Essen. Christian Petzold inszeniert für Matthias Brandt den letzten „Polizeiruf 110“. Großer Abschied des Fernsehschauspielers im ARD-Krimi.

Die Zeichen stehen auf Abschied. „Ich versteh das alles nicht mehr“, schreit Hanns von Meuffels irgendwann heraus. Der Ermittler ist kraftlos, er kreist um sich selbst, es scheint, als habe er die Kontrolle über sein Leben verloren. Und: Die Arbeit interessiert ihn nicht mehr wirklich.

Es ist der letzte, der 15. „Polizeiruf 110“ mit dem distanzierten, stets zweifelnden Kommissar, den Matthias Brandt über die Jahre zu einer Charakterstudie veredelt hat, die im deutschen Fernsehkrimi einzigartig ist. Brandt geht – Diese Krimi-Ausstiege bleiben in Erinnerung.

Er wolle sich mit anderen Dingen beschäftigen, bevor die Gewöhnung zu groß und es „womöglich noch gemütlich“ werde, hatte Brandt seinen Serienausstieg begründet. Deutschlands führender Autorenfilmer, Christian Petzold, der den Münchener „Polizeiruf“ schon zweimal inszenierte, hat ihm mit der Folge „Tatorte“ ein würdiges Finale geschaffen.

Streit ums Sorgerecht lenkt Verdacht auf Ex-Mann

Noch einmal muss sich von Meuffels aufraffen, einen Mordfall lösen, aber Matthias Brandt lässt uns von Beginn an spüren, wie schwer das dem sonst so pflichtbewussten Polizisten fallen wird, der ohnehin aus der Zeit gefallen scheint. Und dann muss er bei den Ermittlungen die neue, junge Assistentin Nadja Micoud (Maryam Zaree) verkraften. Sie ist aufgekratzt, vorlaut, ehrgeizig. Für sie ist der Fall, den die beiden lösen sollen, eigentlich schon geklärt – ein klassisches Familiendrama.

Eine Frau ist vor den Augen der kleinen Tochter auf dem Parkplatz eines Autokinos erschossen worden, ein Schuss aufs flüchtende Kind wurde ebenfalls abgegeben. Der Streit ums Sorgerecht lenkt den Verdacht auf den Ex-Mann. Doch wenn die Dinge so einfach scheinen, muss von Meuffels seiner Rolle als Skeptiker gerecht werden: Oberflächlichkeit ist ihm ja zuwider.

Nadja lässt sich vom Chef nicht unterbuttern

Petzold konzentriert sich in erzählerischer Ruhe auf von Meuffels’ Kraftanstrengung, seinen Job irgendwie zu bewältigen, obwohl ihn das Seelenleben blockiert. Brandt gibt ihn meisterhaft als Unausstehlichen, der die Kollegin mit Arroganz abstraft und angenervt anblafft, statt ihr das Vorbild zu sein, das er eigentlich sein will. Doch diese Nadja lässt sich vom Chef, den sie bewundert, nicht unterbuttern und kontert mit unerschütterlichem Optimismus.

Petzold sind pointenstarke Dialoge dazu eingefallen, die obendrein das handelsübliche Buddy-Geschwafel zwischen Fernseh-Polizisten karikieren. Der Krimi, der sich daneben abspielt, wird, wenn die beiden sich so traumhaft umkreisen, nahezu beiläufig. Dann allerdings kehrt er abrupt und mit unerwarteter Wucht zurück.

Fazit: Persönlichkeitsdrama und Krimi perfekt vereint. Großer Abschied für von Meuffels.

KARD, Sonntag 16. Dezember, 20.15 Uhr