Essen. Im Barcelona-Krimi der ARD ermitteln Bonet und Valenti gegen einen geistesgestörten Täter. Er entführt und tötet junge Mädchen.

Das Erste, was man in diesem Film sehen kann, ist ein gefährlich wirkender Hund, der wie verrückt einen Kühlschrank ankläfft. Das Gerät scheint belebt zu sein, denn es wankt wie trunken hin und her, bis es schließlich auf dem Boden aufschlägt.

Aus den Trümmern schält sich ein verwahrlostes Mädchen von höchstens zwölf Jahren, das verzweifelt die Flucht vor dem Hund antritt. Als die Polizei sie aufgreift, bleibt sie zwar stumm, ihr Martyrium aber spricht Bände.

Mit einem solchen Schock-Moment beginnt nach über zwei Jahren der erst dritte Film der Barcelona-Krimis. Der Titel „Entführte Mädchen“ mag eher simpel klingen, die Geschichte selbst jedoch hat es in sich.

„Entführte Mädchen“ in der ARD: starkes Drehbuch

Natürlich liegt das immer auch an der Qualität des Drehbuchs, mit dem Peter Koller hier verblüffend präzise aufzutrumpfen vermag. Lesen Sie auch: Warum TV-Star Clemens Schick fast ins Kloster gegangen wäre

Vor allem aber ist dies der Film der Regisseurin Isabella Suba. Diese hat auch schon im Kino reüssiert („Männer zeigen Filme & Frauen ihre Brüste“), was ihr nun zu Gute kommt. Sie weiß die Geschichte extrem spannend zu erzählen und scheut auch nicht davor zurück, den Zuschauer in Situationen zu bringen, die ihm manches abverlangen werden. „Entführte Kinder“ kann manchmal auch sehr unbarmherzig wirken.

Das vertraute Polizeiteam der ersten Filme ist wieder mit am Start. Da ist vor allem der Kommissar Xavi Bonet mit seinen durchdringenden Augen (Clemens Schick), unkonventionell in jeder Beziehung, sozial engagiert und hungrig aufs Leben. Der Schauspieler selbst hat seine Rolle als „Mischung aus Miami Vice-Cop und Hippie“ beschrieben.

Seine Partnerin Fina Valenti (Anne Schäfer) ist schier das Gegenteil: Tochter aus gutem Hause, eher konservativ orientiert und vorsichtig in ihren Handlungen.

ARD-Krimi mit guter Regie und einem ungewöhnlichem Duo

Bei einer solchen Konstellation ist es keine Frage, wer hier vorprescht. Xavi hat längst für sich entschieden, dass er das unbekannte Mädchen in seiner Wohnung unterbringt, um zu ihr Zugang zu finden. Und gibt ihr mit „Luisa“ gleich auch einen Namen.

Der Film mag ausgiebig in den bunten Farben von Barcelona schwelgen, die Geschichte selbst jedoch wird immer düsterer. In der Bauruine, aus der Luisa entfliehen konnte, hat man inzwischen die verkohlten Knochen von zwei weiteren jungen Mädchen freigelegt. Keines wurde offenbar vergewaltigt, Menschenhandel wird aber nicht ausgeschlossen.

Noch rätselt man, da verschwindet bereits ein weiteres Opfer. Die Ermittler sind nicht gerade zu beneiden, denn sie haben es nebenbei auch noch mit einer aufdringlichen Fernsehjournalistin zu tun, die immer schon alles weiß und die Dinge immer mehr hochkocht. Lesen Sie auch: „Barcelona-Krimi“: Ein neues Ermittler-Duo in der ARD

Drehbuch und Regie haben hier einen raffinierten Plot konzipiert, der alles möglich erscheinen lässt. Man wähnt hinter jedem einen möglichen Täter. Wenn man dann endlich meint, man habe ihn gestellt, ist tatsächlich alles noch viel bizarrer.

Wie gut, dass der Kameramann Johannes Louis zwischendurch immer mal wieder ruhige Bilder liefert, die ein Barcelona zeigen zwischen Himmel, Erde und vielen Blautönen. Man könnte sonst angesichts der bedrückenden Geschichte verzweifeln. Ein weiterer Barcelona-Krimi von Isabell Suba mit dem Titel „Blutiger Beton“ folgt am 28. Mai um 20.15. Uhr.

  • „Entführte Mädchen“, 21. Mai 2020, ARD, 20.15 Uhr