BERLIN. Die Krimi-Serie „Die Brücke“ ist mit der vierten Staffel im ZDF zurück und besticht mit ihrer düsteren Atmosphäre Skandinaviens.

Mit schreckgeweiteten Augen starrt die blonde Frau auf das Unvermeidliche. Eingegraben bis zum Hals, nur der Kopf ist an der Erdoberfläche geblieben, ein Klebeband pappt auf dem Mund, damit kein Schrei in die kalte dänische Nacht dringt. Der Tod zeigt seine monströse Fratze, und die Tonlage wird sich nicht mehr ändern.

So unversöhnlich kennt man skandinavische Krimireihen, deren finstere Szenarien längst auf der ganzen Welt, speziell aber in Deutschland geschätzt werden. „Die Brücke“ ist die größte Perle im Thriller-Schatz der Schweden und Dänen, und die ebenso geniale wie verstörende Polizistin Saga Norén mit dem langen Mantel und dem senffarbenen, alten Porsche kehrt nun für eine vierte und letzte Staffel in vier Teilen auf den Bildschirm zurück.

Hohe Glaubwürdigkeitswerte für die Darsteller

Nachtschwarz sind die Bilder, und wenn das Tageslicht sich doch mal blicken lässt, taucht Kameramann Carl Sundberg seine Perspektiven in ein milchiges Blau: Aus dieser frostigen Atmosphäre gibt es kein Entkommen, wenn man sich einmal darauf eingelassen hat.

Dicke Wolken ziehen über die Öresund-Brücke, die Malmö mit Kopenhagen verbindet. Und über Ermittlerin Saga Norén (Sofia Helin) mit ihrem dänischen Polizei-Partner Henrik Sabroe (Thure Lindhardt), das ungleiche Paar, das sich anzieht.

Sie, mit einer seltenen Krankheit gestraft, die sie der Empathie beraubt, weder zu Humor noch Ironie fähig, mit eher wissenschaftlichem Interesse an Zwischenmenschlichem, er ein weicher Familienvater, von Frau und Kindern verlassen, die seit Jahren spurlos verschwunden sind. Dieses Spannungsverhältnis liest sich konstruierter, als es wirkt.

Beide Darsteller verleihen ihren Figuren hohe Glaubwürdigkeitswerte, so erinnert nichts an die Marotten, mit denen Autoren ihre Ermittler gerne ausstatten. Wie beiläufig Regisseur Henrik Georgsson das Privatleben seiner Hauptfiguren in die Handlung einbaut, gehört zu den großen Qualitäten der Serie.

Soghafte Spannung aus Bild, Ton und Erzählfluss

Die Chefin der dänischen Ausländerbehörde ist gesteinigt worden, vieles spricht dafür, dass der Fall mit einem Abschiebeskandal zu tun hat. Aber natürlich ist die Wahrheit viel komplizierter, und bei einem Mord bleibt es nicht.

Die Drehbuchautoren Camilla Ahlgren und Hans Rosenfeldt tauchen tief ein ins Herz der Finsternis einer skandinavischen Lebenswelt, die um ihre verlorenen Träume kämpft. Sie zeigen Parallelgesellschaften, die sich mit dörflicher Abschottung den Schrecken des Alltags entgegenstemmen, Gangster, die um ihre Lieben bangen, zynische Erpresser, zerbrechende Familien, schrullige Außenseiter.

Geschickt verstreuen die Macher der Serie Hinweise, schlagen elegante Haken, bis aus all dem Nebeneinander von Schicksalen und Geschichten ein großes Ganzes wird. Die Komposition aus Bild, Ton und Erzählfluss samt der melancholischen Titelmusik entwickelt dabei einen Sog, dem man sich nicht entziehen kann. Die Serie setzt auch zu ihrem Abschied das Maß für Fernsehkrimis.

Fazit: Beklemmend, spannend, intelligent: „Die Brücke“ ist auch in der vierten Auflage ein exzellentes Krimidrama. Man muss die ersten Staffeln nicht gesehen haben, um das Finale zu genießen.

• „Die Brücke“ – vierte Staffel, Sonntag, 18. November, 22 Uhr, ZDF