vor Gericht

Über Jahre hinweg soll ein Paar per Zeitungsanzeigen mehrere Frauen aus Niedersachsen in ihr Haus nach Höxter (Nordrhein-Westfalen) gelockt und dort schwer misshandelt haben. Zwei Frauen starben infolge der Quälereien. Die Angeklagten müssen sich wegen zweifachen Mordes und mehrfacher Körperverletzung vor Gericht verantworten. Das Foto zeigt den Eingang und ein vernageltes Fenster des ehemaligen Hauses der Angeklagten im Ortsteil Bosseborn.
Über Jahre hinweg soll ein Paar per Zeitungsanzeigen mehrere Frauen aus Niedersachsen in ihr Haus nach Höxter (Nordrhein-Westfalen) gelockt und dort schwer misshandelt haben. Zwei Frauen starben infolge der Quälereien. Die Angeklagten müssen sich wegen zweifachen Mordes und mehrfacher Körperverletzung vor Gericht verantworten. Das Foto zeigt den Eingang und ein vernageltes Fenster des ehemaligen Hauses der Angeklagten im Ortsteil Bosseborn. © dpa | Friso Gentsch
Prozess am Landgericht Paderborn in Nordrhein-Westfalen: Staatsanwaltschaft und Nebenkläger hatten am 6. September für die beiden Deutschen Winfried W. (l.) und Angelika W. lebenslange Freiheitsstrafen, die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld und für Wilfried W. die Einweisung in die Psychiatrie gefordert.
Prozess am Landgericht Paderborn in Nordrhein-Westfalen: Staatsanwaltschaft und Nebenkläger hatten am 6. September für die beiden Deutschen Winfried W. (l.) und Angelika W. lebenslange Freiheitsstrafen, die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld und für Wilfried W. die Einweisung in die Psychiatrie gefordert. © dpa | Guido Kirchner
Die Anwälte des Angeklagten wiesen die Vorwürfe in ihren Plädoyers zum Teil zurück und forderten eine Freiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten wegen versuchten Mordes und gefährlicher Körperverletzung. Sie sprachen sich gegen eine lebenslange Haftstrafe aus, weil ihr Mandant nur vermindert schuldfähig sei. Diese Aufnahme zeigt Winfried W. mit seinem Verteidiger Detlev Binder.
Die Anwälte des Angeklagten wiesen die Vorwürfe in ihren Plädoyers zum Teil zurück und forderten eine Freiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten wegen versuchten Mordes und gefährlicher Körperverletzung. Sie sprachen sich gegen eine lebenslange Haftstrafe aus, weil ihr Mandant nur vermindert schuldfähig sei. Diese Aufnahme zeigt Winfried W. mit seinem Verteidiger Detlev Binder. © dpa | Friso Gentsch
Die Staatsanwaltschaft und drei Nebenkläger forderten für einen versuchten und einen vollendeten Mord durch Unterlassen lebenslange Haftstrafen und die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld.
Die Staatsanwaltschaft und drei Nebenkläger forderten für einen versuchten und einen vollendeten Mord durch Unterlassen lebenslange Haftstrafen und die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld. © dpa | Guido Kirchner
Wilfried W.s frühere Ehefrau Angelika W. ist ebenfalls angeklagt. Die Aufnahme zeigt sie mit ihrem Anwalt Peter Wüller im Landgericht. Nach ihrer Festnahme im April 2016 hatte die 49-Jährige mehrfach stundenlang bei der Polizei von den brutalen Geschehnissen im sogenannten „Horror-Haus“ berichtet.
Wilfried W.s frühere Ehefrau Angelika W. ist ebenfalls angeklagt. Die Aufnahme zeigt sie mit ihrem Anwalt Peter Wüller im Landgericht. Nach ihrer Festnahme im April 2016 hatte die 49-Jährige mehrfach stundenlang bei der Polizei von den brutalen Geschehnissen im sogenannten „Horror-Haus“ berichtet. © dpa | Friso Gentsch
Angelika W. gilt nach Meinung einer Gutachterin als voll schuldfähig.
Angelika W. gilt nach Meinung einer Gutachterin als voll schuldfähig. © dpa | Guido Kirchner
Der Prozess gegen die Angeklagten läuft seit 26. Oktober 2016.
Der Prozess gegen die Angeklagten läuft seit 26. Oktober 2016. © dpa | Bernd Thissen
Den beiden Angeklagten wird vorgeworfen, mehrere Opfer in ihr Haus im nordrhein-westfälischen Höxter gelockt und dort gequält zu haben. Sie sollen Frauen angekettet, starker Kälte ausgesetzt und mit Tritten und Schlägen systematisch gequält haben.
Den beiden Angeklagten wird vorgeworfen, mehrere Opfer in ihr Haus im nordrhein-westfälischen Höxter gelockt und dort gequält zu haben. Sie sollen Frauen angekettet, starker Kälte ausgesetzt und mit Tritten und Schlägen systematisch gequält haben. © dpa | Jonas Güttler
Das Haus wurde schnell das „Horror-Haus von Höxter“ genannt.
Das Haus wurde schnell das „Horror-Haus von Höxter“ genannt. © picture alliance / dpa | dpa Picture-Alliance / Friso Gentsch
Zwei Frauen starben in Folge der Folterungen, die sie erleiden mussten. Eine weitere Frau entkam ihren Peinigern. Nach aktuellem Stand der Ermittlungen sollen die beiden Angeklagten mindestens acht weitere Opfer um größere Geldsummen gebracht haben.
Zwei Frauen starben in Folge der Folterungen, die sie erleiden mussten. Eine weitere Frau entkam ihren Peinigern. Nach aktuellem Stand der Ermittlungen sollen die beiden Angeklagten mindestens acht weitere Opfer um größere Geldsummen gebracht haben. © picture alliance / dpa | dpa Picture-Alliance / Friso Gentsch
Die Misshandlungsfälle waren im Sommer 2016 aufgeflogen, nachdem die beiden Angeklagten die lebensgefährlich verletzte Susanne F. aus Bad Gandersheim zurück nach Niedersachsen bringen wollten. Auf dem Weg hatten sie eine Autopanne und entschieden sich, den Notarzt zu verständigen. Für das Opfer kam die Hilfe jedoch zu spät. Susanne F. starb später im Krankenhaus.
Die Misshandlungsfälle waren im Sommer 2016 aufgeflogen, nachdem die beiden Angeklagten die lebensgefährlich verletzte Susanne F. aus Bad Gandersheim zurück nach Niedersachsen bringen wollten. Auf dem Weg hatten sie eine Autopanne und entschieden sich, den Notarzt zu verständigen. Für das Opfer kam die Hilfe jedoch zu spät. Susanne F. starb später im Krankenhaus. © picture alliance / dpa | dpa Picture-Alliance / Friso Gentsch
Polizeiliches Siegel an der Tür des Hauses in Höxter: Die Angeklagte hatte detailliert ausgesagt und auch einen weiteren Todesfall aus dem Jahr 2014 zugegeben. Die Leiche der 33-jährigen Angelika W. sollen sie und ihr Ex-Mann demnach eingefroren, zerstückelt und nach und nach im Ofen verbrannt haben.
Polizeiliches Siegel an der Tür des Hauses in Höxter: Die Angeklagte hatte detailliert ausgesagt und auch einen weiteren Todesfall aus dem Jahr 2014 zugegeben. Die Leiche der 33-jährigen Angelika W. sollen sie und ihr Ex-Mann demnach eingefroren, zerstückelt und nach und nach im Ofen verbrannt haben. © picture alliance / dpa | dpa Picture-Alliance / Friso Gentsch
Ermittler tragen Kartons aus dem Haus des beschuldigten Ex-Ehepaares. Während die Angeklagte bereits detailliert ausgesagt hatte, schwieg ihr geschiedener Ehemann Wilfried W. zunächst.
Ermittler tragen Kartons aus dem Haus des beschuldigten Ex-Ehepaares. Während die Angeklagte bereits detailliert ausgesagt hatte, schwieg ihr geschiedener Ehemann Wilfried W. zunächst. © picture alliance / dpa | dpa Picture-Alliance / Friso Gentsch
Passanten hatten nach Bekanntwerden der Taten Kerzen, Blumen und Kreuze im Gedenken an die Todesopfer vor dem Haus in Höxter niedergelegt. Die beiden Todesfälle stehen im Mittelpunkt des Prozesses.
Passanten hatten nach Bekanntwerden der Taten Kerzen, Blumen und Kreuze im Gedenken an die Todesopfer vor dem Haus in Höxter niedergelegt. Die beiden Todesfälle stehen im Mittelpunkt des Prozesses. © picture alliance / dpa | dpa Picture-Alliance / Friso Gentsch
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Wilfried W. soll zuerst handgreiflich geworden sein

