Berlin. Ex-Manager Thomas Middelhoff bekennt sich schuldig: Er war der Gier verfallen, sagt er bei „Lanz“. Es ist die reine Ich-Inszenierung.

„Ich bin froh, dass ich eingefahren bin. Für mein Leben war das nötig“ – das einstige Alphatier der deutschen Wirtschaft hat den Instinkt für den guten Auftritt nicht verloren. Dabei will er doch gar nichts mehr mit dem Mann zu tun haben, der er einmal war.

Er ist jetzt ein guter Mensch. Ein sehr guter. Denn alles, was Thomas Middelhoff (66) macht, hat etwas mit Superlativen zu tun. Auch wenn er noch so bemüht ist, sich in der Talkrunde bei Markus Lanz als das Gegenteil von dem darzustellen, der er einmal war: Er haut immer noch voll auf den Putz. Statt Worte wie Aktien und Gewinne fallen jetzt eben Begriffe wie Dankbarkeit und Demut.

Markus Lanz: Thomas Middelhoff zu Gast - So lief das Gespräch:

  • Bei Markus Lanz war der Ex-Manager Thomas Middelhoff zu Gast
  • Middelhoff wurde 2014 wegen Untreue zu einer Gefängnisstrafe verurteilt
  • Bei Lanz versucht er jetzt Boden gut zu machen – das gelingt ihm mal mehr, mal weniger gut
  • Am Ende war es vor allem eins: eine PR-Show in eigener Sache

Thomas Middelhoff bei „Lanz“: Ich war ein ekelhafter Typ

Was soll ein Ex-Manager, der wegen Untreue und Steuerhinterziehung im Gefängnis saß, anders machen? Wer in der Öffentlichkeit bestehen will, muss Asche über sein Haupt schütten. Dieses Prinzip scheint Thomas Middelhoff, ehemaliger Arcandor-Manager (Karstadt/Quelle), der 2014 zu drei Jahren Haft verurteilt wurde, verstanden zu haben.

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    Er macht das nicht schlecht. Fast hat es esoterische Züge, wenn er von Vorher-Nachher spricht. Oft wirkt seine Stimme sogar ein wenig tränenerstickt. An manchen Stellen, wenn er erzählt, was für ein ekelhafter arroganter Typ er war, scheint es fast, als möchte er sich selbst eine Ohrfeige verpassen. Es fallen Sätze wie „Ich bereue nichts vor anderen Menschen. Ich bereue vor Gott.“

    Middelhoff: Habe von Gott die Chance bekommen, Bücher zu schreiben

    Middelhoff ist einer, der Punkte machen will. Fast lustvoll stellt er seinen einst so hundsgemeinen Charakter heraus: Die ewige Gier, die ihn erfasst hat, die Verlockung dann auch noch, Geld so anzulegen, dass er keine Steuern zahlen muss. Und den Bonus von 100 Millionen Euro ohne Abstriche einkassieren konnte.

    Die Ich-Inszenierung nimmt kein Ende: Er habe von Gott die Chance bekommen, im ersten Leben Manager zu sein. Und im zweiten Leben habe er von Gott die Chance bekommen, Bücher zu schreiben. Ach du lieber Gott, denkt man nur. Big T, überzieh es nicht!

    Middelhoff ist bei der Selbstzerfleischung kaum zu bremsen

    Die Frage, warum er auch in dem jüngsten Buch „Schuldig“ nicht das Schicksal der Karstadt-Mitarbeiter aufnimmt, nicht einmal streift, lässt ihn unbeeindruckt. „Die Einzelschicksale kann ich kaum erfassen“, sagt er. Aber es tue ihm leid.

    Wie ihm ja alles leid tue. Bei der Selbstzerfleischung ist er kaum zu bremsen. Vor allem, als Lanz ein Foto einblenden lässt, auf dem Middelhoff inmitten der wichtigsten Wirtschaftsbosse der Welt sitzt, neben Steve Jobs und Bill Gates – da blüht er auf.

    Middelhoff musste überall Erster sein – selbst wenn die Kanzlerin dabei war

    Er war angekommen im Kreis der Auserwählten. Und als er bei einem Wirtschaftstreffen in Davos mit einem Trupp der Wichtigen zu einem Dinner zog, setzte er sich an die Spitze der Gruppe – und zwar noch vor die Kanzlerin.

    Sie habe das moniert, sagt Middelhoff. Habe ihn direkt darauf angesprochen. Es habe ihn nicht interessiert. Er war einer, für den es nur vorne gab. Auch im Flieger. „Ich hätte es nicht ertragen, in der zweiten oder dritten Reihe zu sitzen. Wirklich, das ist nicht übertrieben.“ Er hätte „sofort den Lufthansa-Chef angerufen“ und sich beschwert.

    Lieber auf Dienstreise als im Kreißsaal bei seiner Frau

    Heute ist er verwandelt. Geläutert. Heute schimpft er über das Boarding am Flughafen, bei dem die Best-Kunden den alten Menschen, die nicht mehr so gut zu Fuß sind, vorgezogen werden. Business eben. Er gehörte genau zu denen. „Dafür schäme ich mich.“

    Eigentlich schämt er sich ja für alles. Auch dafür, dass er hektisch im Kreißsaal herumlief, so dass seine Frau sagte: Nun fahr schon nach New York. Immer mehr und noch mehr, das war sein Antrieb. „Diese Mechanik, Herr Lanz“, die sei schlimm gewesen.

    Irgendwie klingt alles nur noch PR in eigener Sache

    Aus dem skrupellosen Unternehmer und Knacki ist jetzt einer geworden, der Ratgeber schreibt und Ratschläge gibt. Und eine Botschaft hat, die sich geradezu prophetisch anhört: „Werdet nicht gierig.“

    Aber irgendwie klingt auch das nach PR, in eigener Sache, ist klar. Bücher, auch wenn Gott sie gewollt hat, müssen schließlich verkauft werden.

    Markus Lanz in der Mediathek des ZDF anschauen

    Sie haben die aktuelle Folge von Markus Lanz verpasst? Schauen Sie sich die Sendung in der Mediathek an. Den Link zur ZDF-Mediathek finden Sie hier.

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