Wieda. Nach Flickarbeiten ist der Zustand der Ortsdurchfahrt Wieda schlimmer denn je. Die Politik will sich beim Landtag beschweren. Das ist genau geplant.

Marode Straßen, die eigentlich saniert werden müssen, sind keine Seltenheit – auch nicht im Harz. Außergewöhnlich ist es aber, dass Straßenflickarbeiten dafür sorgen, dass die Befahrbarkeit einer Straße massiv verschlechtert wird. So geschehen auf einem Teil der L601 in der Ortsdurchfahrt (OD) Wieda Ende Oktober 2022.

Sei es bei Verkehrsteilnehmern, Vertretern von Kommunalpolitik und Verwaltung und vor allem aber bei den Anwohnern, die mit Lärm und Dreck, den die neue Buckelpiste verursacht, leben müssen: hier hagelt es Beschwerden über Beschwerden, die Menschen im Südharz sind verärgert. Und diesen Ärger soll nun auch die Landespolitik aufgezeigt bekommen – mit der klaren Forderung: Die Ortsdurchfahrt in Wieda soll vernünftig saniert werden. Zu diesem Zweck plant die CDU-Fraktion im Ortsrat in Wieda eine Petition zu erstellen. Auf der öffentlichen Sitzung des Ortsrates am Donnerstag, dem 12. Januar, soll darüber entschieden werden.

Sanierung der Ortsdurchfahrt soll höchste Priorität erhalten

Ziel der Petition ist es, „die Dringlichkeit der Sanierung der Ortsdurchfahrt/L601 darzulegen und die Landesregierung aufzufordern, die Maßnahme mit höchster Priorität einzuplanen“, heißt es im Beschlussvorschlag.

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Begründet wird das Vorgehen vom Fraktionssprecher Roland Müller wie folgt: „Seit dem Jahr 2008 wird die Grundsanierung der OD Wieda mit der Straßenbaubehörde diskutiert. Seinerzeit wurde die Maßnahme für das Jahr 2016 in Aussicht gestellt. Bei unzähligen Umleitungen aufgrund von Straßensanierungen in Ost und West wurde der Schwerlastverkehr durch Wieda geleitet. Hinzu kamen in den letzten Jahren der in diesem Umfang nie dagewesene Holztransport. Seit Abschluss der großen Umleitungen ist die Straße in einem ausgesprochen schlechten Zustand und muss dringend saniert werden. Hinzu kommt, dass über weite Strecken das Geländer zur Wieda abgängig ist, Wasserdurchlässe und Mauern repariert werden müssen.“

Der hohen Verkehrsbelastung sind die Flickmaßnahmen an der L601 nicht gewachsen. Links zu sehen ist ein Stück der geflickten Straße am 12. Dezember, rechts der gleiche Bereich am 27. Dezember. Es ist deutlich zu sehen, dass einiges an Asphalt abgefahren wurde. Dieser liegt nun unter anderem in der Gosse links. 
Der hohen Verkehrsbelastung sind die Flickmaßnahmen an der L601 nicht gewachsen. Links zu sehen ist ein Stück der geflickten Straße am 12. Dezember, rechts der gleiche Bereich am 27. Dezember. Es ist deutlich zu sehen, dass einiges an Asphalt abgefahren wurde. Dieser liegt nun unter anderem in der Gosse links.  © HK | Thorsten Berthold

Der Fraktionssprecher führt weiter an, dass im Frühjahr 2022 seitens der Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr in Goslar erklärt worden sei, dass die Sanierung der OD aufgrund des großen Umfangs (Länge von etwa 4,5 Kilometern) nicht durchgeführt werde, weil dafür drei andere Ortsdurchfahrten saniert werden könnten. Für die CDU-Fraktion eine Aussage, die einfach unakzeptabel sei.

Flick soll zwei Jahre halten, zerbröckelt aber bereits jetzt massiv

Fest steht: auch gegenüber unserer Redaktion wurde auf Nachfrage bei der Landesbehörde in Goslar kein genaues Datum für eine grundlegende Reparatur genannt. „Eine Sanierung der OD Wieda auf ganzer Breite ist mittelfristig vorgesehen“, hieß es von Behördenleiter Günter Hartkens auf Nachfrage im Oktober vergangenen Jahres.

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Bezogen auf die Flickarbeiten, die jetzt für die hitzigen Diskussionen sorgen, teilte er mit, dass man davon ausgehe, dass diese Art der Flicken etwa zwei Jahre halten werde. Eine Einschätzung, die nicht aufgeht: Mehr noch als bei den Flickarbeiten selbst sind die Gossen links und rechts der geflickten Straßenteile schwarz vor Dreck, genauer gesagt von Resten von Asphalt. Dieser wurde und wird weiterhin aus den geflickten Stücken wieder herausgefahren.

