Berlin. Meret Becker ermittelt nur noch viermal im „Tatort“. Der Fall „Das perfekte Verbrechen“ wirkt, als würde ihr Abgang vorweggenommen.

Der neue „Tatort“ beginnt mit einer ziemlichen Zumutung, bei der ein Gutteil des Publikums wohl gleich wieder abschalten wird. Ein Student wird entführt und muss gegen einen Mann kämpfen, der dreimal so stark scheint. Ein Gewaltexzess, bei dem der junge Mann übelst zugerichtet wird. Es ist aber „nur“ eine Mutprobe, ein Initiationsritus, um in eine elitäre Runde von Jurastudenten aufgenommen zu werden. Wer glaubt, damit das Schlimmste überstanden zu haben, irrt: Gleich danach soll dieser Student, Benjamin (Anton von Lucke), noch mit Schwellungen im Gesicht, ein Referat über „Das perfekte Verbrechen“ halten.

Und kurz darauf geschieht wirklich eins: Vor den Augen von Benjamins Freundin wird auf dem Gendarmenmarkt eine Kommilitonin erschossen. Ohne Grund. Einfach als Zielscheibe. Benjamin hat für die Tatzeit kein Alibi. Und nicht nur die Freundin zweifelt an ihrem Lover. Auch der Zuschauer fragt sich, ob das Bürschchen aus einfachem Hause alles tun würde, um in diesen elitären Kreis zu gelangen, dessen ehemalige Mitglieder in den höchsten Positionen der Republik sitzen.

„Tatort aus Berlin“: Rubin und Karow brechen die Regeln

In ihrem jüngsten „Tatort“ müssen sich die Berliner Kommissare Nina Rubin (Meret Becker) und Robert Karow (Mark Waschke) mit einem klassischen Krimi-Topos beschäftigen: dem perfekten Verbrechen. Es wird zugleich verknüpft mit dem Milieu elitärer Studentenverbindungen, die sich über das Gesetz erhaben fühlen. Auch darüber gibt es schon zahllose Krimis.

In diesem Film haben es die Ermittler mit naseweisen Studenten aus bestem Hause zu tun, die die besten Anwälte an ihrer Seite haben, die Befugnisse der Ermittler genau kennen und ein Spiel mit ihnen spielen. Bis der gewohnt aufbrausende Karow den Spieß herumdreht und die Regeln bricht, um die Studenten zu überführen.

Ein Rechtsempfinden, bei dem jedem Zuschauer die Haare zu Berge stehen müssen. Aber auch Frau Rubin lässt sich darauf ein und bricht sogar in ein Haus ein, um die Studenten zu verwanzen. Auf die Gefahr hin, dafür ihren Job zu verlieren.

„Das perfekte Verbrechen“ wirkt wie ein Abschied auf Raten

Nun, in ihrem Falle ist die nicht mehr so groß. Meret Becker wird ja 2021 als Ermittlerin abtreten und dann von Corinna Harfouch ersetzt. Vielleicht ist ihr viertletzter Fall „Das perfekte Verbrechen“ ja schon sowas wie ein Abschied auf Raten. Zu den Ermittlern jedenfalls ist weder dem Drehbuchautor Michael Comtess noch der Regisseurin Brigitte Bertele etwas eingefallen.

Sie streiten nicht, sie flirten nicht, es gibt diesmal überhaupt nichts Privates, womit die beiden sich nebenbei plagen. Die Berliner Kommissare sind normaler geworden. Waren ihre bisherigen Folgen betont im realen Leben verankert, ist der jüngste Fall ziemlich konstruiert und realitätsfern – und recht spannungsarm obendrein.

Auch die Bildsprache, die bei ihren Fällen immer betont ruppig und großstadt-rau war, fällt diesmal deutlich konventioneller aus. Ein Fall, der so auch von jedem anderen Ermittler-Team hätte gespielt werden können und vielleicht auch für ein anderes geschrieben wurde. „Das perfekte Verbrechen“ ist jedenfalls alles andere als ein perfekter Becker/Waschke-Fall. Fast scheint es, als wolle man diese Konstellation allmählich ausschleichen lassen.

• ARD, Sonntag, 15. März, 20.15 Uhr