Berlin. Ist die AfD verfassungsfeindlich? AfD-Fraktionschef Gauland wies das bei „Maischberger“ zurück und verteidigte zudem Björn Höcke.

Ist die AfD eine Gefahr für die Demokratie? Diese Frage diskutierte am Mittwochabend Sandra Maischberger angesichts der Prüfung der Partei durch den Verfassungsschutz.

Vor einer Woche gab Verfassungsschutz-Präsident Thomas Haldenwang bekannt, dass die AfD vom Inlandsgeheimdienst geprüft werde. Gegen die Jugendorganisation Junge Alternative und die Rechtsaußen-Sammelbewegung „Der Flügel“ lägen Verdachtsfälle vor.

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Das waren die Gäste:

  • Alexander Gauland, AfD-Fraktionsvorsitzender
  • Katja Kipping, Parteivorsitzende der Linken
  • Herbert Reul, Innenminister von Nordrhein-Westfalen (CDU)
  • Melanie Amann, „Spiegel“-Redakteurin
  • Wolfgang Herles, früherer ZDF-Moderator
  • Jörn Kruse, ehemaliger Vorsitzender der Hamburger AfD
  • Linken-Chefin Kipping ist gegen eine Beobachtung der AfD

Dass man die AfD im politischen Diskurs stellen müsse, darin waren sich alle einig. Einigkeit herrschte auch darüber, dass es ein inakzeptabler Vorgang des Verfassungsschutzes gewesen sei, das Gutachten über die AfD zwar an einzelne Medien auszuspielen, nicht aber an die AfD selbst auszuhändigen.

Deutlich gespalten zeigte sich die Diskussionsgruppe bei der Frage, ob die AfD vom Verfassungsschutz beobachtet gehöre. Nur die „Spiegel“-Redakteurin Melanie Amann und NRW-Innenminister Herbert Reul plädierten für eine Prüfung durch den Verfassungsschutz.

Selbst Linken-Chefin Katja Kipping lehnte eine Prüfung durch den Verfassungsschutz ab – und war sich darin ausnahmsweise mal mit Alexander Gauland einig, der den Ball zurückspielte: „Ich habe mich auch immer verwahrt gegen die Beobachtung der Linken“, erklärte der AfD-Fraktionschef.

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Ein blasser Abend für Katja Kipping

Für Kipping, die an diesem Abend äußert selten zu Wort kam, war die Sendung ein Drahtseilakt. Einerseits hatte sie noch im Sommer für eine Beobachtung der AfD durch den Verfassungsschutz plädiert. Andererseits tauchen die Linken-Parteiableger „Kommunistische Plattform“ und „Antikapitalistische Linke“ selbst in Verfassungsschutzberichten auf.

Kipping ließ sich nicht aufs Glatteis führen, konterte die Vorwürfe gegen die eigene Partei mit parteipolitischen Positionen zum Kapitalismus anhand des überlasteten Wohnungsmarktes, wagte sonst aber seltene Vorstöße. „Sie halten die Hand ja permanent schützend über Nazis wie Höcke“, war das härteste, was die Parteichefin Alexander Gauland entgegenwarf.

Warum distanziert sich die AfD nicht von Björn Höcke?

Zugleich führte dieser Vorstoß zur interessantesten Diskussion des Abends. Die drehte sich um den thüringischen AfD-Landeschef Björn Höcke. Der Rechtsaußen ist mit Sätzen wie „Wir Deutschen sind das einzige Volk der Welt, das sich ein Denkmal der Schande in das Herz seiner Hauptstadt gepflanzt hat“ berühmt-berüchtigt geworden. Außerdem provoziert er immer wieder mit sprachlichen Vergleichen aus der Zeit des Nationalsozialismus. Auf ihn entfallen die meisten Aussagen des Gutachtens des Verfassungsschutzes.

Björn Höcke war das einzige Thema, über das der ansonsten ruhige, sachliche und nahezu versöhnlich mit den politischen Gegnern wirkende Alexander Gauland an diesem Abend so richtig stolperte. Das lag vor allem an NRW-Innenminister Herbert Reul.

Der CDU-Politiker hakte unermüdlich nach, zitierte Aussagen von Höcke und fragte, ob Gauland diese in Ordnung fände. Gauland wand sich, wich aus. Aber Reul ließ nicht locker. Schließlich erreichte er sein Ziel.

