Berlin. Sind Reisen in Corona-Zeiten angebracht? Darüber streiten die Gäste bei „Hart aber fair“. Von Impfprivilegien hält die Runde nichts.

  • Bei „Hart aber fair“ diskutierten Gäste und Moderator Frank Plasberg über Urlaub in der Corona-Pandemie
  • Der Präsident des Deutschen Reiseverbandes forderte dabei ein Ende der Reisesperren
  • Von Impfprivilegien, wie sie bereits von Israel und Griechenland diskutiert werden, wollten die Gäste nichts wissen

Mit oder ohne Familie – viele Menschen können Sonne, Strand und Meer kaum noch erwarten, andere wiederum finden allein den Gedanken an Urlaub in der Corona-Pandemie unmoralisch. Moderator Frank Plasberg diskutierte am Montagabend bei „Hart aber fair“ mit seinen Gästen die Frage, was urlaubsmäßig drin ist diesem Sommer.

„Hart aber fair“ - Das waren die Gäste:

  • Andreas Bovenschulte (SPD), Bürgermeister von Bremen
  • Reinhold Messner, Extrembergsteiger und Autor
  • Corinna Pietsch, Leiterin des Instituts für Virologie am Universitätsklinikum Leipzig
  • Norbert Fiebig, Präsident Deutscher Reiseverband (DRV)
  • Andrea Zschocher, freie Journalistin
  • Manuel Andrack, Reisebuchautor

Norbert Fiebig, Präsident des Deutschen Reiseverbandes, schwang erwartungsgemäß die Werbetrommel für Kreuzfahrten und Co. Reinhold Messner wollte für einsame Natur-Trips werben, doch dazu kam es nicht. Der Bergsteiger, der per Video zugeschaltet war, verabschiedete sich unerwartet schnell aus der Sendung.

Virologin Corinna Pietsch, Bremens Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD), Reisebuchautor Manuel Andrack, Norbert Fiebig (Präsident des Deutschen Reiseverbands) und Journalistin Andrea Zschocher (v. l.) diskutieren mit Frank Plasberg (r.) über Reisen in Corona-Zeiten.
Virologin Corinna Pietsch, Bremens Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD), Reisebuchautor Manuel Andrack, Norbert Fiebig (Präsident des Deutschen Reiseverbands) und Journalistin Andrea Zschocher (v. l.) diskutieren mit Frank Plasberg (r.) über Reisen in Corona-Zeiten. © WDR/Oliver Ziebe

Journalistin kritisiert Corona-Reise-Politik

Während die Sieben-Tage-Inzidenz stagniert und sowohl die angestrebten 50 als auch die häufig diskutierte 35 noch lange nicht erreicht sind, schmieden viele selbstbewusst Urlaubspläne für die Ferien. Auch Journalistin Andrea Zschoscher hat ihren Familienurlaub im Sommer bereits gebucht.

Die Reaktionen darauf in den sozialen Netzwerken fiel vergleichsweise hart aus, wie sie im ARD-Talk berichtete: „Ich persönlich sei jetzt verantwortlich für die dritte Welle, weil ich gesagt habe, ich möchte in den Urlaub.“ Aber ist dieses Urteil auch fair? Von sogenannter Urlaubsscham jedenfalls wollte Zschoscher nichts wissen. „Ich kann meine Urlaubspläne nicht mehr davon abhängig machen, was mir irgendein Politiker rät.“ Lesen Sie auch: Dritte Welle: Weltärzte-Chef will Impfreihenfolge ändern

„Hart aber fair“: Reiseunternehmer für Corona-Öffnungen

SPD-Politiker Andreas Bovenschulte zeigte Verständnis für die Urlaubssehnsüchte der Bürger. „Ob das möglich ist hängt allerdings von der Entwicklung des Infektionsgeschehens ab“, erklärte der Bürgermeister von Bremen. Auch die Virologin in der Runde, Dr. Corinna Pietsch, riet zur Vernunft.

Norbert Fiebig, Präsident des Deutschen Reiseverbandes (DRV), forderte dagegen ein Ende der Reisesperre: „Wir müssen die Chance kriegen, wo immer es aus gesundheitlichen Gründen möglich ist, unser Geschäft wieder zu starten.“ Die Konzepte der Unternehmer im Tourismus sollten dabei „nicht kaputt gequatscht werden.“ Später gab auch Bremens Bürgermeister Bovenschulte zu: „Wirtschaft und Gesellschaft halten das auf Dauer nicht aus, wenn wir gar keine Schritte ergreifen.“

Von sogenannten Impfprivilegien beim Sommerurlaub für Menschen, wie sie bereits von Israel und Griechenland diskutiert werden, wollte in der Runde keiner etwas wissen. Präsident des DRV, Norbert Fiebig, hielt die Diskussion gar für „verfrüht“. Lesen Sie dazu: Vorbild Israel: Kommen Impfprivilegien auch in Deutschland?

Und als die eh schon recht lapidare Diskussion ins Moralische abzudriften drohte, brachte Dr. Corinna Pietsch einen wichtigen Punkt ein: „Wir impfen nicht, um jemanden lustig und fröhlich in den Urlaub zu schicken.“ Ziel der Impfung sei es, die vulnerablen Gruppen zu schützen und eine Herdenimmunität zu erreichen.

Bergsteiger Reinhold Messner im Bild eingefroren

Dass Urlaub nicht gleich Urlaub ist, wollte eigentlich Bergsteiger-Legende Reinhold Messner an diesem Abend erklären. Doch technische Probleme verhinderten sein Ausführungen: Eingefroren im Standbild wurde Reinhold Messner quasi aus der Sendung getragen, bevor er überhaupt einen Satz sagen konnte.

Wanderer und Buchautor Manuel Andrack sprang gerne für Messner ein und kommentierte seinen starren visuellen Abgang mit den Worten: „Passt doch, dass der Mensch, der den Yeti gefunden hat, nun eingefroren ist.“ Die Frage „Urlaub – ja oder nein?“ bleibt auch nach diesem „Hart aber fair“-Abend eine Gewissensfrage, die jeder für sich selbst beantworten muss.

So liefen vergangene Folgen von „Hart aber Fair“: