Berlin. Denzel Washington spielt in „The Equalizer 2“ den Rächer der Wehrlosen. Bei einer Begegnung zeigt er sich aber ziemlich schmallippig.

Da steht er auf dem Dach des Luxushotels Adlon und posiert für ein Foto vor dem Brandenburger Tor. Denzel Washington (63) ist auf der Werbetour für seinen jüngsten Film, „The Equalizer 2“, der ab 16. August in die Kinos kommt, in Berlin gelandet. So richtig lächeln kann er nicht. Es sind 37 Grad, kein Schatten weit und breit. Washington hat sich ganz in Schwarz gekleidet und wird sein Jackett auch nicht ausziehen. Schweißtropfen stehen ihm auf der Stirn. Wie tröstlich, auch Hollywoodstars schwitzen. Fast ungläubig fragt er: „Ist der ganze Sommer so heiß in Deutschland?“

An seiner Seite ist Antoine Fuqua. Mit dem Regisseur hat er jetzt das vierte Mal gedreht. Der erste Film war „Training Day“, 2001, in dem Washington einen korrupten Bullen spielte und dafür prompt einen Oscar erhielt. 2014 drehten sie „The Equalizer“ zusammen, zwei Jahre später das Remake von „Die glorreichen Sieben“. Und nun, noch zwei Jahre später, „The Equalizer 2“.

Beifall von der falschen Seite

Jetzt also spielt er wieder diesen Robert McCall, einen Einzelgänger und ehemaligen CIA-Agenten, der zurückgezogen unter falscher Identität lebt. Aber für das Gute kämpft und dafür alle Bösen auslöscht. Eigentlich wählt Washington seine Rollen nur nach dem Drehbuch aus. Aber „The Equalizer“ hat den Studios Geld gebracht und den Leuten gefallen, alle wollten eine Fortsetzung. Da konnte er sich nicht verweigern. „Aus Respekt vor dem Publikum.“

Seit 40 Jahren im Geschäft: Denzel Washington (63).
Seit 40 Jahren im Geschäft: Denzel Washington (63). © ddp images/Cohen/USA Today Network/

Er wollte trotzdem erst mal das Drehbuch lesen. Und fand es spannend. Weil es nicht nur ein zweiter Teil war. Weil der Mann diesmal eine Vergangenheit bekommt. Und weil er einen Nachbarsjungen vor dem Abrutschen in die Kriminalität bewahren will und sich eine Vater-Sohn-Beziehung entwickelt. Aber eins bleibt natürlich gleich: Dieser Robert McCall ist ein einsamer Rächer. Eine Erlöser-Figur, die man sich vielleicht auch in der realen Welt wünscht. Aber halt auch einer, der die Bösen mit drastischen Mitteln zur Strecke bringt. Und das immer, danach stellt er die Uhr, in 20 Sekunden.

Kino ist ein Zufluchtsort

Wie steht Denzel Washington selbst zur Selbstjustiz? Kann so eine Rächerfigur in Zeiten wie diesen, wo in den USA Jugendliche gegen die Waffenlobby demonstrieren müssen und gerade erst in Chicago wieder die Gewalt auf den Straßen eskaliert ist, nicht falsch verstanden werden?

Da wird der Star plötzlich schmallippig, fast trotzig. „Es ist ein Film“, sagt er. Und wiederholt den Satz gleich mehrfach. „Im Leben läuft keine Filmmusik, wenn Leute sterben. Es läuft keine Filmmusik in den Straßen von Chicago.“ Kino sei ein Ort, wo man seine eigenen Probleme vergessen kann. Schon klar. Aber dennoch: Kann so eine Rachefantasie nicht falsch verstanden werden, erhält er da nicht womöglich Applaus von der falschen Seite?

„Ich glaube nicht, dass man die Justiz in die eigenen Hände nehmen sollte“, sagt er dann doch: „Das wäre Chaos.“ Aber er bleibt beleidigt, wie man ihm überhaupt so eine Frage stellen kann. Mit zunehmendem Alter wird der Mann ja zum Actionstar, und nun wiederholt zu einem, der die Justiz in die eigene Hand nimmt. Er zieht sich auf die Herausforderung zurück, die das für ihn als Schauspieler bedeutet. Stellung mag er nicht beziehen. Auch nicht politisch.

Online schwirren genug Behauptungen herum, er habe US-Präsident Trump gratuliert, die Demokraten besiegt zu haben. Zu solchen „Fake News“ mag er sich gar nicht erst äußern. Verständlich. Aber dass gerade Vertreter aus dem rechten Lager diese Rachefilme gutheißen könnten, das will er nicht wahrhaben.

Reaktion auf den Film „Glory“

Denzel Washington (l) und Ashton Sanders in „The Equalizer 2“.
Denzel Washington (l) und Ashton Sanders in „The Equalizer 2“. © dpa | -

Lieber spricht Washington von einer Erfahrung, die er gemacht hat, als er das erste Mal in Berlin war. 1990, gleich nach dem Mauerfall. Er stellte bei der Berlinale „Glory“ vor, ein Drama über die erste schwarze Militär-Kompanie der US-Geschichte, das ihm seinen ersten Oscar einbringen sollte. Erstmals wurden damals die Berlinale-Filme im Westen und im Osten der Stadt gezeigt. „Ost-Berlin“, erinnert er sich, „war völlig dunkel, in den Läden gab es nichts zu kaufen. Aber die Menschen haben sich gefreut, dass wir überhaupt gekommen sind.“ Anders im Westen: „Da war alles hell, man konnte alles kaufen. Aber da schlug uns überall Hass entgegen. Der Film wurde als typisch amerikanische Kriegspropaganda beschimpft.“

Er habe damals viel gelernt: Wie Menschen, die nur wenige Minuten voneinander entfernt leben, einen Film so ganz unterschiedlich wahrnehmen könnten. Seltsam, dass er bei „The Equalizer 2“ nun nicht auch einsehen mag, dass man den Film falsch verstehen oder sogar instrumentalisieren kann.