Nach eigener Aussage schubste sie die Frau, versengte deren Haare oder zwang sie, schwere Säcke sinnlos die Treppe hoch zu schleppen. Als erster sei jedoch ihr Ex-Mann Wilfried handgreiflich geworden. Sie habe beobachtet, wie er die Frau mit beiden Händen gewürgt habe.

Der Richter verlas von Susanne F. unterzeichnete Schriftstücke, in denen sie versichert, sich freiwillig dem Willen von „ihrem süßen Schatz Wilfried“ unterworfen zu haben.

Zwei Frauen überlebten das Martyrium nicht

Susanne F. war im April im Krankenhaus gestorben. Die Angeklagten hatten sie schwer verletzt zurück nach Niedersachsen bringen wollen. Bei einer Autopanne entschieden sie, einen Rettungswagen zu rufen – die Polizei nahm die Ermittlungen auf und stieß auf die weiteren mutmaßlich gequälten Frauen.

Seit Oktober muss sich das Duo nun wegen zweifachen Mordes durch Unterlassen verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft dem geschiedenen Paar vor, jahrelang mehrere Frauen nach Ostwestfalen gelockt und sie anschließend schwer misshandelt zu haben. Zwei Frauen überlebten das Martyrium nicht.

Wilfried W. schweigt bislang zu den Vorwürfen. Nach Angaben seines Anwalts sieht er in seiner Ex-Frau die treibende Kraft hinter den Misshandlungen. Es sind bislang noch Verhandlungstermine bis in den März angesetzt. (dpa)