Berlin. Streaming-Portale wie Netflix werden für etablierte Fernsehsender zu einer Gefahr. Vor allem deutsche Sender haben dies 2017 erfahren.

2017 wird als das Jahr in die Mediengeschichte eingehen, in dem erstmals auch in Deutschland deutlich wurde, welche Gefahr Online-Video-Plattformen wie Netflix für herkömmliche TV-Sender sind. Lange schien es so, als könne die Digitalisierung dem Fernsehen nichts anhaben. Doch seit jener Telefonkonferenz mit Finanzanalysten von Anfang November, in der ProSiebenSat.1-Chef Thomas Ebeling die Zuschauer seiner Sender als „ein bisschen fettleibig“ und „ein bisschen arm“ abqualifizierte, ist alles anders.

Ebelings Ausfall vorausgegangen war die Bemerkung eines Analysten zu den Erfolgen der Online-Portale. Die Art, in der Ebeling verdeutlichte, dass es auch Zielgruppen gibt, die von den Portalen nicht erreicht werden, zeigte, wie blank die Nerven liegen.

Neue Plattformen entstehen

Man muss die Erfolge von Netflix und Amazon Video nicht mal in direkten Zusammenhang mit den Gewinnwarnungen von ProSiebenSat.1 bringen. Dass vor allem Senderfamilien mit Kanälen wie ProSieben, das sich an Jüngere richtet, von Online-Portalen bedroht werden, liegt auf der Hand. Junge Leute unter 30 haben häufig gar keinen Fernseher mehr. Sie wollen ihre Lieblingsserie sehen, wann immer es ihnen passt und nicht dann, wenn es die Programmverantwortlichen eines Senders für richtig halten. Sie sind für herkömmliche TV-Kanäle verloren.

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    Eine interessante Reaktion auf den Siegeszug der Portale gab es in den USA. Der Medienkonzern Disney kündigte Netflix die Nutzungsrechte für einen Großteil seiner Filme und Serien und gab bekannt, eigene Portale ins Netz stellen zu wollen. Seit Mitte Dezember ist zudem klar, dass Disney den Wettbewerber 21st Century Fox nahezu komplett übernehmen wird.

    Kooperationen in Deutschland bisher gescheitert

    Auch diese Entscheidung ist nur vor dem Hintergrund der wachsenden Zahl neuer Wettbewerber aus dem Internet zu verstehen. Apple etwa kündigte im Herbst an, ein eigenes Portal aufzubauen.

    Angesichts solch potenter Wettbewerber müssen deutsche Medienunternehmen ihre Kräfte bündeln. Die ProSiebenSat.1-Plattform Maxdome ist nicht profitabel und bietet kaum Eigenproduktionen. Vor Jahren hatten RTL und ProSiebenSat.1 Pläne für eine gemeinsame Online-Plattform. Das Projekt wurde vom Bundeskartellamt untersagt, ebenso ein vergleichbares Vorhaben von ARD und ZDF. Wie es scheint, hat noch nicht jeder verstanden, was die Digitalisierung für die deutsche Medienbranche bedeutet.