Berlin. Arte zeigt ein zweiteiliges Doku-Drama. Es geht um Leben und Lieben des Dichters Brecht. Zu sehen ist ein lüsterner Egomane.

Bertolt Brecht mag vieles gewesen sein, ein Dichter und ein begnadeter Autor, ein überzeugter Kommunist und auch ein ehrgeiziger Theatermacher. Vor allem aber war er ein charmanter Verführer und ein egomanischer Liebhaber. Einer, der die schönsten Liebesgedichte schreiben, der aber auch ganz unbarmherzig sein konnte, wenn er seine Eroberungen loswerden wollte.

In dem zweiteiligen Doku-Drama des peniblen Rechercheurs Heinrich Breloer wird man auf diese Manie des Künstlers immer wieder gestoßen. Breloer, das ist jener 77-jährige Filmemacher, der das Doku-Drama zur Kunstform erhoben hat. Nach einem Ausflug ins Kino mit der Verfilmung der „Buddenbrooks“ (2008) hat er sich lange Jahre mit „Brecht“ beschäftigt. Ein Kreis, der sich nun offenbar schließt, denn schon Breloers erster Film, „Bi und Bidi in Augsburg“ (1978), beschäftigte sich mit dem jungen Brecht und seiner ersten Liebe.

„Oh, dieser Lügner“

Die hieß Paula Banholzer, hatte ein uneheliches Kind mit Brecht, das schließlich zu Pflegeeltern gegeben wurde. Das Interview, das Breloer damals noch mit der betagten Banholzer hat führen können, es ist heute ein wunderbarer Auftakt für die folgenden drei Stunden. Kein böses Wort findet sie für den Mann, der sie damals hat sitzen lassen, nur ein „Oh, dieser Lügner“ kommt über ihre Lippen.

Der Regisseur hat seine Brecht’sche Spurensuche in zwei Teile gegliedert. Der erste („Die Liebe dauert oder dauert nicht“) reicht vom Augsburger Sommer 1917 bis zur Machterübernahme der Nazis 1933. Der Dichter ist hier mit viel Text und vielen Szenen ausgestattet, was dem 37-jährigen Tom Schilling als jungen Brecht viel Raum bietet, um der Hauptfigur zumindest ansatzweise nahezukommen.

Breloer spart Brechts US-Exil fast ganz aus

Das spielerische Element, das bei Schilling noch den Ton angeben darf, das fehlt im zweiten Teil („Das Einfache, das schwer zu machen ist“) fast zwangsläufig. Brecht, jetzt verkörpert von Burghart Klaußner (69), ist in der DDR angekommen und lebt fast nur noch fürs Theater. Das 14-jährige Exil in den USA spart Breloer jedoch fast ganz aus, dokumentarisches Material über diese Zeit war wohl kaum vorhanden.

Sich in diesen Film zu begeben, das heißt vor allem, sich einem Regisseur auszuliefern, der berüchtigt ist für seine Akribie in der Vorbereitung seiner Filme. Mit Brecht hat er dazu auch noch eine Figur, die mit ihrer Ich-Bezogenheit ganze Dramen heraufbeschwört.

„Ihn konnte man nicht kennen“

Da ist seine Frau Helene Weigel (Adele Neuhauser), die damit leben muss, dass ihr Mann ständig neue Schauspielerinnen ins Haus schleppt und dann nicht gestört werden will. Und da ist die Dänin Ruth Berlau (Trine Dyrholm), die im Exil mal seine Geliebte war, und die er nun kalt abserviert. „Er kannte mich, ihn konnte man nicht kennen“, charakterisiert die Schauspielerin Regine Lutz das Phänomen Brecht. Breloer ist ihm zumindest nahgekommen.

Fazit: Ein Meister des Doku-Dramas versucht sich an Bert Brecht. Er zeigt ihn als Egomanen zwischen Bett und Bühne.

• „Brecht“: Arte, 20.15 Uhr