Paris. Catherine Deneuve hat mit ihrer Kritik an der „MeToo“-Bewegung Aufsehen erregt. Jetzt rudert sie zurück – zumindest ein bisschen.

Sie macht einen Schritt auf ihre Kritikerinnen zu, bleibt aber bei ihrer Meinung: Nach der aufsehenerregenden Petition von 100 Französinnen gegen die „MeToo“-Bewegung vom vergangenen Mittwoch hat sich Catherine Deneuve nun bei Opfern sexueller Gewalt entschuldigt, die sich davon vor den Kopf gestoßen fühlen könnten. Sie grüße „alle Opfer abscheulicher Taten, die sich verletzt gefühlt haben mögen“, schreibt sie. „Bei ihnen und nur bei ihnen entschuldige ich mich.“

Die 74-jährige Schauspielikone verteidigte in einer Erklärung in der Zeitung „Libération“ am Montag gleichzeitig die Äußerungen, die sie und 99 weitere Frauen in der französischen Zeitung „Le Monde“ unterschrieben hatten. „Ich mag dieses Merkmal unserer Zeit nicht, in der jeder das Recht hat zu urteilen, zu entscheiden, zu verteufeln“, schreibt Deneuve jetzt in Bezug auf die Veröffentlichungen von Belästigungsvorwürfen gegen Männer.

Schlag ins Gesicht aller Opfer

Sie wolle nichts entschuldigen, aber auch nicht über die Schuld dieser Männer entscheiden, dafür sei sie nicht qualifiziert. Sie lehne das „öffentliche mediale Lynchen“ von beschuldigten Männern ab.

Nichts in dem Aufruf der vergangenen Woche habe aber sexuelle Belästigung als etwas Positives dargestellt, erklärt Deneuve nun, sonst hätte sie ihn nicht unterzeichnet. Deutlich distanzierte sich die Schauspielerin zugleich aber von der Art und Weise, wie einige ihrer Mitunterzeichnerinnen den Geist der Petition bei öffentlichen Auftritten „verzerrt“ hätten.

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    Unterzeichnerinnen sprechen von „Kampagne“

    Im Fernsehen zu behaupten, dass eine Frau bei einer Vergewaltigung einen Orgasmus erleben könnte, sei ein Schlag ins Gesicht aller Opfer. In dem umstrittenen Manifest hatten die Unterzeichnerinnen geschrieben, dass die „MeToo“-Debatte über sexuelle Gewalt zu einer „Kampagne der Denunziation“ geführt habe.

    Was Frauen weltweit jedoch vor allem empörte, war, dass die Diva und ihre Mitstreiterinnen die „Freiheit zu belästigen“ verteidigten. Weil diese „für die sexuelle Freiheit unerlässlich“ sei. „Ja, ich liebe die Freiheit, und nein, ich bin nicht naiv“, insistiert die Deneuve nun. Sie wisse sehr gut, dass sehr viel mehr Männer zu Übergriffen neigten als Frauen.

    Streit um Recht auf Schwangerschaftsabbruch

    Aber sie trete für eine Gesellschaft ein, in der Männer und Frauen miteinander verkehren, ohne sich als „Schwein“ und „Schlampe“ zu beschimpfen. Damit bezieht sie sich erneut auf die „MeToo“-Debatte, deren französisches Pendant unter dem Hashtag „balancetonporc“ (Verpfeif dein Schwein) geführt wird.

    Die Deneuve weist auch die Behauptung zurück, keine Feministin zu sein und fragt: „Muss ich wirklich daran erinnern, dass ich zu den Schlampen gehöre, die gemeinsam mit Simone de Beauvoir, Marguerite Duras und Françoise Sagan für das Recht auf Schwangerschaftsabbruch stritten?“

    Tatsächlich gehörte die damals schon höchst populäre Schauspielerin zu jenen 343 prominenten Französinnen, die 1971 in dem „Manifest der Schlampen“ trotz der geltenden Strafandrohung öffentlich bekannten, abgetrieben zu haben.

    Kritik auch von Ségolène Royal

    Der Aufruf in „Le Monde“ hätte wohl von 1000 Frauen unterzeichnet werden können, nichts verlieh ihm mehr Gewicht als die Unterschrift Deneuves. „Schade, dass unsere große Catherine Deneuve sich diesem bestürzenden Text anschließt“, bedauerte nicht von ungefähr die frühere Ministerin und Präsidentschaftskandidatin Ségolène Royal.

    Doch die Schauspielerin weiß gemeinhin sehr gut, wofür sie sich einsetzt. Vereinnahmen lässt sie sich nicht. Es ist nicht nötig, zwischen den Zeilen zu lesen, um ihre Einmischung in die „MeToo“-Debatte als einen Ruf nach mehr Augenmaß zu verstehen. Dafür hat sie übrigens durchaus auch Zustimmung geerntet.

    Nach ihrem Geschmack freilich allzu oft aus der falschen Ecke: „Den Konservativen, Rassisten und Traditionalisten, die mich jetzt unterstützen, möchte ich eines sagen: Rechnet nicht mit meiner Dankbarkeit oder Freundschaft, im Gegenteil. Ich bin und bleibe ein freie Frau!“