Berlin. Schlagersängerin Mary Roos erneuerte mit ihrer Teilnahme bei „Sing meinen Song“ ihr Image. Jetzt wird der deutsche Grand-Prix-Star 70.

„Nur die Liebe lässt uns leben“ – ein stilles Lied war das, mit dem Mary Roos 1972 den dritten Platz beim Grand Prix d’Eurovision belegte. Längst ist die Zeit über diesen Schlager hinweggegangen. Doch Mary Roos, die am Mittwoch 70 Jahre alt wird, ist gefühlt so populär wie nie.

Das liegt vor allem an ihrer Teilnahme an der Musikshow „Sing meinen Song“ (Vox). Seitdem Mary Roos gemeinsam mit Schlagerstars wie Mark Forster (34) und Judith Holfernes (42) zum Mikro griff, kennen sie auch Menschen, denen ihre Liebes- und Motivationshymnen wie „Aufrecht geh’n!“ überhaupt nichts mehr sagen.

Mary Roos war kein Fremdkörper in dieser Show, das sagten alle. Auch sie selbst. Sie habe sich gefühlt wie in einer netten Familie. Alle lobten sie: Sie stimmte ein Weihnachtslied an, und der kernige Sänger Rea Garvey sagte: „Mary singt – und es ist Weihnachten.“ Sängerin Judith Holofernes sprach voller Anerkennung über Mary Roos, fast schon ehrfurchtsvoll von ihren „geschmetterten großen Bögen“, die nachzusingen extrem schwer sei.

Roos ist die Meisterin des Smalltalks

Plötzlich wurde die Frau, die seit 60 Jahren auf der Bühne steht und deren Songs gerne auf Oldiepartys vom Band kommen, von Fans umschwärmt, die ihre Enkel sein könnten. Dazu sagte sie dann in den zig Talkshows, in denen sie Gast war, Sätze wie: „Ich finde, das ist ein großes Glück.“

Schlagersängerin Mary Roos bei der Vorentscheidung zum „Grand Prix Eurovision“ im Februar 1975 beim Hessischen Rundfunk.
Schlagersängerin Mary Roos bei der Vorentscheidung zum „Grand Prix Eurovision“ im Februar 1975 beim Hessischen Rundfunk. © dpa | Heinz Wieseler

Sie klingt immer ein bisschen unverbindlich, wie die nette Nachbarin. Wirft gern mit leichten Sätzen um sich: dass es ihr gut gehe, dass man mutig sein soll im Leben und dass Udo Jürgens Recht gehabt hätte, dass das Leben erst mit 66 Jahren anfange. Wer ihr zuhört, wartet auf etwas Substanzielles. Aber sie ist die Meisterin des Smalltalks.

Mit ihrem Namen Rosemarie Schwab fing sie

Auch in Rateshows ist sie ein gefragter Gast. Blond ist jetzt das Haar. Das Dunkle hatte sie hinter sich gelassen. Sie ist gut gelaunt, aber wirkt nicht albern. Mal sagte sie sogar laut, sie habe Hunger – so etwas wirkt bodenständig. Lieber aber sieht sie sich in der Rolle der „schrillen Alten“, wie sie sagt, ohne genauer darauf einzugehen.

Schrill wollte sie einfach immer sein. Und deshalb hat sie ihre Tour „Abenteuer Unvernunft“ genannt. Mit eigener Band und Chorsängerinnen reist sie durch Deutschland. „Wenn man immer wieder etwas vorhat, lebt es sich doch viel besser.“ Wieder so ein Satz. Belanglos – oder höhere Weisheit?

Lange bevor sie beim Song Contest, dem früheren Grand-Prix d’Eurovision, im schottischen Edinburgh auftrat, war sie schon musikalisch aktiv: Ihre ersten Auftritte absolvierte sie bei Fünf-Uhr-Tees im Hotel ihrer Eltern in Bingen am Rhein. Damals noch unter ihrem Namen Rosemarie Schwab. Mit neun Jahren wurde sie entdeckt: Ihre erste Platte hieß „Ja, die Dicken sind ja so gemütlich“.

Personalityshow wurde in 25 Länder verkauft

Trotz solcher Songs – oder vielleicht deswegen – machte sie Karriere. Machte aus Rosemarie Mary Roos, sang Schlager und Chansons, mit denen sie auch in Frankreich ankam. Bereits 1971 erhielt sie mit „Mary’s Music“ ihre erste TV-Showreihe. Die Personalityshow „Maryland“ wurde in 25 Länder verkauft. Ihr Song „Kellerparty Twist“ für den Kinofilm „Nebelmörder“ wurde 1964 ein Hit.

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Mitte der 1970er-Jahre spielte sie am Theater Münster die Hauptrolle in dem Musical „Showboat“ unter der Regie von Samy Molcho. Der Theaterbühne blieb sie treu: Seit etwa drei Jahren tritt sie mit dem Kabarettisten Wolfgang Trepper auf deutschen Bühnen auf. Der Titel des Programms macht ihrem Wunsch nach der „schrillen Alten“ alle Ehre: „Nutten, Koks und frische Erdbeeren“. Im Lauf des Abends wird sie zur „Helene Fischer der Bronzezeit“ oder die „Alte, die gleich kollabiert“. Das Publikum bewundert sie dafür, wie sie mit ihrem Alter umgeht.

Mary Roos lebt glücklich als Single

Zweimal war sie verheiratet: mit dem Franzosen Pierre Scardin (von 1969 bis 1977), der ihr Manager wurde. Und von 1981 bis 1989 mit Werner Böhm alias Entertainer Gottlieb Wendehals („Polonäse Blankenese“). Er ist der Vater ihres Sohns Julian Böhm (32), der sie heute managt.

Sie lebt schon lange als Single in Hamburg-Wellingsbüttel und sagt, sie sei glücklich. „Man trägt das Glück in sich, dafür ist jeder selbst verantwortlich“, sagt sie. Typisch Mary.