Göttingen. Aktuelle Studie des MPI Göttingen weist Risiko einer Corona-Infektion für verschiedene Szenarien mit und ohne Masken aus. Die Ergebnisse überraschen.

„Sogar drei Meter Abstand schützen nicht“, erklären Göttinger Wissenschaftler überrascht. Selbst bei dieser Distanz dauere es keine fünf Minuten, bis sich eine ungeimpfte Person, die in der Atemluft eines Corona-infizierten Menschen steht, mit fast 100-prozentiger Sicherheit anstecke.

Das sei die schlechte Nachricht. Die gute sei: „Wenn beide gut sitzende medizinische oder noch besser FFP2-Masken tragen, sinkt das Risiko drastisch.“

Wie gut welche Masken bei welcher Trageweise schützen, hat ein Team des Max-Planck-Instituts für Dynamik und Selbstorganisation in Göttingen in einer umfassenden Studie untersucht. Dabei bestimmten die Forschenden für zahlreiche Situationen das maximale Infektionsrisiko und berücksichtigten einige Faktoren, die in ähnlichen Untersuchungen bislang nicht einbezogen wurden.

Wie groß die Gefahr einer Ansteckung mit dem Coronavirus ist, hat auch das Göttinger Team überrascht. „Wir hätten nicht gedacht, dass es bei mehreren Metern Distanz so schnell geht, bis man aus der Atemluft eines Virusträgers die infektiöse Dosis aufnimmt“, sagt Eberhard Bodenschatz, Direktor am Max-Planck-Institut für Dynamik und Selbstorganisation. Denn auf diese Distanz hat sich die Atemluft schon kegelförmig im Raum verbreitet; entsprechend verdünnt werden die infektiösen Partikel.

Die besonders großen und damit besonders virusreichen Partikel fallen zudem schon nach einer kurzen Strecke durch die Luft zu Boden. „Trotzdem haben wir in unserer Studie auch in drei Metern Entfernung noch ein enormes Ansteckungsrisiko festgestellt, wenn man Infizierten mit einer hohen Viruslast, wie sie bei der vorherrschenden Delta-Variante des Sars-CoV-2-Virus auftritt, für ein paar Minuten begegnet und keine Maske trägt“, sagt Bodenschatz. Und solche Begegnungen sind etwa in Schulen, Gaststätten, Clubs oder gar im Freien unvermeidbar.

Covid-19: Gut sitzende FFP2-Masken senken Risiko in Promillebereich

So hoch das Infektionsrisiko ohne Mund-Nasenschutz auch ist, so effektiv schützen medizinische oder FFP2-Masken. Die Göttinger Studie untermauert, dass FFP2- oder KN95-Masken infektiöse Partikel besonders wirkungsvoll aus der Atemluft filtern – vor allem wenn sie an den Rändern möglichst dicht abschließen.

Tragen sowohl die infizierte als auch die nicht-infizierte Person gut sitzende FFP2-Masken, beträgt das maximale Ansteckungsrisiko nach 20 Minuten selbst auf kürzeste Distanz kaum mehr als ein Promille. Sitzen ihre Masken schlecht, steigt die Wahrscheinlichkeit für eine Infektion auf etwa vier Prozent.

Tragen beide gut angepasste OP-Masken, wird das Virus innerhalb von 20 Minuten mit höchstens zehnprozentiger Wahrscheinlichkeit übertragen.

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Die Untersuchung bestätigt zudem die intuitive Annahme, dass für einen wirkungsvollen Infektionsschutz vor allem die infizierte Person eine möglichst gut filternde und dicht schließende Maske tragen sollte.

