Essen. Die Satire-Serie „Labaule & Erben“ basiert auf einer Idee von Harald Schmidt. Pointen und Ironie sind viel besser als der Sendeplatz.

Jahrzehntelang lenkt Christian Labaule (sprich Labohl) die Geschicke seines süddeutschen Verlagsimperiums – um dann auf dem Elektro-Zweirad Segway ein jähes Ende zu finden. „Wo sind denn hier die Bremsen?“, fragt er seinen Lieblingssohn Gernot noch, als sie auf einen Abgrund zuschlittern. Die Frage kommt zu spät.

Verlagshaus Labaule braucht einen neuen Chef. Aber kann das der zweitgeborene Sohn Wolfram (Uwe Ochsenknecht), der lieber auf Luftmatratzen im Pool lümmelt und dessen Lebensleistung eine unvollendete Doktorarbeit ist?

Der Absturz des Patriarchen hat Symbolwert: Die Miniserie „Labaule & Erben“ entwirft ein Sittenbild spätbürgerlichen Niedergangs.

Pointen sind gnadenlos, die Ironie ist bitterkomisch

Gernot Labaule (Attila Georg Braun, li.) und sein Vater Christian (Dietrich Hollinderbäumer) haben Spaß. Fatal: Keiner von beiden gönnt dem anderen den Triumph, als erster abzusteigen.
Gernot Labaule (Attila Georg Braun, li.) und sein Vater Christian (Dietrich Hollinderbäumer) haben Spaß. Fatal: Keiner von beiden gönnt dem anderen den Triumph, als erster abzusteigen. © SWR/Violet Pictures/Maor Waisbur | SWR/Violet Pictures/Maor Waisbur

Die Pointen sind gnadenlos, die Ironie ist bitterkomisch, der Zynismus leise, aber ätzend: Kein Wunder, der höchst unterhaltsame Sechsteiler basiert auf einer Idee des von vielen schmerzlich vermissten Satirikers Harald Schmidt, die er selbst so zusammenfasst: „,Guldenburgs mit Internet“. Entlarvend ist der Blick auf die Zeitungsbranche, die sich dem digitalen Wandel gegenübersieht.

Es bleibt ein Geheimnis, warum die ARD diesen Sechsteiler geradezu schamhaft versteckt. Denn genau diese Qualitäten sind es, die den Kritikern des gebührenfinanzierten öffentlich-rechtlichen Rundfunks einigen Wind aus den Segeln nehmen können. Die Folgen laufen ab dem 10. Januar jeweils donnerstags ab 22 Uhr beim SWR, zudem sind alle sechs bereits in der Mediathek abrufbar.

Gleich in der ersten Episode beweist das schon für die Gangsterserie „4 Blocks“ gefeierte Autorenteam um Richard Kropf prophetische Qualitäten: Ein preisgekrönter Kriegsreporter, eine „Legende„ seines Fachs, betritt das Zeitungshaus. Von seiner letzten Reise hat er bewegende Fotos aus Aleppo mitgebracht. Nur leider sind sie nicht in Syrien, sondern im Urlaub in Tunesien entstanden.

Serie nimmt „Spiegel“-Skandal um Fälscher Relotius vorweg

Familie Labaule nimmt Abschied vom Patriarchen und seinem Sohn. In der ersten Reihe: Esther Labaule (Inka Friedrich), Wolfram Labaule (Uwe Ochsenknecht) und seine Mutter Marianne Labaule (Irm Herrmann), dahinter Faktotum Bernd (Nils Dörgeloh), Vanessa (Jil Funke), Sohn Tristan (Lukas Rüppel) und Tochter Constanze (Lena Dörrie).
Familie Labaule nimmt Abschied vom Patriarchen und seinem Sohn. In der ersten Reihe: Esther Labaule (Inka Friedrich), Wolfram Labaule (Uwe Ochsenknecht) und seine Mutter Marianne Labaule (Irm Herrmann), dahinter Faktotum Bernd (Nils Dörgeloh), Vanessa (Jil Funke), Sohn Tristan (Lukas Rüppel) und Tochter Constanze (Lena Dörrie). © SWR/Violet Pictures/Maor Waisbur | SWR/Violet Pictures/Maor Waisbur

Ein philosophischer Dialog über Echtheit und Wahrheit entspinnt sich zwischen Neu-Verleger und fantasiebegabtem Mitarbeiter. „Die Bilder sind wahr, weil sie ein Ereignis darstellen, das die Wahrheit repräsentiert: Kriegsgräuel in Aleppo“, versucht der Reporter sich zu rechtfertigen. Eine Vorwegnahme des Skandals beim „Spiegel“, dessen Reporter Claas Relotius kürzlich mit gefälschten Berichten aufgeflogen ist.

Wunderbar melancholisch spielt Uwe Ochsenknecht den Verleger wider Willen, der aus seinem bequemen Leben herauskatapultiert wurde. Hin- und hergerissen ist Wolfram Labaule zwischen Wollen und Können, gefangen in Entscheidungsschwäche und unfähig oder unwillig, den Zeitenwandel zu begreifen.

Irm Hermann überzeugt als skrupellose Mutter

Überzeugend auch Irm Hermann als Wolframs intrigant-skrupellose Mutter Marianne. Die eilt aus dem fernen Uruguay herbei, um für sich zu retten, was noch zu retten ist. „Der Journalismus ist so tot wie dein Vater und dein Bruder. Wenn man noch irgendwas für dieses sinkende Schiff bekommen will, sollte man tunlichst schnell verkaufen“, eröffnet sie dem Sohn.

Doch aus den Tiefen der Familiengeschichte kommt noch eine Wendung, die das verhindert – und die Tür für eine weitere Staffel offen lässt. So tot ist der Journalismus dann doch noch nicht.

• „Laubaule & Erben“: Alle Folgen in der ARD-Mediathek und ab 10. Januar immer donnerstags um 22 Uhr im SWR