Ob Umleitungsroute oder Holztransporte: OD wird stark genutzt

Das verwundert wenig, blickt man auf die tagtägliche Nutzung der L601. Seien es beispielsweise seit Jahren die Holztransporter, die marodes Holz aus dem Oberharz abtransportieren oder aber anderer Schwerlastverkehr, für den die L601 immer wieder als Hauptumleitungsstrecke bei Bauarbeiten oder anderen Sperrungen in der Region genutzt wird – diese massive Belastung hat Spuren in Form von Rissen und Löchern hinterlassen, die mit den Flickarbeiten gestopft werden sollten. An einigen Abschnitten ist nahezu der komplette Asphalt wieder abgetragen. Dabei sollten doch die Flickarbeiten die Straßen vor weiteren Schäden im jetzigen Winter schützen. Denn gerade Wasser, das in Löcher und Ritzen in Straßendecken eindringt, dehnt sich bei Frost aus und sprengt nahezu den Asphalt weg. Aktuell ist es aber eher die massive Verkehrsbelastung, die den Asphalt abträgt und die Löcher wieder aufreißt. Nicht ohne Grund gilt entlang der gesamten Ortsdurchfahrt in Wieda seit anderthalb Jahren eigentlich auch ein Tempolimit von 30 km/h für den Schwerlastverkehr.

Dass die Flickarbeiten nicht lange halten, verwundert allerdings niemanden, der die Arbeiten im vergangenen Jahr beobachten konnte: Mit ein bisschen Sprühkleber, ein paar Schaufeln heißem Asphalt und etwas Abrütteln mittels einer Rüttelplatte wurden damals die Löcher in der Fahrbahn gestopft und durch Hügel ersetzt. „Über mehrere Monate wurde dann die OD durch Hilfskräfte, offenbar ohne Fachkenntnisse in einer Art ausgebessert, dass der Zustand heute wesentlich schlechter ist als je zuvor“, heißt es dazu in dem Petitionsantrag seitens der CDU-Fraktion, wobei das nicht stimmt: Es waren Mitarbeiter der Straßenmeisterei, die die Arbeiten vornahmen.

Die Sanierung der L 601 in der Ortsdurchfahrt Wieda hat eher für eine Verschlechterung bei den Straßenverhältnissen gesorgt. 
Die Sanierung der L 601 in der Ortsdurchfahrt Wieda hat eher für eine Verschlechterung bei den Straßenverhältnissen gesorgt.  © HK | Thorsten Berthold

Die Frage, warum man sich für diese Art des Flickens entschieden hat, erklärt man bei der Landesbehörde wie folgt: „Die Beauftragung einer Baufirma mit dieser Leistung hätte ein Vielfaches dieser Summe erfordert und in diesem Jahr nicht mehr zur Verfügung gestanden“, verdeutlichte Behördenleiter Günter Hartkens im vergangenen Jahr. Bei ähnlichen Flickarbeiten in der Vergangenheit wurde dies konkret gegenüber unserer Redaktion als sogenannter „fachmännischer Handeinbau“ bezeichnet.

Ortskundige umfahren Wieda wegen der schlechten Sanierung

Die CDU-Fraktion, wie auch Wiedas Ortsbürgermeister Klaus-Erwin Gröger nennen dies anders: „Diese Maßnahme ist eine Verschwendung von Steuergeldern und nicht abgeschlossen“, erklären sie unisono.

Mittlerweile ist die Ortsdurchfahrt auch eine gewisse Attraktion im negativen Sinn geworden, wie viele Reaktionen von Menschen aus dem Südharz zeigen, die sich bei unserer Redaktion gemeldet haben: Manch Einwohner aus der Umgebung befährt die Straße, um zu sehen, wie schlecht die Arbeiten ausgeführt wurden. Andere geben offen zu, lieber weiträumige Umwege über andere Orte zu nutzen, um nicht die Buckelpiste innerhalb von Wieda befahren zu müssen.

Hintergrund:

Die öffentliche Sitzung des Ortsrates Wieda beginnt am 12. Januar um 18 Uhr im Alten Rathaus in der Otto-Haberlandt-Straße 49.

Auf der Tagesordnung steht unter anderem die Beschlussfassung der Petition an den Niedersächsischen Landtag zur L601. Eine Petition ist eine Beschwerde bzw. Bitte, die hier an den Landtag gerichtet ist. Auch Privatpersonen können diese einreichen.

Ferner wird an dem Tag im Ortsrat Wieda unter anderem auch über den möglichen Windpark am Stöberhai, temporäre Maßnahmen zur Überwachung des ruhenden Verkehrs, sowie eine Stellungnahme zur Gebäudeliste der gemeindeeigenen Liegenschaften gesprochen.

Alle interessierten Bürger können an der Sitzung teilnehmen, eine FFP2-Maske ist während der gesamten Sitzung zu tragen.