Infektionswahrscheinlichkeit im täglichen Leben geringer

Die Ansteckungswahrscheinlichkeiten, die das Max-Planck-Team ermittelt hat, geben jeweils die obere Grenze des Risikos an. „Im täglichen Leben ist die tatsächliche Infektionswahrscheinlichkeit sicherlich zehn- bis 100-mal kleiner. Denn die Luft, die an den Rändern aus der Maske strömt, wird verdünnt, sodass man nicht die gesamte ungefilterte Atemluft abbekommt. Das haben wir aber angenommen, weil wir nicht für alle Situationen messen können, wie viel Atemluft eines Maskenträgers bei einer anderen Person ankommt, und weil wir das Risiko so konservativ wie möglich berechnen wollten.“ Eberhard Bodenschatz erklärt weiter: „Wenn unter diesen Bedingungen sogar das größte theoretische Risiko klein ist, ist man unter realen Bedingungen auf der ganz sicheren Seite.“

Für den Vergleichswert ohne den Schutz einer Maske fällt der Sicherheitspuffer jedoch deutlich kleiner aus. „Für eine solche Situation können wir die Virusdosis, die eine ungeschützte Person einatmet, mit weniger Annahmen bestimmen“, sagt Gholamhossein Bagheri, der als Forschungsgruppenleiter am Max-Planck-Institut für Dynamik und Selbstorganisation an der aktuellen Studie maßgeblich beteiligt war.

Masken, die an den Rändern nicht dicht abschließen, lassen vor allem an den Nasenflügeln, aber auch an den Wangen Luft ein- und austreten. Aber selbst schlecht sitzende Masken reduzieren das Infektionsrisiko noch deutlich.
Masken, die an den Rändern nicht dicht abschließen, lassen vor allem an den Nasenflügeln, aber auch an den Wangen Luft ein- und austreten. Aber selbst schlecht sitzende Masken reduzieren das Infektionsrisiko noch deutlich. © MPI für Dynamik und Selbstorganisation | Birte Thiede

Das Göttinger Team hat bei seinen Berechnungen des Ansteckungsrisikos einige Faktoren berücksichtigt, die in vergleichbare Abschätzungen bislang nicht eingeflossen sind. So haben die Forschenden untersucht, wie ein schlechter Sitz der Maske den Schutz schwächt und wie sich das verhindern lässt.

„Die Membranen von FFP2- oder KN95-Masken, aber auch von manchen medizinischen Masken filtern extrem effektiv“, so Gholamhossein Bagheri. „Das Ansteckungsrisiko wird dann von der Luft, die an den Rändern der Maske aus- und einströmt dominiert.“ Dazu kommt es, wenn der Rand der Maske nicht dicht am Gesicht anliegt.

Wichtig: Corona-Maske gut an die Gesichtsform anpassen

In aufwendigen Versuchen haben Bagheri, Bodenschatz und ihr Team gemessen, in welcher Größe und Menge Atempartikel an den Rändern unterschiedlich gut sitzender Masken vorbeiströmen. „Eine Maske lässt sich an die Gesichtsform hervorragend anpassen, wenn man ihren Metallbügel vor dem Aufsetzen zu einem abgerundeten W biegt“, sagt Eberhard Bodenschatz. „Dann gelangen die ansteckenden Aerosolepartikel nicht mehr an der Maske vorbei, und auch Brillen beschlagen nicht mehr.“

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Das Team hat zudem bedacht, dass Tröpfchen, die Menschen beim Atmen oder Sprechen verbreiten, in der Luft trocknen und leichter werden. Dadurch bleiben sie länger in der Luft, haben jedoch eine erhöhte Viruskonzentration verglichen mit den Tröpfchen direkt nach Austritt. Beim Einatmen passiert wiederum das Gegenteil: Die Partikel nehmen wieder Wasser auf, wachsen wie ein Tropfen in der Wolke und bleiben daher leichter in den Atemwegen hängen.

Göttinger Forscher: „Maske-Tragen an Schulen ist eine gute Idee“

Auch wenn die detaillierte Analyse der Göttinger Max-Planck-Forscher zeigt, dass dicht abschließende FFP2-Masken im Vergleich zu gut sitzenden OP-Masken 75 mal besser schützen und die Trageweise einer Maske einen deutlich Unterschied macht: Auch medizinische Masken reduzieren das Ansteckungsrisiko schon deutlich im Vergleich zu einer Situation ganz ohne Mund-Nasenschutz.

„Deshalb ist es so wichtig, dass die Menschen in der Pandemie eine Maske tragen“, sagt Gholamhossein Bagheri. Bodenschatz ergänzt: „Unsere Ergebnisse zeigen noch einmal, dass das Maske-Tragen an Schulen und auch generell eine gute Idee ist.“

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