Essen. Arte und der WDR lassen in einer spannenden und aufschlussreichen Dokureihe den Blick hinter die Kulissen der „New York Times“ zu.

„Das wird in vielerlei Hinsicht ein Härtetest für uns“, mutmaßt Dean Baquet am Tag der Amtseinführung von US-Präsident Donald Trump. Aber er sagt auch: „Tolle Geschichten übertrumpfen einfach alles.“ Der Chefredakteur der „New York Times“ hat sich in den ersten 100 Tagen der Trump-Regierung von der oscarnominierten US-Filmemacherin Liz Garbus über die Schulter schauen lassen. Wie er und seine Washington-Berichterstatter das Leben mit dem neuen US-Präsidenten entdecken, zeigt ihre sehenswerte Dokureihe „Mission Wahrheit – Die New York Times und Donald Trump“.

Die Kamera ist überall dabei: In der New Yorker Zentrale, im Büro in Washington, im Zug mit Trump-Reporterin Maggie Haberman, in Hamburg beim G-20-Gipfel. „Sicherheitsberater Flynn telefonierte mit russischem Botschafter“, „Trumps Wahlkampfteam hatte Kontakt mit russischem Geheimdienst“, „Trump feuert FBI-Chef Comey“: In den vier Folgen dieser Koproduktion mit WDR und Arte lernen die Zuschauer die Hintergründe dieser bekannten Enthüllungen kennen.

Reporterin begleitet Trump seit 20 Jahren

Dean Baquet (2.v.l.), seit Mai 2014 Chefredakteur der
Dean Baquet (2.v.l.), seit Mai 2014 Chefredakteur der "New York Times", beim morgendlichen Meeting der New York Times. © dpa | ---

Es ist aber mehr als ein interessanter Blick hinter die Kulissen. Liz Garbus Beobachtungen erinnern daran, wie Trumps Feldzug gegen die Presse vor noch nicht einmal zwei Jahren begann und zeigen gleichzeitig, welche Funktion sie eigentlich hat. Interessant dabei: Wie normal Trumps Rhetorik inzwischen erscheint. In den ersten 100 Tagen sorgen die Äußerungen des US-Präsidenten meist noch für ungläubige Gesichter.

Nicht zuletzt wird deutlich, wie wenig Privatleben den für die Washington-Berichterstattung zuständigen Journalisten bleibt. Maggie Haberman etwa, die einen persönlichen Draht zu Trump hat, weil sie seit 20 Jahren über ihn berichtet: Sie muss eins ihrer drei Kinder, das in einem ungünstigen Moment anruft und offenbar weint, per Videochat trösten. Anders geht es nicht, solange Trump Präsident ist.

Amazon-Gründer Jeff Bezos gehört „Washington Post“

Maggie Haberman, Korrespondentin der New York Times für das Weiße Haus, beim Telefonat mit Donald Trump. Sie berichtet schon viele Jahren über den US-Präsidenten.
Maggie Haberman, Korrespondentin der New York Times für das Weiße Haus, beim Telefonat mit Donald Trump. Sie berichtet schon viele Jahren über den US-Präsidenten. © dpa | ---

Fast wie nebenbei wird zudem vom digitalen Wandel in der Medienwelt erzählt. Dass es im Grunde keine Pause mehr gibt. Und dass auch bei der „New York Times“ ein Optimierungsprozess ansteht, weil die Einnahmen nicht so groß sind wie früher. Sie rücken zusammen: „Wir schrumpfen hier mal kurz um sieben Stockwerke, was irgendwie demütigend ist. Wir bräuchten einen Milliardär“, sagt einer. Die härteste Konkurrenz, die „Washington Post“, gehört inzwischen Jeff Bezos, dem Amazon-Gründer.

Sparstress hin oder her: Den meisten Druck verursacht immer noch der Job selbst. „Die Story als Erster zu bringen ist wichtig. Aber noch wichtiger ist es, damit richtig zu liegen. Und das bereitet mir schlaflose Nächte“, sagt Investigativ-Reporter Mark Mazzetti. Nach einem weiteren langen Tag beobachtet er auf dem Weg nach Hause bei Twitter die Folgen seiner Arbeit. Trumps Helfer und der russische Geheimdienst: Die Nachricht geht um die Welt.

Fazit: Spannend erzählte und aufschlussreiche Doku-Serie (vier Folgen á ca. 50 Minuten) – und brandaktuell zu den Midterm Elections in den USA.

• Mittwoch, 7. November, 22.45 Uhr, WDR: „Mission Wahrheit – Die New York Times und Donald Trump“ und in den Mediatheken von Arte und der ARD