„Björn Höcke ist ein sehr kluger, gebildeter Mann ist, der allerdings eine übersteigerte Liebe zu diesem Land hat. Er ist das, was man einen Nationalromantiker nennt“, brach Gauland eine Lanze für seinen Parteikameraden und ergänzte: „Er ist kein Nazi, er ist kein Faschist, er ist auch kein Rechtsradikaler, sondern er ist jemand, der mit leidenschaftlichem Herzen als Geschichtslehrer die Geschichte, die Kultur dieses Landes liebt.“

Gauland verheddert sich in Relativierung des „Flügels“

Journalistin Amann kommentierte trocken: „Das ist wie Satire, was Sie hier machen.“ Und Reul, der innerlich wahrscheinlich äußerst zufrieden gewesen sein dürfte, bewahrte seinen entsetzten Gesichtsausdruck und fragte: „Ich bin fassungslos, warum verteidigen Sie den denn?“

Für Gauland, der bis dato den gängigen Jargon der AfD in Talkshows nutzte, der auf Mitleid mit der gebeutelten Partei abzielte, bot das Thema Björn Höcke und „Der Flügel“ keinen festen Boden unter den Füßen. Schon zuvor hatte sich der AfD-Fraktionsvorsitzende darin verrannt, das Problem kleinzureden: „Selbst der ‚Flügel‘ bekommt auf dem Parteitag nie mehr als 40 Prozent.“

Dass 40 Prozent alles andere als ein geringer Wert sind, fiel ihm erst auf, als er in der Runde darauf angesprochen wurde. „Meist ist es nur ein Drittel“, ruderte Gauland zurück, ohne es besser zu machen.

Auch musste der Fraktionsvorsitzende im Rückblick auf den vergangenen Sommer, als in Chemnitz die Landeschefs Björn Höcke (Thüringen), Andreas Kalbitz (Brandenburg) und Jörg Urban (Sachsen) an der Seite von Rechtsextremen demonstrierten, eingestehen: „Chemnitz ist in der Tat aus dem Ruder gelaufen.“

Herles macht den AfD-Fürsprecher

Zwar verlor Gauland seine anfängliche Souveränität schnell, dafür erhielt er einen anderen Fürsprecher. Der ehemalige ZDF-Reporter Wolfgang Herles beschränkte sich im Gegensatz zu „Spiegel“-Reporterin Melanie Amann nicht auf scharfe und sachliche Analysen, sondern teilte im Stile eines Trampeltieres aus.

Mit Sätzen wie „Es gibt keinen Diskurs im Bundestag, die großen Fragen werden alternativlos durchgewunken“ und „Heute gibt es einen Verfassungsschutz, der soll sich gefälligst um die Schlägertrupps der Antifa kümmern und auch darum, was in den Moscheen gepredigt wird“, empfahl sich Herles für ein AfD-Mandat.

Jörn Kruse: „Höcke ist ein rechter Spinner“

Während Wolfgang Herles als Gast an Überflüssigkeit kaum zu überbieten war, bereicherte der ehemalige Hamburger AfD-Landeschef Jörn Kruse die Runde. Kruse, der nach den Demonstrationen in Chemnitz im Sommer aus der Partei ausgetreten war, scheute sich nicht vor klaren Worten.

„Höcke ist ein rechter Spinner“, teilte Kruse beispielsweise aus. Der Wirtschaftsprofessor, der zu den Gründern der Partei um Bernd Lucke gehörte, konnte aus dem Innenleben der Partei berichten, hatte im Gegensatz zu Gauland aber nicht mehr die blaue Parteibrille auf.

Was Kruse nach Chemnitz störte, sei die Untätigkeit des Bundesvorstandes gewesen, der sich nicht gegen die rechten Tendenzen in der Partei öffentlich positionierte. Damit griff er Gauland an. „Wir haben intern sehr wohl darüber diskutiert“, konterte der AfD-Fraktionsvorsitzende. Intern reichte Kruse aber nicht aus. So lautete sein Fazit: „Eine Partei, wie wir sie damals gegründet haben, sollte eine konservative und in meinen Augen auch liberale Partei sein. Das ist gescheitert.“

Laut Kruse habe sich die Partei „ganz sicher stark nach rechts bewegt“. Ist die AfD also rechtsextrem? „Braun sind sie nicht. Sie sind auch nicht gefährlich für die Demokratie“, beantwortete Kruse für sich die Frage der Talkrunde.

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