Berlin. Wotan Wilke Möhring spielt in seinem neuen Film „Happy Burnout“ einen rebellierenden Bettelpunk. Die Rolle hat viel mit ihm zu tun.

Eine Stunde und keine Minute länger soll dieses Gespräch dauern. Wotan Wilke Möhring (49) steht unter Zeitdruck. Er will danach noch schnell seine Kinder abholen. Wie es sich anfühlt, selbst noch einmal ganz jung zu sein, erlebt der Schauspieler in seinem neuen Film „Happy Burnout“, in dem er einen Punk spielt.

Sie waren selbst ein Punk?

Wotan Wilke Möhring: Absolut. Das ist auch der Grund, weshalb ich mich in der Figur so wohlgefühlt habe. Ich fand es super, wieder mal Springerstiefel zu tragen und mich in die alte Punkmusik hineinzuhören. Wobei ich nicht der Bettelpunk war – das war eher politisch motiviert. Ich war der Anarcho auf der Suche nach einer anderen Gesellschaft.

Und Ihre Eltern haben Ihr Punkdasein respektiert?

Möhring: Die hätten sich schon was anderes gewünscht. So nach dem Motto „Zieh dich mal ordentlich an und wasch dich doch“. Schließlich habe ich mal ein Jahr lang meine Haare nicht gewaschen. Trotzdem haben sie mich mit maximalem Respekt behandelt und geliebt und unterstützt. Das weiß man erst zu schätzen, wenn man selbst Vater ist. Sie haben gesagt: „Du kannst machen, was du willst. Wir wollen nur wissen, was du machst und mit wem du unterwegs bist.“

Im normalen Leben mittlerweile weniger punkig unterwegs: Wotan Wilke Möhring.
Im normalen Leben mittlerweile weniger punkig unterwegs: Wotan Wilke Möhring. © obs | P4444/_Photo ©: Jens Koch

Das haben Sie ihnen auch immer brav erzählt?

Möhring: Nicht immer. Aber sie haben sehr viel Langmut walten lassen.

Haben Sie aus dieser Zeit etwas fürs Leben gelernt?

Möhring: Der Punk in „Happy Burnout“ verkörpert das Chaos, und Chaos hilft, eingefahrene Strukturen aufzubrechen. Nur wer Angst vor Neuem hat, hat Angst vor dem Chaos.

Und Sie brechen Strukturen auf, indem Sie die unterschiedlichsten Rollen spielen?

Möhring: Richtig. Ich will mich da auch nicht beschränken, wobei ich aber natürlich auch nicht alles spielen kann, weil manches von der Physis her nicht passen würde . Und es gibt Figuren, die ich aus Prinzip nicht spielen würde – warum soll man sich in etwas hineinzwängen, das ganz weit weg von einem entfernt ist? Was den Kampf gegen feste Strukturen angeht, so habe ich zum Glück auch drei Kinder.

Ihr Privatleben wirkt nach außen hin kompliziert, weil Sie von der Mutter Ihrer Kinder getrennt leben. Ist dieses Chaos kreativ?

Möhring: Nein, das kann man sich nicht wünschen. Wenn du eine Familie gründest, dann denkst du dir schon, dass es für immer so bleibt. Die Kinder sorgen für eine sehr intensive Verbindung, auch wenn es bei uns als Paar nicht so funktioniert hat wie erhofft. Und im Familienleben versuchst du für Kinder Rhythmus und Regelmäßigkeit zu schaffen. Die brauchen unbedingt einen vorgegebenen Rahmen, denn sie stiften ja selbst genug Chaos.

Die Liebe selbst kann ja auch chaotisch sein. Haben Sie je verstanden, wie Frauen ticken?

Möhring: Nein, aber darin besteht ja gerade die Faszination. Unsere biologische Lebenserfahrung ist so archaisch anders, wir sind körperlich-hormonell gar nicht dazu imstande, den anderen 100 Prozent zu verstehen. Nur über den direkten Umgang können wir dieses Verständnis entwickeln, und das auch nur zum Teil, was auch gut so ist.

Wotan Wilke Möhring als Fussel trifft in „Happy Burnout“ auf Anke Engelke als Therapeutin Alexandra.
Wotan Wilke Möhring als Fussel trifft in „Happy Burnout“ auf Anke Engelke als Therapeutin Alexandra. © Georges Pauly

In Ihrer Rolle als Punk gehen Sie ziemlich direkt auf Frauen zu.

Möhring: Genau, aber das ist nur immer dieselbe Masche, die nicht wirklich Substanz hat.

In Ihrem Leben bewegt sich die Zeit auf den 50. Geburtstag zu, den Sie am 23. Mai feiern. Ist das eine besondere Wegmarke?

Möhring: Nein, ich empfinde das Gleiche, als wäre es der 43. oder der 37. Geburtstag.

Verhält sich Ihr Körper eigentlich auch so, als wären Sie noch jung?

Möhring: Ich mache keinen Sport, abgesehen davon, dass ich mit dem Surfen angefangen habe. Da merke ich das nicht so. Klar gibt der Körper einem Dinge vor. Die Regenerationsphasen dauern länger, vielleicht kann ich nicht mehr aus dem Stand einen Flickflack machen, aber ich bin von Zipperlein und Wehwehchen verschont geblieben. Ich mache vieles durch den Willen, und dem gehorcht bislang der Körper.